Rechtsanwalt Köln Ehegattennachzug Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Ehegattennachzug

  1. Ausländerrecht: Einstweiliger Rechtsschutz beim Ehegattennachzug zu Deutschen

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    Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 29.01.2014, Az.: 19 L 278.13 V

    Bereits seit Jahren ist insbesondere im Ausländerrecht die Tendenz zu beobachten, dass die gerichtlichen Verfahren, mit denen die ausländerrechtlichen Entscheidungen der Ausländerbehörden oder Botschaften überprüft werden, immer länger dauern.

    Dies kann immer dann, wenn Eile geboten ist, zu erheblichen Nachteilen für Ausländer führen. Um in solchen Fällen einen schnellen Rechtsschutz zu gewährleisten, hat der Ausländer die Möglichkeit, im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes in einem Eilverfahren seine Rechte vor Gericht zu sichern. Diese Verfahren nennen sich Eilrechtsschutzverfahren oder Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

    Einstweiliger Rechtschutz unterscheidet sich von normalen Klageverfahren dadurch, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine schnelle Entscheidung aufgrund einer nur summarischen Prüfung getroffen wird. Somit können an die Beweisführung nicht dieselben Anforderungen gestellt werden wie im Hauptsacheverfahren. In diesen Verfahren spielt daher auch die eidesstattliche Versicherung eine große Rolle.

    Der Eilantrag ist immer dann begründet, wenn es dem Antragsteller gelingt, die Eilbedürftigkeit und den eigentlichen Anspruch, den er zu erhalten versucht, dem Gericht ausreichend glaubhaft zu machen.

    Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

    In dem hier vorgestellten Fall handelt es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Berlin. In diesem Verfahren stellte die aus dem Kosovo stammende Ehefrau den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, um zu ihrem deutschen Ehemann nach Deutschland einzureisen

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Ehefrau aus dem Kosovo möchte zu ihrem deutschen Ehemann nach Deutschland

    Die 1988 geborene kosovarische Antragstellerin begehrte die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem im Bundesgebiet lebenden deutschen Ehemann.

    Dazu hatte die Antragstellerin die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug bei der Deutschen Botschaft in Pristina gestellt. Nachdem die Ausländerbehörde ihre Zustimmung zur Visumserteilung verweigert hatte, lehnte die Botschaft den Visumsantrag mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe die erforderlichen Deutschkenntnisse nicht nachgewiesen.

    Ehefrau hat keine einfache Deutschkenntnisse – stellt dennoch Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz

    Hiergegen reichte die Antragstellerin zunächst Klage und dann auch einen Eilantrag auf Erteilung des Visums zum Ehegattennachzug ein.

    Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin:

    Ehefrau hat es nicht geschafft Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft zu machen

    Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass die Antragstellerin vorliegend weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe.

    Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO könne das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheine.

    Mit der von der Antragstellerin begehrten Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung eines Visums würde die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest teilweise vorweggenommen. Eine stattgebende Entscheidung komme in derartigen Fällen im Hinblick auf das grundsätzliche Verbot einer die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung nur ausnahmsweise mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) in Betracht, wenn nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzustellenden, regelmäßig nur erforderlichen summarischen Prüfung ein Obsiegen in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei und dem Rechtsschutzsuchenden bei Versagung der begehrten Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstehen würden, die nachträglich durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.

    Die Antragstellerin bedürfe nach § 4 Abs. 1 AufenthG eines Aufenthaltstitels. Für den von ihr angestrebten dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet sei ein vor der Einreise zu erteilendes Visum nach § 6 Abs. 3 AufenthG erforderlich. Die Erteilung dieses Visums richte sich nach den für die Aufenthalts- und Niederlassungserlaubnis geltenden Vorschriften (§ 6 Abs. 3 S. 2 AufenthG).

