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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Ehegattennachzug

  1. Ausländerrecht: Die unter falscher Identität erworbene Einbürgerung ist nichtig

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    Verwaltungsgericht Stuttgart, 12.11.2012, Az.: 11 K 3014/12

    Als ausländischer Staatsbürger haben Sie einen Anspruch auf Einbürgerung (Anspruchseinbürgerung), wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

        • Zum Zeitpunkt der Einbürgerung besitzen Sie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis.
        • Sie haben seit mindestens 8 Jahren Ihren gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland.
        • Ihren Lebensunterhalt für sich und Ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen können Sie ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bestreiten.
        • Sie verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse.
        • Sie verfügen über Kenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie die Lebensverhältnisse in Deutschland.
        • Sie sind nicht wegen einer Straftat verurteilt (Ausnahmen für geringfügige Straftaten)
        • Sie bekennen sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.
        • Sie geben bei der Einbürgerung Ihre alte Staatsangehörigkeit auf oder verlieren diese.

    In bestimmten Situationen gibt es auch die Möglichkeit der Ermesseneinbürgerung, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

    Das folgende Schaubild soll noch einmal die Möglichkeiten der Einbürgerung verdeutlichen:

    Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

    In dem oben genannten Fall hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart darüber zu entscheiden, ob die Einbürgerung eines pakistanischen Staatsangehörigen nichtig sei, weil dieser die deutsche Staatsangehörigkeit mittels der Angabe einer falschen Identität erworben hatte.

     Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Einbürgerungsbewerber war unter falscher Identität nach Deutschland gereist

    Der Kläger war im Jahr 1995 unter der Identität einer fremden, existierenden Person mit afghanischer Staatsangehörigkeit nach Deutschland eingereist und hatte um Asyl nachgesucht.

    In dem darauf folgenden Asylverfahren wurde ein Abschiebungsverbot in Bezug auf Afghanistan festgestellt und der Kläger erhielt in der Folgezeit eine Aufenthaltsgenehmigung.

    Schließlich beantragte der Kläger unter der falschen Identität die Einbürgerung

    Im Juli 2004 beantragte der Kläger unter seiner falschen Identität die Einbürgerung und wurde eingebürgert.

    Im Oktober 2010 beantragte der Kläger dann bei der Landeshauptstadt Stuttgart, der Beklagten, seine Personalien zu berichtigen.

    Dahingehend gab er zu, dass er während seines gesamten Aufenthalts in Deutschland unter falschen afghanischen Personalien aufgetreten sei.

    Da diese Täuschungshandlung jedoch länger als fünf Jahre zurückläge, könne ihm dies deshalb nicht mehr vorgehalten werden.

    Die Beklagte nahm dies zum allerdings Anlass, mit Bescheid vom 14.05.2012 die Nichtigkeit der Einbürgerung des Klägers festzustellen.

    Hiergegen erhob der Kläger nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens im September 2012 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart.

    Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen, da die Einbürgerung auch nach Auffassung des Gerichts nichtig sei.

    Gericht sah die Einbürgerung als rechtswidrig an

    Nach Auffassung des Gerichts sei ein Verwaltungsakt – wie die Einbürgerung – nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sei.

    Dies sei hier der Fall.

    Zwingende Voraussetzung einer Einbürgerung sei es, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt sei und feststünde.

    Nur wenn Gewissheit bestünde, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person sei, für die er sich ausgebe, könne nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt und Ausschlussgründe nicht gegeben seien (z.B.: welche ausländische Staatsangehörigkeit besitzt der Bewerber, ist er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen, liegt ein Ausweisungsgrund vor).

    Der Kläger habe gegen diese Voraussetzung verstoßen, da auf Grund seiner falschen Identität die erforderlichen Prüfungen unterblieben oder zumindest objektiv nicht durchführbar gewesen seien.

    Dieser Mangel sei auch besonders schwerwiegend und offensichtlich. Die Vorstellung, dass sich ein Ausländer unter Vorgabe einer wahren Identität, die zwar eine andere, existente Person besitze, jedoch nicht er selbst, eine im Ergebnis wirksame Einbürgerung erschleichen könne, erscheine dem Gericht als unerträglich.

