Rechtsanwalt in Köln für Visum Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt in Köln für Visum

  1. Ausländerrecht: Zurückweisung eines russischen Staatsangehörigen wegen Falschangaben bei Visabeschaffung

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    VG München, 04.12.2013, Az.: M 23 S 13.5250

    Gemäß § 15 Abs. 1 AufenthG wird ein Angehöriger eines Staates, der nicht der Europäischen Union angehört, an der Grenze zurückgewiesen, wenn dieser unerlaubt einreisen will. Gemäß § 15 Abs. 2 AufenthG kann ein Ausländer an der Grenze dann zurückgewiesen werden, wenn

    1.) ein Ausweisungsgrund vorliegt,

    2.) der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient,

    2a.) er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder

    3.) er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt.

    Die aus diesen Gründen erfolgte Einreiseverweigerung/Zurückweisung ist eine unaufschiebbare Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten. Dies wiederum bedeutet, dass gegen eine solche Maßnahme zwar ein Widerspruch möglich ist, diesem Widerspruch jedoch keine aufschiebende Wirkung zukommt. Die Einreiseverweigerung/Zurückweisung kann somit durch die Polizeivollzugsbeamten trotz Widerspruchs sofort vollzogen werden.

    Wenn der Ausländer also Widerspruch gegen die Einreiseverweigerung/Zurückweisung einlegen will, muss er darüber hinaus nach § 80 Abs. 5 VwGO den Antrag stellen, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Zurückweisung anzuordnen, um nicht sofort zurückgewiesen zu werden.

    Über einen solchen Antrag hatte in dem oben genannten Beschluss das Verwaltungsgericht München zu entscheiden.

    Sachverhalt: Der in Russland geborene Antragsteller war russischer Staatsangehöriger und im Jahre 2013 alleine per Flugzeug von Moskau nach München geflogen. Bei der Einreisekontrolle hatte er einen Reisepass mit einem griechischen Einreisevisum vorgelegt. Das im November 2013 erteilte Schengen-Visum der Kategorie C hatte eine Gültigkeitsdauer von November 2013 bis Dezember 2013 für eine Einreise und 14 Aufenthaltstage.

    Bei der Einreisebefragung durch die Bundespolizei, bei der ein Sprachmittler anwesend war, hatte der Antragsteller angegeben, dass er an einer Reise teilnehme, die kurzfristig von der Regierung von Russland beschlossen worden sei. Er sei nach Deutschland gekommen, um an Verhandlungen von Ministerien teilzunehmen. Deutschland sei sein ursprüngliches Reiseziel gewesen sei. Er sei davon ausgegangen, dass seine Mitarbeiter, die für ihn das Visum beantragt hätten, in der kurzen Zeit ab Planung der Reise kein deutsches Visum mehr beantragen hätten können und daher ein griechisches Visum beantragt hätten.

    Die Bundespolizei wies daraufhin den Antragsteller zurück und verweigerte ihm die Einreise. Sie stützte diese Entscheidung auf § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 562/2006 – Schengener Grenzkodex – SGK und begründete die Einreiseverweigerung in dem standardisierten Formular damit, dass die Einreise ohne gültiges Visum oder gültigen Aufenthaltstitel erfolgt sei.

    Gegen diese Verweigerung beantragte der Antragsteller per Fax bei dem Verwaltungsgericht München sinngemäß nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Zurückweisung anzuordnen. Eine Begründung des Antrags erfolgte nicht.

    Entgegen der per Fax übermittelten Bitte des Bayerischen Verwaltungsgerichts an die Bundespolizei, bis zur Entscheidung über den Antrag von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, erfolgte die Rückführung des Antragstellers im November 2013.

    Verwaltungsgericht München: Das Verwaltungsgericht München entschied nun in dem oben genannten Beschluss, dass der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Einreiseverweigerung anzuordnen, zulässig sei.

    Der Antrag würde sich gegen eine unaufschiebbare Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO richten, gegen welche ein Widerspruch zwar statthaft sei, welchem jedoch keine aufschiebende Wirkung zukomme (vgl. auch Art. 13 Abs. 3 UAbs. 2 SGK).