    Rechtsgrundlage für die Erteilung des Visums zum Zwecke des Nachzugs der Antragstellerin zu ihrem im Bundesgebiet lebenden deutschen Ehemann sei § 27 i. V. m. §§ 28, 5 AufenthG. Die nach diesen Vorschriften erforderlichen Voraussetzungen erfülle die Antragstellerin nicht vollständig.

    Für den Anordnungsanspruch fehlt es an den erforderlichen einfachen Deutschkenntnissen

    Gemäß § 28 Abs. 1 S. 5 AufenthG sei § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG – wonach dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei, wenn er sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen könne – entsprechend auf Ehegatten eines Deutschen anzuwenden. Die Antragstellerin habe die danach erforderlichen einfachen deutschen Sprachkenntnisse (§ 2 Abs. 9 AufenthG) unstreitig nicht.

    Die Antragstellerin könne sich nicht mit Erfolg auf § 28 Abs. 1 S. 5 AufenthG i.V.m. § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AufenthG berufen. Nach diesen Vorschriften sei zwar das Spracherfordernis für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sei, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen, aber die Antragstellerin habe die Voraussetzungen für eine Unbeachtlichkeit ihrer fehlenden Sprachkenntnisse nicht glaubhaft gemacht.

    Die vorgelegten Atteste reichen zur Glaubhaftmachung der Ausnahme vom Erfordernis der Sprachkenntnisse nicht aus

    Die von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Atteste würden schon keine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung belegen. In dem Attest der Universität des Kosovo, Psychiatrische Klinik, welches der Antragstellervertreter für unbrauchbar hält, werde in der eingereichten Übersetzung u.a. ausgeführt:

    „Es kann keine körperliche und geistige Störung festgestellt werden.“

    In dem Aufnahmeattest der Klinik für Hals, Nase und Ohren der Universität des Kosovo stehe in der eingereichten Übersetzung, die Antragstellerin habe erhebliche Störungen in der verbalen Kommunikation, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes unverbesserlich und endgültig seien. Die Antragstellerin werde zu einem Psychologen überwiesen.

    In dem Attest der Klinik für Neurologie der Universität des Kosovo stehe in der eingereichten Übersetzung Folgendes:

    „Der Kontakt mit der Patientin wird leicht aufgenommen und nur mit Mühe aufrechterhalten (die Patientin hat Verbalisierungsschwierigkeiten). Bei der psychologischen Bewertung sind mnestische Funktionsstörungen bemerkbar d.h. schlechte Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Konzentration, es gibt Anzeichen für Vergesslichkeit. Eine emotionale Labilität ist zu beobachten. Im Bender-Gestalt Test zeigt sie während der Reproduktion von Figuren eine motorische Unkoordination, jedoch sind keine Anzeichen der pathologischen Produktion zu beobachten.“

    Abgesehen davon, dass eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung, aufgrund derer die Antragstellerin einfache deutsche Sprachkenntnisse nicht erwerben könne, danach nicht glaubhaft gemacht sei, widerspreche die vorgelegte Bescheinigung des „Zentrum für die deutsche Sprache D…“ dem Vortrag der Antragstellerin, sie könne aus gesundheitlichen Gründen die Sprachkenntnisse nicht erlangen. In der eingereichten Übersetzung dieser Bescheinigung sei ausgeführt:

    „Als ihr Deutschlehrer konnte und kann ich aber nicht versprechen, dass ich sie für die Prüfung A1 vorbereiten kann, wegen die oben erwähnten Hindernissen. Jedoch hat Frau Ze… bis jetzt im Deutschkurs die wichtigsten Sachen der alltäglichen Leben gelernt, wie: über sie selbst zu erzählen; sie kann über ihren Mann sprechen, wo er lebt, wohnt und was er macht; über die Familie, Wetter, Uhrzeit und so weiter.“

    Ehefrau hat auch nicht nachweisen können, dass sie sich über ein Jahr vergeblich um Spracherwerb bemüht habe

    Die Berufung der Antragstellerin auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 4. September 2012 – 10 C 12/12 – juris, Rn. 28ff.), wonach die verfassungskonforme Auslegung des § 28 Abs. 1 S. 5 AufenthG gebiete, vom Spracherfordernis vor der Einreise abzusehen, wenn Bemühungen um den Spracherwerb im Einzelfall nicht möglich, nicht zumutbar oder innerhalb eines Jahres nicht erfolgreich seien, führe nicht zur Annahme eines Anordnungsanspruchs.

    Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr der Spracherwerb unmöglich oder unzumutbar sei oder ihre Bemühungen innerhalb eines Jahres nicht erfolgreich gewesen sind.

    Wie bereits zuvor ausgeführt, würden die ärztlichen Atteste nicht belegen, dass der Antragstellerin der Spracherwerb aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sei. Andere Gründe, die eine Unzumutbarkeit oder eine Unmöglichkeit des Spracherwerbs begründen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

    Hinreichende Bemühungen der Antragstellerin, einfache deutsche Sprachkenntnisse innerhalb eines Jahres zu erwerben, seien nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin trage zwar unter Vorlage von zwei Bescheinigungen vor, sie habe im Zeitraum von März 2012 bis Juni 2012 an einem Deutschkurs teilgenommen und besuche seit Oktober 2012 einen weiteren Deutschkurs, dies genüge indes nicht zur Glaubhaftmachung. Die Bescheinigung für den ersten Deutschkurs enthalte kein Ausstellungsdatum. Ferner sei nicht ersichtlich, in welcher Einrichtung der Kurs mit welchem Ergebnis absolviert worden sein soll und ob er den Bedürfnissen der Antragstellerin, die erstmals eine Fremdsprache erlernte, entsprochen habe. Auch die Bescheinigung für den zweiten Deutschkurs beim „Zentrum für die deutsche Sprache D…“ enthalte kein Ausstellungsdatum. Dem von der Antragsgegnerin vorgebrachten Einwand, ihr sei die Sprachschule nicht bekannt, sei die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Schließlich sei nicht erkennbar, in welchem zeitlichen Umfang und mit welchem Engagement die Antragstellerin an dem Kurs teilgenommen haben soll und ob sie dies noch immer tue.

    Auch habe die Ehefrau die Eilbedürftigkeit (Anordungsgrund) nicht glaubhaft machen können.

    Die Antragstellerin habe auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Sie habe schon nicht dargelegt, dass ihr bei Versagung der begehrten Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die nachträglich durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.

    Zwar sei der Antragstellerin während der Dauer des anhängigen Hauptsacheverfahrens ein Zusammenleben mit ihrem deutschen Ehemann im Bundesgebiet nicht möglich, aber die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft sei auch derzeit nicht ausgeschlossen. Es sei schon nicht ersichtlich, dass es der Antragstellerin und ihrem aus dem Kosovo stammenden deutschen Ehemann, der im Kosovo lebende Verwandte hat, im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und dem Anschein nach keine anderen Verpflichtungen habe, nicht zumutbar und möglich wäre, die eheliche Lebensgemeinschaft für die Dauer des Klageverfahrens in Form längerer Besuchsaufenthalte des Ehemannes im Kosovo zu führen.

    Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Der Sprachnachweis beim Ehegattennachzug zu Deutschen (§ 28 AufenthG)

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    Sollte ein deutscher Bürger/eine deutsche Bürgerin einen Ausländer/eine Ausländerin zum Ehepartner genommen haben und möchte, dass dieser nun nach Deutschland zieht, so entfaltet Artikel 6 Grundgesetz (Schutz von Ehe und Familie) gegenüber dem deutschen Staatsangehörigen eine besondere Wirkung. Es soll ihm grundsätzlich nicht verwehrt werden, seine Ehe- und Familiengemeinschaft in Deutschland zu führen. Aus diesem Grund besteht für den nachziehenden ausländischen Ehepartner ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sofern der deutsche Ehepartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und die weiteren Zuzugsvoraussetzungen vorliegen.

