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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Ehegattennachzug

  1. Ausländerrecht: Das Heiratsvisum und der Ehegattennachzug zu Deutschen

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    Gem. § 4 Abs. 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich eines Aufenthaltstitels.

    Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

    – Visum (Schengenvisum & Nationales Visum) i. S. d. § 6 AufenthG
    – Aufenthaltserlaubnis i. S. d. § 7 AufenthG,
    – Niederlassungserlaubnis i. S. d. § 9 AufenthG oder
    – Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG i. S. d. § 9a AufenthG

    Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

    Heiratsvisum (Nationales Visum)

    § 6 AufenthG regelt die Erteilungsvoraussetzungen für Visa für die Einreise nach Deutschland.

    In Deutschland gibt es zwei Arten von Visa:
    – das Schengen-Visum und
    – das nationale Visum

    Für kurze Aufenthalte (bis zu 90 Tage pro Halbjahr ab dem Datum der ersten Einreise), benötigen alle Nicht-EU-Bürger ein Schengen Visum.

    Will der nachziehende Ausländer aber mit dem Visum nach Deutschland einreisen, um dann eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, um länger als 90 Tage in Deutschland zu bleiben, benötigt der Ausländer ein sogenanntes Nationales Visum. Denn nur mit einem solchen nationalen Visum kann er eine Aufenthaltserlaubnis beantragen.

    Das Heiratsvisum (Visum zum Zwecke der Eheschließung) ist ein nationales Visum i. S. d. § 6 Abs. 3 AufenthG.

    Die Erteilung der nationalen Visa richtet sich gem. § 6 Abs. 3 S. 2 AufenthG nach den für die Aufenthalts- und Niederlassungserlaubnis je nach Aufenthaltszweck geltenden Vorschriften.

    Daher müssen bereits bei Erteilung des Visums neben den allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen gem. § 5 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhalts, Aussschluss einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, Erfüllung der Passpflicht) auch die für die Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis erforderlichen besonderen tatbestandlichen Erfordernisse gegeben sein.

    Auch nationale Visa wie das Heiratsvisum werden grundsätzlich nur für eine Dauer von drei Monaten erteilt. Innerhalb dieses Zeitraumes muss dann in Deutschland bei der zuständigen Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG beantragt werden.

    Der Nachteil eines Heiratsvisums ist, dass für die Erteilung eines Heiratsvisums das örtliche Standesamt mit einbezogen werden muss, was die sowieso schon langwierige Prozedur noch einmal erheblich verzögern kann. Darüberhinaus muss für den Zeitpunkt von der Einreise des Ausländers bis zu dessen Heirat eine sogenannte Verpflichtungserklärung abgegeben werden, dies entfällt, wenn man zur Zeit der Einreise des Ausländers bereits verheiratet ist. Dieser Fall des Ehegattennachzugs wird im nächsten Absatz besprochen.

    Ehegattennachzug zu Deutschen (Familiennachzug zu Deutschen) gem. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG

    Wenn die Ehe bereits im Ausland (oder während eines Besuchsaufenthalts in Deutschland oder Dänemark geschlossen worden ist) und der Ausländer möchte dann langfristig nach Deutschland kommen, handelt es sich um den sogenannten Ehegattennachzug. Dieser ist grundsätzlich ein bisschen schneller und leichter als der Weg über das Heiratsvisum. Denn weil die Ehe mit dem deutschen Staatsbürger bereits besteht, entfaltet Artikel 6 Grundgesetz (Schutz von Ehe und Familie) und Art 8 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) gegenüber dem deutschen Staatsangehörigen eine besondere Wirkung.

    Dem deutschen Staatsangehörigen soll es somit grundsätzlich nicht verwehrt werden, seine Ehe- und Familiengemeinschaft in Deutschland zu führen.

    Es besteht daher für den nachziehenden Ausländer ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sofern der deutsche Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und die weiteren Zuzugsvoraussetzungen vorliegen.

    Weitere Zuzugsvoraussetzungen sind z. B.:

    – Der nachziehende Ehegatte kann sich auf einfache Art in der deutschen Sprache verständigen.
    – Der deutsche Ehegatte hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
    – Es liegt kein Ausweisungsgrund bzw. keine Ausweisungssperre vor.
    – Es liegt keine terroristische Gefährdung vor.
    – Die Einreisevorschriften (z. B. bei Erteilung des Heiratsvisums) sind beachtet worden.