    Auch sei der Antrag weder durch eine gegebenenfalls bisher noch nicht förmlich erfolgte Einlegung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache, vgl. § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO, noch durch die vollzogene Rückreise unzulässig geworden, da sich die Zurückweisung hierdurch weder erledigt habe noch irreversibel vollzogen worden sei.

    Allerdings sei der zulässige Antrag unbegründet.

    Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 VwGO habe das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Es habe dabei abzuwägen zwischen dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.

    Bei dieser Abwägung seien die Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen. Würde die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergeben, dass der Widerspruch offensichtlich erfolglos bleiben werde, würde das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurücktreten.

    Erweise sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, bestünde kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Sei der Ausgang des Widerspruchsverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibe es bei der Interessenabwägung.

    Im vorliegenden Fall sei nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung davon auszugehen, dass ein Widerspruch des Antragstellers offensichtlich erfolglos bleiben würde. Damit würde das in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO gesetzlich angeordnete öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen.

    Dem Antragsteller sei nach § 15 Abs. 1 AufenthG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 SGK die Einreise zu verweigern gewesen, weil er nach dem mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29. August 2013 (BGBl I S. 3485) neu eingefügten § 14 Abs. 1 Nr. 2a AufenthG unerlaubt einreisen wollte.

    Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedürften Ausländer für die Einreise in das Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht u. a. durch das Recht der Europäischen Union etwas anderes bestimmt sei.

    Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2a AufenthG sei die Einreise in das Bundesgebiet unerlaubt, wenn der Ausländer zwar ein nach § 4 AufenthG erforderliches Visum bei der Einreise besäße, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen worden sei und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert werde.

    Der Antragsteller sei zwar im Besitz eines griechischen Schengen-Visums gewesen, welches grundsätzlich auch zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland berechtige.

    Dieses Schengen-Visum sei jedoch durch falsche Angaben gegenüber den griechischen Behörden erschlichen worden. Denn der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, nach Griechenland einzureisen, sondern habe von an Anfang an eine Reise in die Bundesrepublik Deutschland geplant.

    Die Bundespolizei sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass es ernsthafte Gründe zu der Annahme gebe, dass das Visum in betrügerischer Weise erlangt worden und daher nach Art. 34 VO (EG) Nr. 810/2009 – Visakodex i.V.m. Art. 13 Abs. 6 i.V.m. Anhang V Teil A SGK zu annullieren sei.

    Bei dieser Beurteilung sei auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen; die Bundespolizei müsse vor Ort unter einem gewissen Zeitdruck eine Entscheidung treffen. Der Antragsteller könne sich auch nicht darauf berufen, dass er von den falschen Angaben keine Kenntnis habe. Der Antragsteller habe den Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums selbst unterschreiben müssen und hierbei nicht nur die Reiseangaben, sondern auch die Belehrung bezüglich der Abgabe von falschen Erklärungen zur Kenntnis nehmen müssen.

    Auch sei dem Antragsteller nach seinen eigenen Angaben bewusst gewesen, dass ein griechisches Schengen-Visum schneller zu erlangen ist.

    Die Einreise war daher gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2a AufenthG unerlaubt und der Antragsteller damit nach § 15 Abs. 1 AufenthG zwingend zurückzuweisen. Auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrunds auf Grund der Erfüllung eine Straftatbestands nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 6 AufenthG sowie auf einen gegebenenfalls vorhandenen Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen zwingenden Zurückweisungsbestimmungen in Art. 13 SGK komme es daher nicht mehr an.

    Quelle: Verwaltungsgericht München

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Der Aufenthalt von Bürgern der Europäischen Union und der Schweiz in Deutschland

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    Zu den Voraussetzungen und den rechtlichen Regelungen des Aufenthaltes von EU und EWR Bürgern sowie Bürgern der Schweiz in Deutschland.

    1. Aufenthalt von EU/EWR-Bürgern in Deutschland

    Der Aufenthalt von EU-Bürgern und EWR-Bürgern in Deutschland richtet sich nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU).