    Eine dieser Voraussetzungen ist der Nachweis der einfachen deutschen Kenntnisse des ausländischen Ehepartners, § 28 Absatz 1 Satz 5 AufenthG in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Dieser muss im normalen Fall bereits vor der Einreise die einfachen Deutschkenntnisse nachweisen können. Die Kenntnisse der deutschen Sprache sind elementare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in die deutsche Gesellschaft. Mit dieser Voraussetzung will der deutsche Staat sicherstellen, dass man von Anfang an am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.

    Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

    Aber was sind nun einfache Deutschkenntnisse?

    Die einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache sind Deutschkenntnisse auf der „Kompetenzstufe A1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen“. Darunter versteht man, dass man ganz einfache Sätze versteht und verwenden kann. Beispielsweise nach dem Weg fragen können oder bei alltäglichen Situationen wie Einkaufen sich verständigen können. Außerdem sollte man sich selbst sowie andere vorstellen können, als auch Fragen zu der eigenen Person sowie zu Anderen beantworten können. Beispielsweise wo man wohnt, oder welche Leute man kennt. Ferner sollte man ein wenig auf Deutsch schreiben können, beispielsweise ein behördliches Formular in Bezug auf die eigenen Personendaten ausfüllen können.

    Und wie kann man einfache Deutschkenntnisse nachweisen?

    Im Regelfall muss man die deutschen Sprachkenntnisse vor der eigenen Einreise bei der Beantragung des Visums für den Ehegattennachzug in der deutschen Botschaft bzw. im Generalkonsulat nachweisen. Dazu muss man zu den Antragsunterlagen ein Sprachzeugnis beifügen, das auf einer standardisierten Sprachprüfung gemäß den „Standards der Association of Language Testers in Europe“ (ALTE) beruht. Beachten sollte man, dass über die Anerkennung des Sprachnachweises ausschließlich die deutsche Auslandsvertretung entscheidet, bei welcher man das Visum beantragt. Ein besonderer Nachweis wird hingegen oft nicht benötigt, wenn bei der persönlichen Vorsprache bei der Botschaft oder im Generalkonsulat erkennbar ist, dass man die geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache ohne Zweifel besitzt.

    Ausnahmen vom Nachweis einfacher Deutschkenntnisse (Ehegattennachzug ohne Sprachtest)

    Von dieser Voraussetzung des Nachweises über die einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache bestehen aber auch Ausnahmen. Generell benötigt man keinen Sprachnachweis, wenn der Ehegatte die Staatsangehörigkeit eines der in § 41 Aufenthaltsverordnung genannten Staaten besitzt, bei klar erkennbar geringem Integrationsbedarf oder auch bei Unmöglichkeit des Spracherwerbs wegen geistiger oder körperlicher Behinderungen. Auch bei manchen Aufenthaltstitel, wie der Blauen Karte EU muss der nachziehende Ehegatte keine deutschen Sprachkenntnisse nachweisen.

    Einen Sprachnachweis vor der Einreise ins Deutschland braucht man nicht, wenn der Ehepartner Deutscher ist und er zuvor von seinem europäischen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat, indem er einen längeren Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat verbracht hat. Außerdem wird von dem Sprachnachweis vor der Einreise abgesehen, wenn der ausländische Ehegatte den Spracherwerb im Ausland unmöglich oder nicht zumutbar ist sowie trotz der Bemühungen von diesem innerhalb eines Jahres auch nicht erfolgreich bekommen hat. Aber auch wenn die Staatsangehörigkeit des Ehepartners oder des nachziehenden Ehepartners eines Mitgliedstaates der EU (außer Deutschland!) oder der EWR-Staaten (Norwegen, Island und Lichtenstein oder der Schweiz) angehört. Es gibt außerdem Härtefallregelungen, welche mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 in § 30 Absatz 1 Satz 3 Nr. 2 AufenthG eingeführt worden sind.

