Rechtsanwalt Köln Räumungsklage Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Räumungsklage

  1. Mietrecht: Erfolgreicher Räumungsschutzantrag gegen Zwangsräumung wegen Suizidgefahr des Mieters.

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    Bundesgerichtshof, 15.05.2014, Az.: I ZB 15/13

    Hat der Vermieter gegen den Mieter einen Räumungstitel erstritten und betreibt die Zwangsräumung gegen den Mieter, kann der Mieter in bestimmten Situationen noch ein letztes Rechtsmittel gegen die bevorstehende Zwangsräumung geltend machen.

    Dabei handelt es sich um den Räumungsschutzantrag gem. § 765a ZPO. Wird dieser Räumungsschutzantrag bewilligt, kann der Mieter für einen bestimmten Zeitraum weiterhin in der Wohnung bleiben.

    Gründe für einen Räumungsschutzantrag

    In dem Räumungsschutzantrag müssen die besonderen Gründe geltend gemacht werden, welche dem Mieter eine Räumung zum angekündigten Termin unzumutbar machen.

    Dies können zum Beispiel die folgenden Gründe sein:

          • Kurz nach dem Räumungstermin kann eine neue Wohnung bezogen werden
          • Räumungsschuldner ist beim Räumungstermin im Mutterschutz
          • Suizidgefahr wegen der Räumung
          • Epileptiker drohen Sturzanfälle nach Räumung

    Bei der Beurteilung des Räumungsschutzantrages hat das Gericht dabei immer die Grundrechte der Eigentümer des Mietobjektes (Vermieter) auf Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) zu beachten.

    Zu beachten ist, dass der Räumungsschutzantrag gemäß § 765a Abs. 3 ZPO (Zivilprozessordnung) spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen ist, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

    In dem oben genannten Beschluss des Bundesgerichtshofes hat dieser über einen Räumungsschutzantrag eines Mieters zu entscheiden, welcher selbstmordgefährdet war.

    Sachverhalt des Gerichtsurteils

    Die Schuldner wurden in einem Räumungsprozess vom Landgericht Frankfurt (Oder) zur Herausgabe eines Grundstücks mit Wohnhaus verurteilt. Aufgrund des Urteils betrieben die Gläubiger daraufhin gegen die Schuldner die Räumungsvollstreckung.

    Antragsteller beantragen Räumungsschutzantrag wegen Suizidgefahr

    Mit Schreiben vom 25.08.2008 beantragte der Schuldner beim Amtsgericht Fürstenwalde Räumungsschutz. Auf diesen Antrag hin stellte das Amtsgericht Fürstenwalde die Zwangsvollstreckung zunächst unter der Auflage vorläufig ein, dass der Schuldner ein amtsärztliches Attest oder ein Gutachten zur Möglichkeit der Räumung bei gründlicher medizinischer Begleitung vorlege. Nachdem der Schuldner diese Auflage nicht erfüllte, wies das Amtsgericht Fürstenwalde seinen Vollstreckungsschutzantrag zurück.

    Gegen diese Entscheidung reichte der Schuldner dann Beschwerde ein. Das Beschwerdegericht holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Verfahrensfähigkeit des Schuldners ein.

    Der damit beauftragte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass beim Schuldner eine krankheitsbedingte partielle Geschäftsunfähigkeit vorliege, die sich auf die – insbesondere juristische – Auseinandersetzung um das Grundstück beziehen würde.

    Antragsteller ist prozessunfähig

    Daraufhin stellte das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 25.08.2009 die Zwangsvollstreckung mit der Maßgabe einstweilen ein, dass sie auf Antrag fortzusetzen sei, wenn die gegenwärtige Prozessunfähigkeit des Schuldners nicht mehr fortbestünde oder der Schuldner wirksam vertreten werden würde. Gegen diesen Beschluss legten die Gläubiger wiederum die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ein.

    Der Bundesgerichtshof hatte dem Schuldner Rechtsanwältin K. B. als besondere Vertreterin (Verfahrenspflegerin) zur Seite gestellt sowie den Beschluss vom 25.08.2009 aufgehoben und die Sache mit der Begründung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, dass bei Prozessunfähigkeit des Schuldners auf der Grundlage von § 765a ZPO keine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung möglich sei.