    Danach sind solche EU-Bürger und EWR-Bürger unter Anderem in Deutschland freizügigkeitsberechtigt,

    –       die sich in Deutschland nur bis zu drei Monaten aufhalten.

    –       die in Deutschland einer nichtselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen.

    –       die in Deutschland Dienstleistungen erbringen oder empfangen.

    –       die als vormalig selbstständige und nichtselbstständig Erwerbstätige nach der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 und Richtlinie 75/34/EG verbleibeberechtigt sind.

    –       die arbeitssuchend sind.

    –       die eine Berufsausbildung in Deutschland machen.

    –       die in Deutschland studieren.

    –       die bereits ihre Rente empfangen.

    –       die Daueraufenthaltsberechtigt sind (nach einem ständigen rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens fünf Jahren bzw. drei Jahren in besonderen Fällen).

    Neben den EU-Bürgern und EWR-Bürgern können ebenfalls deren Familienangehörige in Deutschland freizügigkeitsberechtigt sein.

    Dies ist unter Anderem der Fall

    –       bei Ehegatten und Lebenspartnern von EU-Bürger und EWR-Bürgern

    –       bei Verwandten in absteigender Linie, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben

    –       bei Verwandten in aufsteigender und absteigender Linie einer freizügigkeitsberechtigten Person oder ihres Ehegatten bzw. Lebenspartners, denen diese Unterhalt gewähren

    Nicht-Erwerbstätige EU-Bürger und EWR-Bürger können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls freizügigkeitsberechtigt sein.

    Bis Januar 2013 wurde EU-Bürgern und EWR-Bürgern zur Dokumentation ihrer Freizügigkeit eine sogenannte Freizügigkeitsbescheinigung ausgestellt.

    Aufgrund der Änderung des FreizügG/EU am 29.01.2013 wird eine solche Freizügigkeitsbescheinigung nicht mehr ausgestellt.

    Unionsbürger bekommen bei Anmeldung somit nur noch eine Meldebescheinigung nach dem Melderecht.

    Somit ist bei Unionsbürgern grundsätzlich vom Vorliegen eines Freizügigkeitsrechtsrechts auszugehen und das Nichtbestehen dieses Rechts muss von der prüfenden Behörde festgestellt werden.

    Eine solche Prüfung darf nur im Einzelfall und bei begründeten Zweifeln an dem Freizügigkeitsrecht erfolgen. Auch die Beweislast trägt die Behörde.

    Folgende Bescheinigungen oder Aufenthaltskarten sieht das FreizügG/EU vor:

    –        Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht von Unionsbürgern, § 5 Abs. 5 i. V. m. § 4 a FreizügG/EU

    –       Aufenthaltskarte für Angehörige von Unionsbürgern § 5 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU

    –       Daueraufenthaltskarte für Angehörige von EU/EWR-Bürgern § 5 Abs. 5 i. V. m. § 4 a Abs. 1 FreizügG/EU

    2. Aufenthalt von Staatsangehörigen der Schweiz in Deutschland

    Für Schweizer gelten aufgrund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen EG/Schweiz) besondere Regelungen.

    Folgende Aufenthaltstitel sieht das Freizügigkeitsabkom­men EG/Schweiz vor:

    –       Aufenthaltserlaubnis für freizügigkeitsberechtigte Schweizer § 28 S. 2 AufenthV i. V. m. Freizügigkeitsabkom­men EG/Schweiz

    –       Aufenthaltserlaubnis für Angehörige von freizügigkeitsberechtigten Schweizern § 28 S. 2 AufenthV i. V. m. Freizügigkeitsabkommen EG/Schweiz

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  3. Ausländerrecht: Örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde für Entscheidungen zur Befristung einer Abschiebung.

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    Bundesverwaltungsgericht, 22.03.2012, Az.: 1 C 5.11

    Abschiebungen von Ausländern haben gem. § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Folge, dass der Ausländer, zunächst nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf.