    Die Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts ist grundsätzlich keine Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis beim Ehegattennachzug zu Deutschen mehr. Dies ist auch der Vorteil gegenüber dem Heiratsvisum, da auch die Abgabe der Verpflichtungserklärung für die Einreise des Ausländers nicht notwendig ist.

    Scheinehe

    In vielen Fällen scheitert die Erteilung des Heiratsvisums auch daran, dass die Botschaft bzw. die Ausländerbehörde von dem Vorliegen einer Scheinehe überzeugt ist. Dazu regelt § 27 Abs. 1a AufenthG, dass ein Familiennachzug dann nicht zugelassen wird, wenn

    1. feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder

    2. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

    Auch hier kann die Versagung des Aufenthaltstitels angegriffen werden, wenn tatsächlich keine Scheinehe vorliegt und die Behörden somit von falschen Voraussetzungen ausgehen.

    Einfache Deutschkenntnisse gem. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG

    Eine weitere Voraussetzung sowohl für das Heiratsvisum als auch für den Ehegattennachzug zu Deutschen sind die einfachen Sprachkenntnisse, die in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gefordert werden.

    Viele ausländische Ehegatten scheitern daran, diese einfachen Deutschkenntnisse zu erwerben. Ausnahmen werden nur sehr selten gewährt und meistens nur dann, wenn der ausländische Ehegatte dreimal durch die Prüfung gefallen ist und nachweisen kann, dass er über ein Jahr ernsthaft versucht hat, die deutsche Sprache zu erlernen (mittlerweile werden auch schon 6 Monate akzeptiert). Auch wenn eine Krankheit vorliegt und ein Attest vorgelegt wird, welches bestimmte Anforderungen erfüllt, kann eine Ausnahme gewährt werden.

    Oftmals sind die Anforderungen an den Nachweis der deutschen Sprachkenntnisse von der Deutschen Botschaft oder der Ausländerbehörde aber auch zu hoch bemessen. Auch dann kann oftmals noch etwas gegen die Entscheidung vorgebracht werden.

    Auf die einfachen Deutschkenntnisse wird in diesem Artikel noch einmal näher eingegangen.

    Rechtsmittel

    Wird die Erteilung des Heiratsvisums, des Ehegattennachzugs oder der Aufenthaltserlaubnis durch die Botschaft, das Konsulat oder die Ausländerbehörde verweigert, hat der Antragsteller die Möglichkeit, gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen.

    Zunächst einmal sollte der Antragsteller eine Remonstration gegen die ablehnende Entscheidung der Botschaft oder des Konsulats einreichen. Die ablehnende Entscheidung wird dann noch einmal genauer durch die Botschaft oder das Konsulat überprüft und es ergeht eine neue Entscheidung. Im Remonstrationsverfahren können auch neue Sachverhalte und Dokumente durch den Antragsteller vorgebracht werden, welche die Botschaft dann berücksichtigen muss.

    Bleibt die Botschaft dennoch bei ihrer ablehnenden Entscheidung, kann eine Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht werden. Denn oftmals bekommt der Antragsteller erst im gerichtlichen Verfahren das beantragte Visum. Ist der Nachzug des Ehegatten aus bestimmten Gründen darüber hinaus besonders dringend erforderlich, kann auch im Falle der Visumversagung die Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht möglich sein. In einem solchen Falle kann die Botschaft dann per Eilverfahren zur Erteilung des Visums verpflichtet werden.

    Remonstration und Klage gegen Ablehnung Visum

    Dauert das Verfahren zu lange (maximal sind eigentlich nur drei Monate erlaubt), kann auch eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Damit kann der Druck auf die Botschaft oder die Ausländerbehörde erhöht werden.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht eines Ausländer-Ehegatten aus Art. 7 ARB 1/80 vor Ablauf von drei Jahren

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    OVG Lüneburg, 15.03.2011, Az.:11 ME 59/11

    Seit 1963 besteht das Assoziierungsabkommen EWG – Türkei, welches die Türkei auf die EU-Mitgliedschaft vorbereiten soll. Im Rahmen dieses völkerrechtlichen Vertrages ist vor allem der Beschluss des Assoziationsrats ARB 1/80 beachtlich, welcher weitreichende ausländer- und beschäftigungsrechtliche Konsequenzen im Hinblick auf türkische Staatsangehörige hat.

    Nach der Rechtsprechung des EuGH entfalten die Bestimmungen des ARB 1/80 – wie auch des Assoziationsabkommens und des Zusatzprotokolls – unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck eine klare und eindeutige Verpflichtung enthalten, deren Erfüllung oder deren Wirkung nicht vom Erlass eines weiteren innerstaatlichen Umsetzungsaktes abhängt.