    Ehepartner ist aufgrund körperlicher, geistiger oder seelische Krankheit oder Behinderung zum Spracherwerb nicht in der Lage

    Hiernach ist das Erfordernis des Sprachnachweises unbeachtlich, wenn es den nachziehenden Ehepartner aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht möglich oder generell nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen. Hierbei sind nicht nur Umstände zu berücksichtigen, welches das sprachliche und schriftliche Ausdrucksvermögen unmittelbar beeinträchtigen. Zum Beispiel können auch körperliche Behinderungen, die den Ausländer daran hindern einen Sprachkurs zu besuchen und die Kenntnisse zu Hause einzuüben, berücksichtigt werden.

    Eigentlich darf die Botschaft oder die Ausländerbehörde kein A1 Zertifikat fordern

    Es soll auch noch darauf hingewiesen werden, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 16.01.2008 festgestellt hat, dass das AufenthG (§ 28 AufenthG) keine bestimmte Nachweisform für den Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse erfordert. Dieser Ansicht folgt auch die Literatur, indem diese das Verlangen eines bestimmten Sprachzertifikates als rechtswidrige Praxis ansieht (siehe Rennert, Ausländerrecht-Kommentar, 9. Auflage, § 30 AufenthG, Rn. 34). Somit darf die Botschaft oder die Ausländerbehörde eigentlich nicht auf den Nachweis durch ein A1 Zertifikat bestehen. Auch ein Interview müsste ausreichen.

    Was genau versteht man unter der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit?

    Die Unzumutbarkeit kann sich unter anderem daraus ergeben, dass es dem nachziehenden Ehepartner aus besonderen persönlichen Gründen oder wegen der besonderen Umstände in seinem Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die einfache deutsche Sprache innerhalb einer angemessener Zeit zu erlangen. Eine Grenze zwischen Regel- und Ausnahmefall ist nach der Ansicht des Senats bei einer Verzögerung des Nachzugs von etwa einem Jahr zu ziehen (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). Demzufolge greift eine Unzumutbarkeit ein, wenn der ausländische Ehepartner sich um ein Jahr erfolglos um den Sprachnachweis bemüht. Entsprechendes gilt außerdem, wenn dem nachziehenden Ehepartner von vornherein die Bemühungen zum Spracherwerb unzumutbar sind, weil die Sprachkurse in dem eigenen Heimatland nicht angeboten werden oder der Besuch solcher Einrichtungen mit hohem Sicherheitsrisiko verbunden ist. Hiervon ausgehend, braucht die Jahresfrist nicht abgewartet werden (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). Bei der Prüfung der Zumutbarkeit müssen auch insbesondere weitere persönliche Umstände (beispielsweise Krankheiten oder Unabkömmlichkeiten), die Verfügbarkeit von Lernangeboten, deren Kosten sowie die Erreichbarkeit berücksichtigt werden, welche der Wahrnehmung von Lernangeboten entgegenstehen könnten und auch keine alternativen Möglichkeiten bereitstehen (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). In einem solchen Fall würde die grundsätzlich verhältnismäßige Voraussetzung des Nachzugs in ein unverhältnismäßiges und dauerhaftes Nachzugshindernis umschlagen, was unzumutbar hinzunehmen ist. Grundsätzlich darf auch der deutsche Ehepartner nicht darauf verwiesen werden, seine Ehe im Ausland führen zu müssen. Denn das Grundrecht des Art. 11 des Grundgesetzes gewährt ihm das Recht zum Aufenthalt in Deutschland. Eine gegenteilige Auffassung würde auch für ihn unzumutbar sein.

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  3. Ausländerrecht: Voraussetzung des dreijährigen Bestandes der Ehe zum Erwerb eines eigenständigen Aufenthaltsrechtes gilt auch für Altfälle.