    Die Verfahrenspflegerin wiederum hatte den vom Schuldner selbst gestellten Vollstreckungsschutzantrag nicht genehmigt. Mit Beschluss vom 20.10.2011 hatte das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 04.11.2007 zurückgewiesen.

    Daraufhin betrieben die Gläubiger die Räumungsvollstreckung weiter. Unter dem 03.01.2012 beantragte die Verfahrenspflegerin für den Schuldner erneut Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, weil die Zwangsräumung Leib und Leben des Schuldners erheblich gefährden würde (Herzstillstand, Schlaganfall oder Suizid).

    Mit Beschluss vom 12.01.2012 bestellte das Amtsgericht Rechtsanwalt Bl. anstelle von Rechtsanwältin B. zum Verfahrenspfleger des Schuldners. Mit weiterem Beschluss vom selben Tage wies es den Vollstreckungsschutzantrag vom 03.01.2012 zurück.

    Dagegen legte der neue Verfahrenspfleger unter Vorlage einer amtsärztlichen Stellungnahme des Facharztes Dr. H. sofortige Beschwerde ein und dazu ausgeführt, dass im Fall der Zwangsräumung ein Suizid des Schuldners unmittelbar absehbar sei und daran auch eine Zwangsunterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nichts ändern würde, da das psychische Krankheitsbild der Schuldnerin nicht behandelbar sei.

    Das Landgericht stellte daraufhin die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über den Vollstreckungsschutz einstweilen ein und holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Frage der Gesundheits- und Lebensgefahr im Fall der Zwangsräumung ein.

    Der damit beauftragte Gutachter Dr. L. konnte den Schuldner nicht zu einem Untersuchungsgespräch bewegen und erstellte daraufhin sein Gutachten nach Aktenlage mit dem Ergebnis, dass für den Fall der Zwangsräumung eine suizidale Handlung des Schuldners wahrscheinlich sei.

    Mit dem angefochtenen Beschluss vom 22.01.2013 hatte das Landgericht dann die Zwangsvollstreckung in Bezug auf die Verurteilung zur Grundstücksherausgabe unbefristet und ohne Auflagen einstweilen eingestellt.

    Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubiger zum Bundesgerichthof.

    Entscheidung des Bundesgerichtshofes

    Der Bundesgerichtshof wiederum urteilte, dass die Rechtsbeschwerde der Gläubiger bis auf die fehlende Befristung der einstweiligen Vollstreckungseinstellung zurückgewiesen werde.

    Bei Durchführung der Zwangsräumung bestehe konkrete Suizidgefahr

    Die Annahme des Berufungsgerichts, dass bei Durchführung der Zwangsräumung für den Schuldner eine konkrete Suizidgefahr bestünde, habe keinen Rechtsfehler erkennen lassen.

    Auf der Grundlage der fachärztlichen Ausführungen Ba. , Dr. H. und des Dr. L. habe das Beschwerdegericht die Überzeugung gewonnen, dass der Schuldner an einer wahnhaften Störung leide, in deren Folge ein Suizid bei Durchführung der Zwangsräumung wahrscheinlich auftreten werde. Dies würde der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren standhalten.

    Insofern habe das Beschwerdegericht seine Beurteilung maßgeblich auf die vom Verfahrenspfleger des Schuldners eingereichte Stellungnahme des Amtsarztes Dr. H. gestützt. Dieser habe zwar mitgeteilt, dass er einen gerichtlichen Gutachterauftrag ablehne, weil er mit der Schuldnerin bekannt sei und sich deshalb befangen fühle.

    Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde würde sich daraus aber keine Unverwertbarkeit der Stellungnahme Dr. H. ergeben. Vielmehr habe die Stellungnahme vom Beschwerdegericht als Parteivortrag berücksichtigt und gewürdigt werden müssen.

    Das Beschwerdegericht habe in der Bekanntschaft von Dr. H. mit der Schuldnerin keinen Anlass gesehen, seine fachärztliche Einschätzung als bloßes Gefälligkeitsattest abzutun. Es habe diese Beurteilung auf die Funktion von Dr. H. als zuständigem Amtsarzt und seine dem Beschwerdegericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannte gründliche und sachkompetente Arbeitsweise gestützt. Diese tatrichterliche Würdigung ließe keinen Rechtsfehler erkennen. Dabei sei es nicht darauf angekommen, ob auch eine abweichende Beurteilung möglich gewesen wäre.

    Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sei es auch nicht zu beanstanden gewesen, dass das Beschwerdegericht den gerichtlichen Gutachter Dr. L. um eine Beurteilung nach Aktenlage gebeten und ihm aufgegeben habe, dabei insbesondere die amtsärztliche Stellungnahme des Dr. H. zu beachten. Der Schuldner habe eine persönliche Untersuchung durch Dr. L. verweigert. Der in einem Termin vor dem Beschwerdegericht gewonnene persönliche Eindruck des Facharztes Ba. habe bereits mehr als dreieinhalb Jahre zurückgelegen. Die einzige zeitnahe persönliche Untersuchung des Schuldners hätte Dr. H. am 16.01.2012 durchgeführt. Unter diesen Umständen ließe das Verfahren des Beschwerdegerichts keinen Rechtsfehler erkennen.

    Dahinstehen könne, ob der Gutachter Dr. L. durch eine persönliche Untersuchung des Schuldners gegenüber seinem Gutachten nach Aktenlage wesentliche neue Erkenntnisse zur Suizidgefährdung hätte gewinnen können.

    Denn aufgrund des Verhaltens des Schuldners habe für Dr. L. keine Möglichkeit einer persönlichen Untersuchung bestanden. Den Umstand, dass dem Gutachten Dr. L. kein persönlicher Eindruck vom Schuldner zugrunde gelegen habe, habe das Beschwerdegericht berücksichtigt.

    Ohne Erfolg würde sich die Rechtsbeschwerde ferner gegen die Berücksichtigung des Gutachtens Ba. vom 20.07.2009 durch das Beschwerdegericht wenden.

    Dieses Gutachten basiere zwar auf einem persönlichen Eindruck vom Schuldner beim Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht am 29.04.2009, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts am 22.01.2013 bereits fast vier Jahre zurückgelegen habe.

    Zudem sei Gegenstand des dem Gutachter Ba. erteilten Auftrages allein die Frage der Verfahrensfähigkeit des Schuldners im Streit um die Zwangsräumung gewesen. Die Ausführungen zur Suizidgefährdung des Schuldners seien daher außerhalb dieses Auftrags erfolgt.

    Diese Umstände würden aber nicht zur Unverwertbarkeit des Gutachtens Ba. führen. Sie seien vielmehr bei seiner Würdigung zu berücksichtigen. Es sei weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass das Beschwerdegericht dies unbeachtet gelassen hätte.

    Das Beschwerdegericht habe die fachärztlichen Bewertungen durch seinen Eindruck vom Schuldner im Anhörungstermin am 29.04.2009 sowie durch dessen schriftliche Ausführungen im Räumungsverfahren bestätigt gesehen. Auch diese tatrichterliche Beurteilung ließe entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler erkennen.

    Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Würdigung des Schreibens des Schuldners vom 10.07.2012 wenden würde, dem sie anders als das Beschwerdegericht eine Bereitschaft zur Räumung des Grundstücks gegen Zahlung von 300.000 € entnehmen wolle, würde sie nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Beschwerdegerichts setzen.

    Dasselbe gelte, soweit die Beschwerde einen Widerspruch zwischen den Annahmen des Beschwerdegerichts konstruieren wolle, es bestünde kein hinreichender Anhaltspunkt für ein kalkuliertes Handeln des Schuldners, er schirme seine Ehefrau aber zielgerichtet vom vorliegenden Räumungsverfahren ab. Diese Aussagen seien keineswegs miteinander unvereinbar.

    Die Rechtsbeschwerde habe die vom Beschwerdegericht bei seiner Interessenabwägung gebrauchte Formulierung „staatlich legitimierte Sterbehilfe“ als sachwidrig beanstandet. Zwar handele es sich dabei um eine ungewöhnlich plakative Formulierung des Berufungsgerichts. Es sei aber nicht erkennbar, dass diese Formulierung im Streitfall die Abwägung zwischen dem Vermögensinteresse der Gläubiger und dem Lebensinteresse des Schuldners in entscheidungserheblicher und einen Rechtsfehler begründender Weise beeinflusst haben könnte.

    Mit Erfolg wende sich die Rechtsbeschwerde allerdings dagegen, dass das Beschwerdegericht die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Befristung angeordnet habe.