    Erfüllt somit ein türkischer Staatsangehöriger eine der Voraussetzungen des ARB 1/80 (insbesondere der Art. 6 oder 7 ARB 1/80), benötigt dieser kein weiteres Verwaltungsdokument bzw. einen Aufenthaltstitel, denn er hat ein europarechtliches Aufenthaltsrecht, welches ihm durch entgegenstehende nationale Regelungen weder entzogen noch sonst beschränkt werden kann.

    Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 regelt die Aufenthaltsrechte für Arbeitnehmer und sichert die stufenweise Eingliederung des türkischen Arbeitnehmers in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates.

    Art. 7 ARB 1/80 wiederum privilegiert Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers. Diese haben, abgestuft nach der Dauer des ordnungsgemäßen Wohnsitzes im Inland gem. Art. 7 S. 1 ARB 1/80 freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

    Wortlaut des Art. 7 ARB 1/80:

    „Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

        • haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
        • haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung in Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

    Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war.“

    Die oben genannte Entscheidung des OVG Lüneburg bestätigt erneut die geltende Rechtslage, nach der einem dem Ehegatten nachgezogenen Ausländer gem. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 vor Ablauf von drei Jahren kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht zu gewähren ist.

    Quelle: OVG Lüneburg

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  3. Ausländerrecht: Einfache Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Ausländern verfassungskonform

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    Bundesverfassungsgericht, 25.03.2011, Az.: 2 BvR 1413/10

    § 30 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) regelt den Ehegattennachzug zu Ausländern.

    Gem. § 30 kann der Ehegatte eines Ausländers grundsätzlich dann eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, wenn

    • beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben
    • der Ehegatte sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann

    und wenn der Ausländer eine

    • Niederlassungserlaubnis
    • Daueraufenthalt-EG
    • Aufenthaltserlaubnis

    besitzt.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Gerade die in § 30 Abs. 1 Nr. 2 geregelte Voraussetzung, dass der Ehegatte sich zumindest in einfacher Art in deutscher Sprache verständigen kann, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen und politischer Diskussionen.

    Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift 30 zu § 30 AufenthG definiert in 30.1.2.1. die notwendigen sprachlichen Fähigkeiten wie folgt: „Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.“

    Die oben genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Verfassungskonformität des § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zum Gegenstand.

    Die Beschwerdeführer in diesem Verfahren waren türkische Staatsangehörige die sich aufgrund der Ablehnung des Ehegattennachzugs in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 (Schutz von Ehe und Familie), Abs. 2 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit), Art. 3 GG (Gleichheitsgrundsatz) sowie Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzt sahen.

    Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin zu 1. war die Mutter der Beschwerdeführer 2. bis 6. Auf Grundlage des § 30 Abs. 1 AufenthG beantragte diese eine Aufenthaltserlaubnis. Da sie Analphabetin war, konnte sie die nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geforderten Sprachnachweise nicht beibringen und Ihr Antrag wurde durch die zuständige Behörde abgelehnt.

    Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht (Entscheidung: BVerwGE 136, 231) bestätigten die Entscheidung der Behörde.

    Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 und Art. 3 GG sowie Art. 8 EMRK. Darin machte sie geltend, dass der geforderte Sprachnachweis verfassungswidrig sei. Dies insbesondere deshalb, weil er weder für die Bekämpfung von Zwangsheiraten noch für die Integration der betroffenen Ausländer geeignet sei.

    Darüber hinaus seien die geforderten Sprachkenntnisse zu dürftig und damit ungeeignet, um die zuziehenden Ausländer auch nur ansatzweise zu den Kommunikationsleistungen zu befähigen, die zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele notwendig seien.

    Bundesverfassungsgericht: Indem das BVerfG die Beschwerde nicht zur Entscheidung annahm, erklärte die zweite Kammer des 2. Senats § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG mit dem Grundgesetz für vereinbar (Verfassungsbeschwerden bedürfen der Annahme zur Entscheidung. Gem. § 93a BVerfGG wird eine Verfassungbeschwerde nur dann angenommen, wenn ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt oder wenn die Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte angezeigt ist).