    Dem Ausländer wäre es auf diesem Wege möglich, die überwiegend im öffentlichen Interesse gebotenen Überprüfungen zu umgehen bzw. zu unterlaufen und er könne so eine Einbürgerung erlangen, deren Voraussetzungen er in eigener Person überhaupt nicht erfülle.

    Soweit für die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 35 Abs. 3 Staatsangehörigkeitsgesetz eine absolute 5-jährige Ausschlussfrist gelte, könne sich der Kläger auf diese Vorschrift nicht berufen. Eine „Rücknahme“ setze voraus, dass es überhaupt eine wirksame Einbürgerung gebe. Hieran fehle es jedoch vorliegend, da die Einbürgerung des Klägers von vorneherein nichtig gewesen sei.

    Gegen diese Entscheidung hat das Gericht die Berufung zugelassen. Diese wurde durch den Kläger am 27.12.2012 eingelegt.

    Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Die Sozialleistungsansprüche von Ausländern in Abhängigkeit verschiedener Aufenthaltstitel

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    Die Möglichkeit für Ausländer, Sozialleistungen vom deutschen Staat zu beziehen, hängt insbesondere davon ab, welchen Aufenthaltstitel der Ausländer besitzt.

    Grundsätzlich ist dabei zunächst zwischen den vier Arten von Aufenthaltstiteln zu unterscheiden, die in Deutschland bestehen:

    • Niederlassungserlaubnis
    • Aufenthaltserlaubnis
    • Visum
    • Daueraufenthalt-EG
    • Duldung
    • Blaue Karte EU

    Aber auch innerhalb dieser Arten von Aufenthaltstiteln gibt es weitere Unterschiede, welche Art von Sozialleistungen durch den jeweiligen Ausländer beantragt werden können.

    Grundlage für die Möglichkeit von Ausländern, Sozialleistungen in Deutschland zu beziehen, ist das Sozialstaatsprinzip. Dieses in Art. 20 GG verankerte Prinzip verpflichtet den deutschen Staat, für den Ausgleich der sozialen Gegensätze in der Bundesrepublik Deutschland und für eine angemessene soziale Versorgung der sich in der BRD befindlichen Personen zu sorgen.

    Dabei knüpft das Sozialstaatsprinzip nicht an die deutsche Staatsbürgerschaft an, sondern gilt auch für Menschen, die lediglich ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

    Folgende Sozialleistungen gibt es unter Anderem in Deutschland

    Unter Anderem gibt es die folgenden Sozialleistungen in Deutschland, welche teilweise auch von ausländischen Mitbürgern bezogen werden können:

    SGB II:

    Das SGB II (Sozialgesetzbuch II) ist das Gesetz, welches einschlägig ist, wenn umgangssprachlich von Arbeitslosengeld II oder Hartz-IV-Leistungen gesprochen wird. Dabei unterscheidet das SGB II zwischen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit.

    SGB XII:

    Das SGB XII (Sozialgesetzbuch XII) deckt den Lebensunterhalt für erwerbsunfähige Personen und Personen über 65 Jahre ab. Darüber hinaus sind in dem SGB XII ergänzende Hilfeleistungen für pflegebedürftige und behinderte Personen geregelt.

    AsylbLG:

    Das Asylbewerberleistungsgesetz wiederum ist ein völlig eigenständiges Leistungsrecht, das mit den Leistungssystemen des SGB II und des SGB XII nicht vergleichbar ist. Insbesondere Asylbewerber und ausländische Flüchtlinge, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst aus eigenem Einkommen oder Vermögen sicherstellen können, erhalten zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

    Kindergeld:

    Das Kindergeld, welches in den §§ 32, 62 – 78 EStG (Einkommensteuergesetz) geregelt ist, ist eine staatliche Zahlung an Erziehungsberechtigte. Das Kindergeld wird in Abhängigkeit von der Zahl und dem Alter der Kinder geleistet.

    Elterngeld:

    Das Elterngeld hat ab 2007 das bisherige Erziehungsgeld ersetzt. Bei dem Elterngeld handelt es sich um eine Lohnersatzleistung, deren Höhe sich am bisherigen Einkommen des betreuenden Elternteils orientiert.

    Unterhaltsvorschuss:

    Der sogenannte Unterhaltsvorschuss dient der finanziellen Unterstützung bzw. Absicherung von Kindern, die bei einem allein erziehenden Elternteil leben und keinen bzw. keinen ausreichenden Unterhalt von dem anderen Elternteil bekommen.