    Dauerhafte Einstellung der Räumungsvollstreckung widerspricht Eigentumsgarantie

    Das durch die Grundrechte auf Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) geschützte Interesse der Gläubiger an der Fortsetzung des Verfahrens würde eine dauerhafte Einstellung der Räumungsvollstreckung verbieten, weil die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden könne.

    Die Einstellung sei deshalb zu befristen und mit Auflagen zu versehen, welche das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen. Dies gelte auch dann, wenn die Aussichten auf eine Besserstellung des Gesundheitszustands des Schuldners gering seien.

    Im Interesse des Gläubigers sei dem Schuldner zuzumuten, auf die Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken und den Stand seiner Behandlung dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen.

    Es sei nicht ersichtlich, warum abweichend von diesen Grundsätzen im vorliegenden Fall eine unbefristete Einstellung der Räumungsvollstreckung in Betracht kommen solle. Insbesondere würde die Erwägung des Beschwerdegerichts, es lasse sich derzeit nicht prognostizieren, wann es zu einer veränderten Situation hinsichtlich der Lebensgefahr im Fall der Räumung komme, keine unbefristete einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen.

    Die Gläubiger könnten insofern nicht darauf verwiesen werden, die Zwangsräumung erst fortzusetzen, nachdem sie mit Erfolg beim Vollstreckungsgericht eine Aufhebung der Einstellung wegen Änderung der Sachlage (§ 765a Abs. 4 ZPO) beantragt hätten.

    Vielmehr obliege es dem Räumungsschuldner, nach Ablauf einer angemessen befristeten vorläufigen Einstellung darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Einstellung weiterhin vorliegen würden.

    Es könne auch nicht angenommen werden, eine Behandlung des Schuldners zur Abwendung der Suizidgefahr bliebe ohne weitere Prüfung auf Dauer aussichtslos. So habe der gerichtlich bestellte Gutachter Dr. L. ausgeführt, dass die Suizidgefahr unter stationären Bedingungen reduziert bzw. minimiert und zumindest einer aktuellen Suizidgefährdung im zeitlichen Umfeld der Zwangsräumung über eine stationäre Krisenintervention begegnet werden könne.

    Der Gutachter habe auch nicht angenommen, die Behandlung der wahnhaften Störung des Schuldners sei aussichtslos. Vielmehr habe er den Ausgang einer Behandlung als offen bezeichnet. Allerdings habe er an anderer Stelle seines Gutachtens gemeint, eine erfolgversprechende Behandlung der wahnhaften Störung sei nicht erkennbar.

    Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der wahnhaften Störung seien aber zu trennen von der Frage der aktuellen Suizidgefährdung bei Durchführung der Zwangsräumung. Denn die wahnhafte Störung könne auch ohne gleichzeitige Suizidgefahr bei Räumung bestehen.

    Unter den Umständen des Streitfalls sei es somit erforderlich und angemessen, die vorläufige Einstellung auf drei Jahre ab dem 12.01.2012, dem Entscheidungszeitpunkt des Beschwerdegerichts, zu befristen.

    Quelle: Bundesgerichtshof

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  2. Mietrecht: Die Eigenbedarfskündigung ist unwirksam, wenn dem Mieter bei Räumung Suizidgefahr droht.

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    Landgericht München, 23.07.2014, Az.: 14 S 20700/13

    Die Kündigung von Wohnraum sowie eine nachfolgende Räumungsklage durch den Vermieter muss nicht bedeuten, dass das Mietverhältnis beendet ist und der Mieter die Wohnung tatsächlich verlassen muss.

    Selbst wenn der Vermieter in seiner Kündigung nachvollziehbare Eigenbedarfsgründe gegenüber dem Mieter geltend macht, kann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der persönlichen Situation des Mieters gefordert werden.

    Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Mieter oder eine andere in der Wohnung lebende Person wegen der Räumung Lebens- oder Gesundheitsgefahr drohen würde, z. B. bei

     

        • Suizidgefahr
        • schwerer Erkrankung
        • fortgeschrittener Schwangerschaft
        • Geburt eines Kindes oder
        • Gebrechlichkeit im hohen Alter.

    Kommt das Gericht in derartigen Fällen zu der Überzeugung, dass durch die Räumung eine sittenwidrige Härte, v. a. eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) entsteht, so hat es in seiner Entscheidung eine Abwägung des Mieterinteresses am Behalt der Wohnung mit dem Interesse des Vermieters, seine grundrechtlich geschützte Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) durchzusetzen, durchzuführen.