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    Bundesverwaltungsgericht, 10.12.2013, Az.: BVerwG 1 C 1.13

    Bis zum 30.06.2011 musste gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die Ehe zwischen einem Ausländer und einem Deutschen mindestens zwei Jahre bestanden haben, bis der ausländische Staatsangehörige gem. § 31 AufenthG nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen konnte.

    Zum 01.07.2011 wurde diese Mindestdauer von zwei Jahren dann auf drei Jahre erhöht. Zielsetzung dieser Gesetzesänderung war laut Gesetzgeber insbesondere die Bekämpfung der Zwangsheirat.

    Rechtliche Unsicherheit bestand allerdings immer dann, wenn ein Ausländer nach altem Recht zwar die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erfüllt hatte, den Antrag auf Erteilung des selbstständigen Aufenthaltsrechtes aber erst nach Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.07.2011 gestellt hatte.

    In dem oben genannten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht genau über einen solchen Sachverhalt zu entscheiden.

    Sachverhalt: Der aus Syrien stammende Kläger war im Jahre 2000 mit einem Visum für ein Studium in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

    Der ihm für diese Ausbildung erteilte Aufenthaltstitel wurde zuletzt bis März 2009 verlängert.

    Am 04.03.2009 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung, die nach Verlängerung eine Geltungsdauer bis zum 12.05.2012 hatte.

    Im Mai 2011 trennten sich die Eheleute; im September 2011 beantragte der Kläger eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis.

    Diesen Antrag lehnte die beklagte Ausländerbehörde mit der Begründung ab, dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers nicht mindestens drei Jahre bestanden habe.

    Die bis zum 30.06.2011 geltende Vorschrift, wonach schon eine Bestandsdauer von zwei Jahren ausreichend sei, sei auf den Kläger nicht mehr anwendbar.

    Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht folgte der Ansicht der beklagten Ausländerbehörde und sprach dem Kläger ebenfalls ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ab.

    Bundesverwaltungsgericht: Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts wandte sich der Kläger mit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte ebenfalls die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

    Gem. § 31 Abs. 1 AufenthG könne ein Ausländer, der in Deutschland in ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt habe, eine vom Fortbestand dieser Lebensgemeinschaft unabhängige Aufenthaltserlaubnis für die Dauer eines Jahres im Anschluss an den auf die Ehe bezogenen Aufenthaltstitel beanspruchen.

    Voraussetzung hierfür sei nach dem bis Juni 2011 geltenden Recht gewesen, dass die eheliche Gemeinschaft mindestens zwei Jahre lang bestanden hatte.

    Mit Wirkung vom 01.07.2011 sei diese Mindestbestandsdauer auf drei Jahre erhöht worden; eine ausdrückliche Übergangsvorschrift zur Regelung von Altfällen gäbe es nicht.

    Diese aktuelle Fassung der Vorschrift sei auch für den Kläger maßgeblich. Zwar hätten die Eheleute ihre eheliche Lebensgemeinschaft nach etwas mehr als zwei Jahren noch unter der Geltung des alten Rechts beendet; zu diesem Zeitpunkt wäre eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis nach der Altfassung noch in Betracht gekommen.

    Der Anspruch auf eine solche eigenständige Aufenthaltserlaubnis entstünde allerdings nicht automatisch, sondern erst mit Antragstellung.

    Da der Kläger erst nach Inkrafttreten der für ihn ungünstigeren Gesetzesfassung einen entsprechenden Antrag gestellt habe, habe er keinen Anspruch auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht.

    Dies sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, insbesondere im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

    Im Übrigen würde das Gesetz für problematische Einzelfälle in § 31 Abs. 2 AufenthG eine Härtefallregelung enthalten.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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  4. Ausländerrecht: Ein straffällig gewordener Ausländer kann trotz Vaterschaft eines deutschen Kindes ausgewiesen werden.