    Gem. § 11 Abs. 1 S. 2 AufenthG darf dem Ausländer auch kein Aufenthaltstitel erteilt werden.
    Allerdings können die Wirkungen der Abschiebung gem. § 11 Abs. 1 S. 3 AufenthG auf Antrag befristet werden. Da der Antrag auf Befristung ordnungsgemäß begründet werden sollte, sollte ein Rechtsanwalt mit der Befristung beauftragt werden. Dies insbesondere deshalb weil die Entscheidung über die Frist und die Länge der Frist im Ermessen der Behörde liegt.

    Gem. § 11 Abs. 1 S. 4 ist die Frist durch die zuständige Ausländerbehörde unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.

    Ermessenskriterien der Behörde sind zum Beispiel die Länge einer Freiheitsstrafe, die zu einer Ausweisung geführt hat, die Bezahlung von Abschiebekosten oder ob der Antragsteller Ehefrau oder Kinder in Deutschland hat.

    Problematisch ist es jedoch, die zuständige Ausländerbehörde für die Befristung der Abschiebung festzustellen, da das Aufenthaltsgesetz in § 71 AufenthG nur die sachliche, nicht aber die örtliche Zuständigkeit regelt.

    Genau diese Problematik hatte die oben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenstand.

    Sachverhalt: Die 1934 geborene Klägerin war türkische Staatsangehörige. Sie reiste im Oktober 1984 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Im Rahmen des Asylverfahrens wurde sie im Januar 1985 der Stadt S. im Hochsauerlandkreis (Nordrhein-Westfalen) zugewiesen und nahm dort ihren Wohnsitz.

    Nach Ablehnung ihres Asylantrags wurde sie zur Ausreise aufgefordert, befolgte die Aufforderung jedoch nicht, wurde dann aber nach mehreren Duldungen 1988 auf Veranlassung des Landrats des beigeladenen Hochsauerlandkreises abgeschoben.

    Nach einer kurzen Wiedereinreise, während dessen die Klägerin einen Asylfolgeantrag gestellt hatte, wurde sie auf Betreiben des Landrats des Hochsauerlandkreises im Jahre 2005 erneut in die Türkei abgeschoben.

    Im Februar 2006 beantragte die Klägerin dann beim Landrat des Hochsauerlandkreises, die Wirkung ihrer Abschiebungen von 1988 und 2005 mit sofortiger Wirkung zu befristen.

    Als Begründung führte sie aus, dass sie an altersbedingten Krankheiten leide und darauf vertraue, die notwendige Lebenshilfe bei ihrem in Berlin lebenden Sohn erlangen zu können.

    Mit der Aufhebung der Sperrwirkung solle eine der Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass ein Visum zum Familiennachzug erwirkt werden könne.

    Der Landrat des Hochsauerlandkreises befristete die Wirkung der Abschiebungen mit Bescheid vom 3. April 2006 auf den 30. April 2010. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhobene Klage wurde im April 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Landrat des Hochsauerlandkreises sei im Hinblick auf die begehrte Befristungsentscheidung nicht passiv legitimiert sei.

    Die Klägerin beantragte daraufhin im Dezember 2009 bei der Ausländerbehörde des beklagten Landes Berlin, die Wirkungen der Abschiebungen von 1998 und 2005 mit sofortiger Wirkung zu befristen.

    Dabei gab sie an, dass sie beabsichtige, nach der Befristungsentscheidung ein Visum für den Nachzug zu ihrem in Berlin lebenden Sohn zu beantragen.

    Die Ausländerbehörde des Beklagten teilte der Klägerin mit, dass sie sich für die Bescheidung des Befristungsbegehrens als nicht zuständig ansehe und den Antrag daher an die zuständige Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises abgegeben habe.

    Der Landrat des Hochsauerlandkreises wiederum setzte die Ausländerbehörde des Beklagten im Februar 2010 darüber in Kenntnis, dass nach seiner Auffassung nicht er, sondern der Beklagte für die Befristungsentscheidung zuständig sei, und erteilte zugleich sein Einvernehmen mit einer Entscheidung des Beklagten.