    Für wen darf ich Eigenbedarf anmelden?

    In dem oben genannten Fall des Landgerichts München hatte dieses über einen besonders pikanten Fall zu entscheiden, in welchem sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite persönliche Belastungen wegen gesundheitlicher Probleme geltend gemacht wurden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Vermieterin kündigte Wohnung wegen Eigenbedarfs, da sie bei Arztbesuchen in der Wohnung wohnen müsse

    Die Beklagten hatten von der Klägerin mit Mietvertrag vom 12.07.2007 eine Wohnung gemietet. Am 26.03.2012 sowie am 29.06.2012 kündigte die Klägerin die Wohnung wegen Eigenbedarf.

    Begründet wurde der Eigenbedarf durch die Klägerin damit, dass diese aufgrund einer zuvor erlittenen Krebserkrankung regelmäßig in der Stadt zur Nachsorge untersucht werden müsste. Die Klägerin selbst sei jedoch in Italien wohnhaft, die dafür erforderlichen Hotelaufenthalte würden zu einer deutlichen finanziellen Strapazierung der Klägerin führen. Sie selbst wohne derzeit in einem Haus eines Bekannten in Italien, aus persönlichen Gründen sei sie dort zum Auszug gezwungen.

    Mieter widersprachen der Kündigung wegen Depressionen, sowie Posttraumatischer Belastungsstörung

    Mit Schreiben vom 12.07.2012 widersprachen die Beklagten der Kündigung und führten aus, dass die Beklagte zu 1) aufgrund diverser Krankheiten – einer chronischen komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, schweren Depressionen sowie Morbus Crohn – nicht in der Lage sei, auszuziehen.

    Die Beklagte zu 1) habe in der angemieteten Wohnung ihren Lebensmittelpunkt gefunden und fühle sie dort sehr wohl. Ihr gesundheitlicher Zustand habe sich dort merklich verbessert. Bei einem möglichen Auszug bestünde die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes.

    Amtsgericht folgte Ansicht der Mieter und bestimmte die Fortsetzung des Mietverhältnisses

    Nach Beweisaufnahme durch Einvernahme von Zeugen und sachverständiger Begutachtung der Beklagten zu 1) wies das zunächst angerufene Amtsgericht M. die Klage wegen festgestellter Suizidgefahr der Beklagten zu 1) mit Endurteil vom 21.08.2013 ab und sprach zugleich die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit aus.

    Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung zum Landgericht München ein.

    Urteil des Landgerichts München

    Landgericht bestätigte das Urteil des Amtsgerichts

    Das Landgericht München folgte der Ansicht des Amtsgerichts und urteilte, dass dieses zu Recht eine Fortsetzung des Mietverhältnis gemäß §§ 574, 574a BGB ausgesprochen habe.

    Bei der dabei durchzuführenden Interessenabwägung im Sinne des § 547 Abs. 1 S. 1 BGB hätten vorliegend die Interessen der Beklagten an der Fortsetzung des Mietverhältnis überwogen.

    Nach Interessenabwägung würden die Härtegründe der Mieter die Interessen der Vermieterin überwiegen

    Für die durch das Gericht vorzunehmende Interessenabwägung seien zunächst die Interessen der Beklagten an der Fortführung des Mietverhältnisses zu ermitteln. Erforderlich sei daher, dass die Vertragsbeendigung für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die nicht zu rechtfertigen sei.

    Unter einer Härte seien dabei alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art zu verstehen, die in Folge der Vertragsbeendigung auftreten könnten.

    Dabei müsse der Eintritt der Nachteile nicht mit absoluter Sicherheit feststehen, es genüge vielmehr, wenn solche Nachteile mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten seien.

    Obwohl der Anwendungsbereich des § 574 BGB sich nicht nur auf den Mieter, sondern auch auf Familie oder andere Angehörige seines Haushaltes erstrecken würde, bedürfe es dieser Erweiterung nicht, weil die Nachteile im vorliegenden Fall die Beklagte zu 1) als Mieterin unmittelbar treffen würden.

    Vorliegend sei als Härtegrund die gesundheitlichen Einschränkungen der Beklagten zu 1) zu berücksichtigen. Eine Räumungsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit sei als Härtegrund im Rahmen des § 574 BGB zu berücksichtigen, ungeachtet des Umstandes, ob es sich um körperliche, geistige oder seelische Erkrankungen handele.