    BAföG-Leistungen:

    BAfög Leistungen (Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz) sind staatliche Zuschüsse, die Schüler und Studenten während der Ausbildung oder des Studiums vom Staat bekommen können, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

    Wohngeld:

    Wohngeld ist eine weitere staatliche Unterstützung für Bürger, die aufgrund geringen Einkommens einen Zuschuss zur Miete erhalten.

    Hinsichtlich der Aufenthaltstitel kann zwischen den folgenden Aufenthaltstiteln unterschieden werden:

    Niederlassungserlaubnis:

    Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel, welcher grundsätzlich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.

    Daueraufenthaltserlaubnis-EG:

    Die Daueraufenthaltserlaubnis EG ist ebenfalls ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Von der Niederlassungserlaubnis unterscheidet er sich dadurch, dass mit ihm eine Arbeitsaufnahme grundsätzlich auch im Europäischen Ausland möglich ist.

    Aufenthaltserlaubnis:

    Die Aufenthaltserlaubnis ist ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel und wird zu den im Aufenthaltsgesetz genannten Zwecken erteilt

    Hinsichtlich der Möglichkeit Sozialleistungen zu erhalten, ist hier zwischen den Aufenthaltszwecken aus humanitären Gründen, zum Zwecke des Studiums oder der Ausbildung, der Forschung, der Ausübung einer Beschäftigung, zum Familiennachzug für Ehegatten oder Kinder und zu weiteren Zwecken zu unterscheiden. Von besonderer Bedeutung ist hier auch der Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte zum Zwecke der Erwerbstätigkeit im Rahmen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

    Aufenthaltsgestattung:

    Die Aufenthaltsgestattung ist kein eigenständiger Aufenthaltstitel. Bei förmlicher Asylantragsstellung wird Asylsuchenden vom BAMF eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt (§ 63 AsylG), die zum Aufenthalt im Bundesgebiet zur Durchführung des Asylverfahrens berechtigt.

    Duldung:

    Die Duldung ist nach der Definition des Aufenthaltsrechts eine „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Ausländern.

    Sie stellt keinen Aufenthaltstitel dar und begründet daher auch keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet.

    Ein Ausländer mit einer Duldung nach § 60a AufenthG kann in der Regel Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen.

    Blaue Karte EU

    Die Blaue Karte EU gem. § 18b Abs. 2 AufenthG ist ein befristeter Aufenthaltstitel zum Zwecke der Erwerbstätigkeit.

    Inhaber der Blauen Karte EU haben beispielsweise Anspruch auf SGB II Leistungen.

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  3. Ausländerrecht: Die Aufenthaltserlaubnis muss das assoziationsrechtliche Recht des Daueraufenthaltes eindeutig erkennen lassen

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    Bundesverwaltungsgericht, 22.05.2012, Az.: BVerwG 1 C 6.11

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    Nach dem 1963 abgeschlossenen Assoziierungsabkommen EWG – Türkei erwerben türkische Arbeitnehmer durch die Beschäftigung in einem Mitgliedstaat im Zuge einer stufenweisen Verfestigung nach insgesamt vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und ein entsprechendes Aufenthaltsrecht (Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80).

    Art. 7 ARB 1/80 wiederum privilegiert Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers.

    In dem oben genannten Urteil des BVerwG hatte das BVerwG nun darüber zu entscheiden, ob in Deutschland lebenden Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmer, welchen nach dem Assoziationsrecht EWG/Türkei ein Daueraufenthaltsrecht zusteht, eine Niederlassungserlaubnis beanspruchen können, wenn sie nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt ohne öffentliche Mittel zu sichern.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine 35jährige Tochter eines türkischen Arbeitnehmers und lebte seit 1990 in Deutschland.

    Ihr stand gem. Art. 7 Satz 1, 2. Spiegelstrich des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei (ARB 1/80) ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu, welches nur unter sehr engen Voraussetzungen erlöschen kann.

    Die Ausländerbehörde hat ihr eine auf jeweils höchstens drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis ausgestellt und diese auch regelmäßig verlängert.