    Im März 2010 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben, mit der sie die Verpflichtung des beklagten Landes Berlin zur sofortigen Befristung der Wirkungen der Abschiebungen von 1988 und 2005 begehrte.

    Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2011 mit der Begründung ab, dass das beklagte Land Berlin nicht sachentscheidungsbefugt sei, weil die Annexkompetenz für die Befristungsentscheidung bei der Behörde liege, die die Abschiebung veranlasst habe.

    Gegen diese Entscheidung richtete sich die Klägerin mit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht.

    Bundesverwaltungsgericht: Das Bundesverwaltungsgericht folgte der Ansicht des Verwaltungsgerichts zumindest im Ergebnis, dass das beklagte Land für die Befristungsentscheidungen nicht zuständig sei.

    Das Aufenthaltsgesetz treffe in § 71 AufenthG nur eine Regelung über die sachliche Zuständigkeit und nicht zur örtlichen Zuständigkeit. Damit bestünde für die nachträgliche Befristung der Wirkungen einer Ausweisung oder Abschiebung sowie deren nachträgliche Änderung auch nicht mehr die noch in § 15 Abs. 1 Satz 3 AuslG 1965 geregelte Annexkompetenz der Behörde, die den Ausländer ausgewiesen oder abgeschoben habe.

    Vielmehr berücksichtige das Aufenthaltsgesetz – wie zuvor schon das Ausländergesetz 1990 – mit Rücksicht auf die Kompetenz der Länder zur eigenverantwortlichen Ausführung von Bundesgesetzen nach Art. 83 GG den Grundsatz, dass die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörden grundsätzlich Sache der Länder sei.

    Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ergäbe sich eine Annexkompetenz der den Bescheid erlassenden Ausgangsbehörde für nachträgliche Befristungsentscheidungen auch nicht aus einem angeblich dem Verwaltungsverfahrensgesetz zu entnehmenden Grundsatz, demzufolge für nachträgliche Beschränkungen eines Verwaltungsaktes – wie etwa Rücknahme und Widerruf – grundsätzlich die Ausgangsbehörde zuständig bleibe.

    Dass im vorliegenden Fall die Ausländerbehörde der Beklagten für die begehrte Befristungsentscheidung nicht zuständig sei, ergäbe sich vielmehr aus folgenden Erwägungen.

    Die für das Befristungsbegehren zuständige Behörde sei in zwei Schritten zu bestimmen.

    In einem ersten Schritt sei festzustellen, welches Bundesland die Verbandskompetenz zur Sachentscheidung besitze. Diese Frage sei – wenn keine speziellen koordinierten landesrechtlichen Kompetenzregelungen vorliegen – durch entsprechende Anwendung der mit § 3 VwVfG übereinstimmenden Regelungen über die örtliche Zuständigkeit in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder zu beantworten.

    In einem zweiten Schritt sei auf der Grundlage des Landesrechts des zur Sachentscheidung befugten Bundeslandes zu ermitteln, welche Behörde innerhalb des Landes örtlich zuständig sei.

    Aus der entsprechenden Anwendung der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG des Bundes übereinstimmenden Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder ergäbe sich hier, dass die Ausländerbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bescheidung des Befristungsbegehrens der Klägerin zuständig seien.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  4. Ausländerrecht: Die Voraussetzung ausreichender Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Deutschen ist eingeschränkt

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    Bundesverwaltungsgericht, 04.09.2012, Az.: 10 C 12.12

    Die Voraussetzungen des Ehegattennachzuges zu deutschen Staatsangehörigen oder zu ausländischen Staatsangehörigen sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

    Wir haben daher bereits des Öfteren über relevante Gerichtsverfahren berichtet:

    Auswirkungen der rechtlichen Unsicherheit des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug zu Deutschen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren

    Einfache Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Ausländern verfassungskonform

    Ehegattennachzug unrechtmäßig bei ungesichertem Lebensunterhalt der Familie

    Kein Ehegattennachzug wegen falscher Angaben im Schengen-Visum
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