    In diesen Fällen liege eine Räumungsunfähigkeit vor, wenn der Mieter aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht in der Lage sei, eine Ersatzwohnung zu finden und dort hin umzuziehen oder wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert werden würde.

    Aufgrund der Feststellung des Amtsgerichts M., an welches sich das Berufungsgericht vorliegend gebunden sehe, stünde fest, dass die Beklagte zu 1) im Falle des Wohnungsverlustes von der akuten Gefahr der Begehung eines Suizids bedroht sei.

    Dies ergebe sich für das Amtsgericht M. aus dem Sachverständigengutachten des Herrn Sachverständigen D. Der Sachverständige komme zu dem Ergebnis, dass bei der Beklagten zu 1) eine posttraumatische Belastungsstörung mit Chronifizierung in Form einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung, eine rezidivierende depressive Störung, welche sich gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode befindet, eine Essstörung sowie eine differenzialdiagnostische zu erwägende emotionale instabile Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline vorliege.

    Der Sachverständige fasse diese vorliegende Diagnose als „schwer psychisch krank“ zusammen. Der Sachverständige habe diese Erkrankung im Hinblick auf die Bedeutung der Wohnung für die Beklagte zu 1) zudem dahingehend eingeordnet, dass die Wohnsituation für die Beklagte zu 1) ganz elementar sei.

    Die Beklagte zu 1) würde Stabilität und Sicherheit weder in einer Partnerschaft oder in einer Beziehung zu einem Kind finden, auch eine befriedigende berufliche Situation läge für diese nicht.

    Auf Seiten der Klägerin dürften nur die Gründe Berücksichtigung finden, welche in dem Kündigungsschreiben angegeben seien, eine Ausnahme sei nur dann zu machen, wenn diese Gründe erst nach Absenden des Kündigungsschreibens entstanden seien, § 574 Abs. 3 BGB.

    Bei der Interessenabwägung des § 574 BGB sei das Bestandsinteresse des Mieters mit dem Erlangungsinteresse des Vermieters in Beziehung zu setzen. Dabei sei zu fragen, welche Auswirkung eine Vertragsbeendigung für den Mieter haben würde und wie sich eine Vertragsfortsetzung auf den Vermieter auswirken würde.

    Bei dieser Interessenabwägung seien die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Als grundgesetzlich geschützte Position stelle sich somit einerseits das Eigentumsrecht des Vermieters an der Erlangung seines Eigentums, andererseits aber auch das Bestandsinteresse der Mieters sowie, wie im vorliegenden Fall, der grundgesetzlich geschützte Bereich des Lebens und der Gesundheit des Mieters dar.

    Die Interessen des Mieters an der Erhaltung seiner Gesundheit hätten somit im allgemeinen Vorrang vor allgemeinen Finanzinteressen des Vermieters.

    Auch sei von Seiten des Amtsgerichtes die Fortführung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit ebenfalls zu Recht ausgesprochen worden. Gemäß § 574 a Abs. 2 S. 2 BGB sei eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit auszusprechen, wenn ungewiss sei, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, aufgrund derer die Beendigung des Mietverhältnis für den Mieter eine Härte darstellen würde.

    Trotz ihrer systematischen Stellung gelte diese Vorschrift auch für den Anspruch aus § 574 a Abs. 1 BGB. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen in der Anhörung, in welcher er geäußert habe, dass er hinsichtlich einer Verbesserung von Jahren ausginge, da der bisherige Fortschritt der Beklagten zu 1) ebenfalls in Jahren erzielt wurde, sei ein bestimmter Zeitraum, innerhalb derer eine Räumungsfähigkeit der Beklagten zu 1) erzielt werden könne, nicht festzustellen.

    Quelle: Landgericht München

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  3. Mietrecht: Die ordentliche Kündigung eines ansonsten vertragstreuen Mieters kann auch bei erheblichen Zahlungsverzuges rechtsmissbräuchlich sein.

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    Landgericht Berlin, 4.10.2013, Az.: 63 S 421/12

    Gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Errichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete ist oder ein einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Errichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

    Die Kündigung ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Vermieter vor dem Zugang der Kündigung befriedigt wird. Bei Wohnraumverhältnissen ist eine Heilung der Kündigung auch nach deren Zugang möglich. Dieser Fall ist in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geregelt.