    Die Klägerin beantragte die Erteilung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis. Dieses Ansinnen lehnte die Ausländerbehörde ab, weil die Familie ihren Lebensunterhalt überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestritt.
    Auch vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht blieb die Klage erfolglos.

    Bundesverwaltungsgericht: Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Gleichzeitig sprach das BVerwG aus, dass der Wunsch der Klägerin, ihr Daueraufenthaltsrecht nach außen erkennbar bescheinigt zu erhalten, berechtigt sei.

    Die bisher übliche Form und Bescheinigung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG genüge den Anforderungen des Assoziationsrechts insofern nicht.

    Vielmehr müsse eine Aufenthaltserlaubnis, die ein assoziationsrechtliches Daueraufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1, 2. Spiegelstrich ARB 1/80 bescheinige, eine Gültigkeitsdauer von wenigstens fünf Jahren aufweisen.

    Darüber hinaus müsse sie eindeutig erkennen lassen, dass ihr ein assoziationsrechtliches Daueraufenthaltsrecht zu Grunde liege.

    Nur mit diesen Angaben könnten die betroffenen Ausländer im Rechtsverkehr das ihnen zustehende Daueraufenthaltsrecht auf einfache und praxisgerechte Weise dokumentieren.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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  4. Ausländerrecht: Auswirkungen der rechtlichen Unsicherheit des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug zu Deutschen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren

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    Verwaltungsgericht Oldenburg, 10.05.2012, Az.: 11 B 3223/12

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    Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen abgelehnt und die Abschiebung angedroht, kann gegen diesen Verwaltungsakt Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht eingelegt werden.

    Grundsätzlich haben eingelegte Rechtsbehelfe im Verwaltungsrecht aufschiebende Wirkung, wie sich aus § 80 I S.1 VwGO ergibt.

    Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass die Behörde die von ihr erlassene Verfügung so lange nicht vollstrecken kann, wie über den eingelegten Rechtsbehelf noch nicht entschieden wurde.

    Bei einigen Verwaltungsakten können die eingelegten Rechtsbehelfe allerdings schon von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfalten bzw. kann die Behörde den sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes anordnen.

    Auch können die Länder gem. § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

    Bei der Androhung der Abschiebung handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung i.S.v. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

    In Ländern, die von der Ermächtigung in § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO Gebrauch gemacht haben, müssen betroffene Ausländer somit jederzeit mit der Vollziehung der Abschiebung rechnen, obwohl ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung und die Androhung der Abschiebung eingelegt
    wurde.

    In diesen Fällen können betroffene Ausländer allerdings beantragen, dass die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wieder hergestellt wird.

    In diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren prüft das Gericht dann überschlägig die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs um den Ausländer vor den negativen Folgen einer schnellen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu schützen.

    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

    In der oben genannten Entscheidung des VG Oldenburg begehrte eine Ukrainerin erfolgreich gem. § 80 Abs. 5 VwGO, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Ausländerbehörde, mit welchem ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen abgelehnt und die Abschiebung in die Ukraine angedroht wurde, wiederherzustellen.

    Dabei prüfte das Verwaltungsgericht Oldenburg insbesondere, ob die fehlenden Deutschkenntnisse der Antragstellerin den Nachzug zu ihrem Ehemann verhindern würden.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin beantragte den Familiennachzug zu ihrem deutschen Ehemann bei der zuständigen Ausländerbehörde. Diesen hatte sie im Februar 2012 in Dänemark geheiratet.

    Die Antragstellerin war in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu sichern, ihre Identität war geklärt und die Passpflicht erfüllt.

    Allerdings konnte sie sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen (§§ 28 Abs. 1 Satz 5, 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

    Verwaltungsgericht Oldenburg: Das VG Oldenburg gab der Antragstellerin Recht und urteilte, dass das Interesse der Antragstellerin vorläufig in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu dürfen das öffentliche Interesse an einer baldigen Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

    Nach Ansicht des VG Oldenburg sei zwar in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zunächst geklärt gewesen, dass das für den Familiennachzug erforderliche Spracherfordernis mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Familiennachzugsrichtlinie 2003/86/EG des Rates vereinbar sei.

    An dieser Vereinbarkeit seien jedoch neuerdings berechtigte Zweifel entstanden.