    Begründet wurde die Nichtannahmeentscheidung durch das BVerfG wie folgt:

    „Die nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche Verpflichtung des Ehegatten eines in Deutschland lebenden Ausländers, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt (vgl. BVerfGE 76, 1; 80, 81; BVerfGK 13, 26). Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen konkretisieren in nicht zu beanstandender Weise die dort entwickelten Grundsätze für den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG.“

    Quelle: Bundesverfassungsgericht

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  4. Ausländerrecht: Ehegattennachzug unrechtmäßig bei ungesichertem Lebensunterhalt der Familie

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    Bundesverwaltungsgericht, 16.11.2010, Az.: 1 C 20.09

    Beim Ehegattennachzug nach Deutschland ist grundsätzlich zwischen dem Ehegattennachzug zu deutschen ((§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ) und zu ausländischen Staatsangehörigen ((§ 30 AufenthG ) zu unterscheiden.

    Hat einer der Ehepartner die deutsche Staatsangehörigkeit, entfaltet Art. 6 GG gegenüber dem deutschen Staatsangehörigen eine besondere Schutzwirkung. Dabei soll es dem deutschen Staatsangehörigen grundsätzlich nicht verwehrt werden, die Ehe- und Familiengemeinschaft in Deutschland zu führen. Insofern ist auch die Sicherung des Lebensunterhaltes (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 3 AufenthG) wegen des uneingeschränkten Aufenthaltsrechts von Deutschen im Bundesgebiet gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 im Regelfall keine Voraussetzung für den Ehegattennachzug zu Deutschen.

    Der Ehegattennachzug zu ausländischen Staatsangehörigen ist nach § 30 AufenthG zu beurteilen. § 30 AufenthG setzt voraus, dass der Ausländer einen der in § 30 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a bis f AufenthG abschließend genannten Aufenthaltstitel besitzt und im Fall der Aufenthaltstitel nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d bis f AufenthG die dort zusätzlich genannten Voraussetzungen erfüllt. Darüber hinaus muss grundsätzlich der Unterhaltsbedarf beider Eheleute sowie der mit ihnen zusammen lebenden minderjährigen Kinder gedeckt sein.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Einen Fall des Ehegattennachzuges zu einem ausländischen Staatsangehörigen und die damit zusammenhängende Frage des gesicherten Lebensunterhaltes hatte nun das Bundeverwaltungsgericht in dem oben genannten Urteil zu entscheiden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Türkischer Mann begehrt den Ehegattennachzug zu seiner in Deutschland lebenden Ehefrau

    Der Kläger, ein 37-jähriger türkischer Staatsangehöriger, erstrebte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte nach § 30 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Im Jahre 2002 hatte der Kläger eine in Deutschland lebende Türkin geheiratet, mit der er drei Kinder zeugte. 2005 reiste er mit einem Visum zum Familiennachzug nach Deutschland ein.

    Nachdem die ganze Familie Hartz4 bezog, lehnte die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis ab

    Nachdem der Kläger für sich, seine Ehefrau und seinen jüngsten Sohn ab September 2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) bezogen hatte, versagte die Beklagte (Land Berlin) 2008 dem Kläger die beantragte Aufenthaltserlaubnis, da der Lebenunterhalt der Familie durch den Kläger nicht gesichert sei. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat das beklagte Land dagegen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verpflichtet.

    Oberverwaltungsgericht sah nur Lebensunterhalt des nachziehenden Ausländers als relevant an

    Es war der Auffassung, dass es für die Sicherung des Lebensunterhalts genüge, wenn der Unterhaltsbedarf des nachziehenden Ausländers selbst gedeckt sei. Das sei hier der Fall, denn das Einkommen des Klägers reiche mittlerweile für seinen eigenen Bedarf aus, wenn auch nicht für den der Ehefrau und des minderjährigen Sohnes.

    Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

    Bunderverwaltungsgericht urteilt, dass alle Familienmitglieder versorgt werden müssen

    Das BVerwG folgte der Ansicht des Klägers und des OVG Berlin-Brandenburg in der oben genannten Entscheidung nicht. Nach Ansicht des BVerwG reiche es nicht aus, wenn der nachziehende Ehegatte mit seinen Einkünften bei isolierter Betrachtung zwar seinen eigenen Bedarf sicherstellen könnte, er für seinen Ehepartner und seine Kinder aber auf öffentliche Sozialleistungen angewiesen sei. Der Familiennachzug setze in der Regel voraus, dass nicht nur der Lebensunterhalt des nachziehenden Ausländers sondern auch der Lebensunterhalt der familiären Bedarfsgemeinschaft ohne Inanspruchnahme öffentlicher Sozialleistungen bestritten werden könne. Das sei hier nicht der Fall, da die Familie weiterhin Sozialleistungen nach dem SGB II beziehe.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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