    Danach wird die Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs befriedigt wird.

    Der Vermieter kann allerdings die Verletzung der Zahlungspflicht als Anlass für eine ordentliche Kündigung i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nehmen. Die Pflichtverletzung müsste jedoch erheblich sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechte und Belange des Vermieters nicht nur geringfügig beeinträchtigt sind. Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

    In dem oben genannten Urteil beschäftigte sich das Landgericht Berlin im Rahmen einer Räumungsklage mit der Frage der Wirksamkeit der wegen Zahlungsverzuges ausgesprochenen Kündigung.

    Sachverhalt: Der klagende Vermieter wollte durch die Räumungsklage den säumigen Mieter aus der vermieteten Wohnung klagen.

    Der Beklagte befand sich im Zahlungsverzug von insgesamt 1.519,44 Euro und somit mit mehr als zwei Monatsmieten. Dieser Betrag setzte sich zu einen aus den Mietrückständen und zum anderen aus der Nachzahlung, die aufgrund eines in einem früheren Prozess geschlossenen Vergleichs zu erbringen war, zusammen.

    Aufgrund des Zahlungsverzuges kündigte der Kläger das Mietverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos, hilfsweise unter Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist.

    Wenige Tage nach Zugang der Kündigung beglich der Beklagte den vollständigen Rückstand. Dennoch erhob der Kläger die Räumungsklage.

    Landgericht Berlin: Das Gericht wies die Klage ab. Die fristlose Kündigung sei wegen Zahlungsverzugs gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) BGB jedenfalls nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB aufgrund erfolgten Zahlung des gesamten geltend gemachten Rückstands in Höhe von 1.519,44 EUR unwirksam geworden.

    Auch die ordentliche Kündigung sah das Gericht als nicht begründet an. Zwar habe in dem Verhalten des Beklagten eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gelegen, soweit er zumindest den im vor dem Landgericht Berlin geschlossenen Prozessvergleich der Parteien vom 12.08.2011 dort vereinbarten Betrag von 564,31 EUR zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht beglichen habe.

    Denn im Falle des Zahlungsverzugs genüge zum Vorliegen der objektiven tatbestandlichen Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Mietrückstand von mehr als einer Monatsmiete und eine Verzugsdauer von mehr als einem Monat, was beides hier gegeben sei.

    Dahin stehen könne, ob diese Pflichtverletzung des Beklagten in hinreichendem Maße erheblich schuldhaft verursacht sei.

    Bei der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen schuldhafter nicht unerheblicher Pflichtverletzung des Mieters bestehe für eine vorherige Abmahnung grundsätzlich kein Bedarf.

    Allerdings könne der Abmahnung für die Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ausnahmsweise insofern Bedeutung zukommen, als erst ihre Missachtung durch den Mieter dessen Pflichtverletzung das erforderliche Gewicht verleihe, etwa weil vorher nur ein schlichtes Versehen des Mieters vorgelegen hat oder eine Duldung des Vermieters zu vermuten war; zwar mache dies die Abmahnung nicht zu einer zusätzlichen Voraussetzung der ordentlichen Kündigung, es sei aber ein Gesichtspunkt bei der Prüfung, ob eine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters vorliege.

    Da in vorliegendem Fall zwar der aus dem Wortlaut des Vergleichstextes deutlich ersichtliche Teilbetrag von 564,31 EUR als fällige Summe dem Beklagten unmittelbar als von ihm zu zahlender Rückstand ersichtlich sein müsse, entlaste ihn seine Behauptung, der vormalige Prozessbevollmächtigte habe ihn über die Höhe des geschuldeten Betrags nicht informiert, nicht, zumal er bei Abschluss des Vergleichs persönlich anwesend gewesen sei.

    Jedoch setze sich der gesamte, der Kündigung zugrunde liegende Rückstand aus weiteren Einzelbeträgen zusammen. Der sich rechnerisch hieraus ergebende Gesamtrückstand habe zur Zeit der Kündigung demgemäß aus einer Summe von Einzelbeträgen bestanden, so dass im Sinne der zuvor dargestellten Ausführungen bei der Beurteilung des Gewichts der Pflichtverletzung des Beklagten durchaus in die Waagschale zu werfen sei, dass eine vorherige Abmahnung unter Darstellung einer Berechnung der geschuldeten Rückstände im Einzelnen ihn unverzüglich veranlasst hätte, nicht nur das Ausmaß des bereits entstandenen Zahlungsverzugs zu erkennen, sondern diesen auch umgehend auszugleichen und hierdurch sofort zu vertragsgemäßem Verhalten zurückzukehren.