    So habe das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 28. Oktober 2011 – 1 C 9.10 – InfAuslR 2012, 59) im Rahmen einer Kostenentscheidung nach Erledigung des Rechtsstreits die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob das Spracherfordernis gegen die genannte Bestimmung der Familiennachzugsrichtlinie verstoße, zweifelhaft geworden sei und bei Fortführung des Verfahrens dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung hätte vorgelegt werden müssen.

    Dabei sei auf eine Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 4. Mai 2011 gegenüber dem Europäischen Gerichtshof im Verfahren C-155/11 PPU verwiesen worden.

    Hierin werde unter Berücksichtigung des Wortlauts des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 EG, des systematischen Zusammenhangs mit Abs. 1 der Bestimmung, der Zielsetzung der Richtlinie und des Art. 8 EMRK, wonach der Familiennachzug nicht unangemessen erschwert werden dürfe, die auch nach Meinung des Verwaltungsgerichts Oldenburg gut nachvollziehbare Auffassung vertreten, dass eine Verweigerung der Einreise und des Aufenthalts nicht wegen einer nicht bestandenen Eingliederungsprüfung im Ausland erfolgen dürfe.

    Vielmehr erlaube Art. 7 Abs. 2 der Familiennachzugsrichtlinie lediglich, Integrationsmaßnahmen nach der Aufenthaltsgewährung zu fordern.

    Das angeführte Verfahren beim Europäischen Gerichtshof sei mit Beschluss vom 10. Juni 2011 ohne Entscheidung zur Sache beendet worden, weil sich der zu Grunde liegende Rechtstreit in der Hauptsache erledigt hatte.

    Die mithin ungeklärte Rechtsfrage könne wegen ihrer Schwierigkeit und weitreichenden Bedeutung nicht in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren geklärt werden, sondern bedürfe einer sorgfältigen Beurteilung im Hauptsacheverfahren, in dem auch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV in Erwägung zu ziehen sei.

    Auch könne nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Oldenburg die aufgeworfene europarechtliche Frage hier nicht deshalb unbeantwortet bleiben, weil die Familiennachzugsrichtlinie nach ihrem Art. 1 nur für den Nachzug zu Drittstaatsangehörigen gelte, nicht aber für die hier angestrebte Familienzusammenführung mit einem deutschen Staatsangehörigen.

    Denn durch die in § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG angeordnete entsprechende Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG habe der Gesetzgeber die Bestimmungen für den Nachzug zu Deutschen von dem Bestand der Regelungen über den Nachzug zu Drittstaatsangehörigen abhängig gemacht.

    Dass die Antragstellerin nicht mit dem gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erforderlichen nationalen deutschen Visum eingereist sei, wäre unschädlich, wenn die Antragstellerin das Spracherfordernis nach § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG nicht erfüllen müsste.

    Denn nach § 39 Nr. 6 AufenthV könne ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besäße und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt sei, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt wären.

    Alle sonstigen gesetzlichen und regelhaften Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG würde die Antragstellerin erfüllen, so dass diese dann zwingend zu erteilen wäre.

    Nach den nicht zweifelhaften Angaben der Antragstellerin, die auch von dem Antragsgegner nicht in Frage gestellt worden seien, sei sie bei Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Besitz eines nationalen polnischen Visums der Kategorie D gewesen.

    Dieses Visum stelle einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 39 Nr. 6 AufenthV dar und berechtige nach Art. 21 Abs. 2 a des Schengener Durchführungsabkommens zum Aufenthalt in den anderen Schengen-Staaten für die Dauer von insgesamt drei Monaten und sei nicht wie nach der vorherigen Regelung in Art. 18 Satz 2 SDÜ lediglich einem Schengen-Visum, welches der speziellen Regelung des § 39 Nr. 3 AufenthV unterfalle, gleichgestellt.

    Wäre das Spracherfordernis unwirksam, müsse nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Oldenburg auch davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bereits bei der Einreise und damit während der Berechtigung, sich auf Grund des polnischen Visums in Deutschland aufzuhalten, erfüllt waren.

    Da der Ausgang des Rechtsstreits somit derzeit nicht sicher zu beurteilen sei, überwiege bei der erforderlichen Abwägung der betroffenen Belange das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da eine gleichwohl durchgeführte Aufenthaltsbeendigung nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnte.

    Quelle: Verwaltungsgericht Oldenburg

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