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    Verwaltungsgericht Osnabrück, 13.02.2013, Az.: 5 B 8/13

    Die Ausweisung von Ausländern aus Deutschland ist in den §§ 53, 54, 55 und 56 AufenthG geregelt.

    Das deutsche Ausländerrecht sieht folgende Formen der Ausweisung vor:

    • Regelausweisung
    • Ermessensausweisung
    • Zwingende Ausweisung

    Die zwingende Ausweisung eines Ausländers aus Deutschland ist in § 53 AufenthG geregelt. Danach wird ein Ausländer zwingend aus Deutschland ausgewiesen, wenn dieser die in § 53 AufenthG normierten Straftatbestände begangen hat (Fälle besonders schwerer Kriminalität, z. B. Mord, Totschlag, Raub, etc.).

    Die Regelausweisung eines Ausländers aus Deutschland ist in § 54 AufenthG normiert. Danach wird ein Ausländer bei erheblicher Kriminalität oder bei Drogenkriminalität ausgewiesen (z. B. Handel oder Besitz von Betäubungsmitteln).

    Die Ermessensausweisung wiederum ist in § 55 AufenthG festgelegt. Danach kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt.

    Übersicht über die Ausweisung:

    Ausweisung

    Bei der Ausweisung muss grundsätzlich der ebenfalls im Aufenthaltsgesetz festgelegte Ausweisungsschutz beachtet werden.

    Gem. § 56 AufenthG genießt ein Ausländer besonderen Ausweisungsschutz, wenn er

    – eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,

    – eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt,

    – eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,

    – eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 bis 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,

    – mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt oder

    – als Asylberechtigter anerkannt ist, im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt oder einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt

    In dem oben genannten Fall des Verwaltungsgerichts Osnabrück hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein zu über 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilter Ausländer aus Deutschland ausgewiesen werden durfte, obwohl er Vater einer deutschen Tochter war.

    Sachverhalt: Der im Jahre 1987 geborene Antragsteller reiste 1988 mit seinen Eltern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er war Vater einer minderjährigen Tochter, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Bis zum Februar 2011 beging er nach zuvor abgeurteilten zahlreichen Straftaten als Haupttäter einer Bande über einhundert, z.T. schwere Delikte, insbesondere eine Vielzahl bandenmäßiger Einbruchsdiebstähle in Firmen- und Bürogebäude, zum großen Teil im Emsland.

    Am 10.08.2011 verurteilte das Landgericht Osnabrück den Antragsteller wegen dieser Taten zu Freiheitsstrafen von insgesamt 5 Jahren und 2 Monaten; die Strafe wird von dem Antragsteller zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Lingen abgesessen.

    Im Hinblick auf die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe wies der Landkreis Emsland den Antragsteller aus dem Bundesgebiet aus, ordnete seine Abschiebung aus der Haft heraus an und untersagte ihm, in den folgenden vier Jahren in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen.

    Verwaltungsgericht Osnabrück: Die gegen diese Maßnahmen eingelegte Klage des Ausländers wies das VG Osnabrück ab. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die ausländerrechtlichen Maßnahmen nicht zu beanstanden seien.

    Die Ausweisung sei eine vom Gesetz vorgesehene zwingende Folge der verhängten Freiheitsstrafe. Schutz vor der Ausweisung vermittele dem Antragsteller auch nicht seine Vaterschaft zu seiner deutschen Tochter, denn zu ihr habe er keine schützenswerte familiäre Beziehung.

    Sein gesamtes Verhalten, insbesondere die Vielzahl der in sehr kurzer Zeit begangenen Straftaten, zeige, dass er kein echtes Interesse an seiner Tochter habe.

    Die Abschiebung des Antragstellers aus der Haft sei zur Durchsetzung der Ausweisung gerechtfertigt. Auch das auf vier Jahre bemessene Verbot, wieder in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen, verletzte unter Würdigung aller Umstände die Rechte des Antragstellers nicht.

    Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück

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