    Zwar übersteige der aufgelaufene Rückstand zwei Monatsmieten und rechtfertige den Ausspruch der fristlosen Kündigung. Der Beklagte habe jedoch wenige Tage nach Zugang der Kündigung den rückständigen Betrag vollständig beglichen. Überdies bestünde das Mietverhältnis der Parteien seit 1989 und der Beklagte habe sich im Hinblick auf seine Zahlungsverpflichtungen stets vertragstreu verhalten, so dass die nachträgliche Zahlung des Beklagten zu seinen Gunsten in der Weise berücksichtigt werden könne, dass sie sein vorheriges Fehlverhalten jedenfalls in einem milderen Licht erscheinen lasse.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  4. Mietrecht: Die eigenmächtige Räumung einer Wohnung durch den Vermieter kann zu Schadensersatz führen

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    Amtsgericht Hannover, 06.11.2013, Az.: 502 C 7971/13

    Die Vermietung von Wohnraum ist für Vermieter bekanntermaßen nicht frei von Risiken. Eine Gefahr besteht insbesondere durch sogenannte Mietnomaden. Diese ziehen von Wohnung zu Wohnung und hinterlassen hohe Mietschulden und oftmals eine verwüstete Wohnung.

    Insbesondere für private Kleinvermieter, welche nur ein oder zwei Wohnungen vermieten, kann dies schnell zur Existenzbedrohung werden, wenn diese auf die Mieteinnahmen angewiesen ist.

    In solchen Fällen kann es leicht dazu kommen, dass der Vermieter zur Selbsthilfe greift und das vermietete Wohnobjekt bzw. Teile davon selbst räumt, wenn der Mieter gerade nicht zugegen ist. Von derartigen Maßnahmen ist allerdings dringend abzuraten.

    Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter stellt grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht gem. § 858 Abs. 1 BGB und zugleich eine unerlaubte Selbsthilfe i.S. von § 229 BGB dar.

    Wenn der Vermieter also eigenmächtig tätig wird, haftet er somit nicht nur verschuldensabhängig aus den §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 und 2 BGB, sondern darüber hinaus sogar verschuldensunabhängig nach § 231 BGB.

    In dem oben genannten Fall des Amtsgerichts Hannover räumte der beklagte Vermieter den Keller seiner klagenden Mieterin und wurde danach von dieser auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

    Sachverhalt: Die Klägerin hatte in den zu ihrer Wohnung gehörenden Kellerraum verschiedene Gegenstände und ihre Winterschlaf haltende Schildkröte eingelagert.

    Zuletzt hatte sie im Januar 2013 nach ihrer Schildkröte Max geschaut, als ihr Lebensgefährte etwa 4 Wochen später nach Max schauen wollte, war der Keller leer geräumt.

    Der Vermieter ließ in diesem Zeitraum den angeblich nicht mit einem Vorhängeschloss gesicherten Keller räumen und entsorgte die Gegenstände, auch die 25-jährige Vierzehenschildkröte, die sich in der Tiertransportbox befand, auf dem örtlichen Bauhof.

    Der Vermieter argumentierte, dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass der Keller noch genutzt werde. Auch sei die Tür unverschlossen gewesen und der Hausmeister habe eine Nachricht an der Kellertür angebracht, auf die 3 Wochen niemand reagiert habe.

    Amtsgericht Hannover: Das Amtsgericht Hannover folgte der Ansicht der klagenden Mieterin und urteilte, dass der Vermieter nicht davon ausgehen durfte, dass der Besitz am Keller aufgegeben worden sei, nur weil kein Schloss angebracht gewesen sei.

    Auch durch den an der Kellertür angebrachten Zettel habe sich keine Pflicht der Mieterin zur Reaktion ergeben. Schließlich sei es nicht ungewöhnlich, dass Mieter die ihnen zugewiesenen Kellerräume nur in größeren Abständen anlassbezogen aufsuchen.

    Eine Räumung zur Selbsthilfe sei nur zulässig, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden könne und ohne sofortiges Eingreifen eine Gefahr bestünde. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

    Quelle: Amtsgericht Hannover

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