Was tun nach Asylablehnung? Archive - Seite 2 von 2 - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Was tun nach Asylablehnung?

  1. Ausländerrecht: Die Regelungen des AsylbLG zu den Grundleistungen in Form von Geldleistungen sind verfassungswidrig

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    Bundesverfassungsgericht, 18.07.2012, Az.: 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11

    Das Asylbewerberleistungsgesetz („AsylbLG“) vom 01.11.1993 regelt die Höhe und die Form von Leistungen für materiell hilfebedürftige Asylbewerber in Deutschland.

    Nach dem AsylbLG sind Leistungen für Unterkunft, Hausrat, Ernährung, Kleidung und Körperpflegebedarf insbesondere in Form von Sachleistungen zu gewähren.

    § 3 AsylbLG regelt insofern die Grundleistungen für Asylbewerber. Gem. § 3 Abs. 1 AsylbLG wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt.

    Zusätzlich zu den Sachleistungen erhalten Leistungsberechtigte
    1. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 40 Deutsche Mark,
    2. von Beginn des 15. Lebensjahres an 80 Deutsche Mark
    monatlich als Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens.

    Gem. § 3 Abs. 2 AsylbLG können bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach Absatz 1 Satz 1 Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden.

    Der Wert beträgt
    1. für den Haushaltsvorstand 360 Deutsche Mark,
    2. für Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres 220 Deutsche Mark,
    3.für Haushaltsangehörige von Beginn des 8. Lebensjahres an 310 Deutsche Mark

    Der Anwendungsbereich des AsylbLG wurde mit den Jahren mehrmals erweitert.

    Leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind mittlerweile neben Asylsuchenden auch Kriegsflüchtlinge und andere im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis befindliche Personen, Geduldete und vollziehbar Ausreisepflichtige sowie deren Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder.

    In dem oben genannten Fall hat das BVerfG nun entschieden, dass die Regelungen des AsylbLG zu den Grundleistungen in Form von Geldleistungen verfassungswidrig sind.

    Sachverhalt: Der 1977 geborene Kläger reiste 2003 in die Bundesrepublik Deutschland ein, beantragte nach der Einreise erfolglos Asyl und wurde seither geduldet (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

    Gem. § 3 AsylbLG erhielt er seitdem Grundleistungen, zuletzt in Höhe von 224,97 Euro.

    Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Geldbetrag nach § 3 Abs. 1 AsylbLG in Höhe von 40,90 Euro und Leistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG in Höhe von 184,07 Euro, wovon 15,34 Euro auf die Stromkosten für die Unterkunft entfallen.

    Gegen die Höhe dieser Leistungen legte der Kläger Klage beim Sozialgericht ein. Dieses wies die Klage ab, woraufhin der Kläger Berufung zum Landessozialgericht einlegte.

    Das Landessozialgericht setzte das Verfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vor, ob § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 sowie § 3 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

    Bundesverfassungsgericht: Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat nun entschieden, dass die Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sind.

    Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG soll jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichern, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.

    Das Bundesverfassungsgericht sieht die Höhe der nach dem AsylbLG gewährten Geldleistungen insbesondere deswegen als evident unzureichend an, weil sie seit 1993 trotz erheblicher Preissteigerungen in Deutschland nicht verändert worden sind.

    Zudem sei die Höhe der Geldleistungen weder nachvollziehbar berechnet worden noch sei eine realitätsgerechte, am Bedarf orientierte und insofern aktuell existenzsichernde Berechnung ersichtlich.

    Der Gesetzgeber sei verpflichtet, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen.

    Bis zu deren Inkrafttreten habe das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistungen eine Übergangsregelung getroffen.

    Danach sei ab dem 1. Januar 2011 die Höhe der Geldleistungen auch im
    Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechend den Grundlagen der Regelungen für den Bereich des Zweiten und Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches zu berechnen.

    Dies gelte rückwirkend für nicht bestandskräftig festgesetzte Leistungen ab 2011 und im Übrigen für die Zukunft, bis der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Neuregelung nachgekommen sei.

    Quelle: Bundesverfassungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Behörde ist auch dann für das Existenzminimum eines Asylbewerbers verantwortlich, wenn Angehörige die Leistung verweigern

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    Sozialgericht Dortmund, 11.05.2011, S 47 AY 58/11 ER

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    Mittellose ausländische Zuwanderer und Flüchtlinge erhalten in aller Regel Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Zu diesem Grund beinhaltet das AsylbLG – neben den Leistungssystemen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und der Sozialhilfe – ein eigenständiges existenzsicherndes Leistungsrecht.

    Gegenüber dem Leistungsniveau der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) oder auch der Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) ist das Leistungsniveau des Asylbewerberleistungsgesetzes allerdings deutlich eingeschränkt.

    Der Regelfall der Hilfegewährung nach dem AsylbLG ist somit die Gewährung von Sachleistungen oder Wertgutscheinen.

    Geldleistungen sind nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände sowie in Gestalt eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung zulässig.

    Das Sozialgericht Dortmund hatte nun darüber zu entscheiden, ob einem Asylbewerber auch dann Leistungen zu gewähren sind, wenn sich ein Angehöriger nach dem Ausländerrecht zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Asylbewerbers verpflichtet hat, dann tatsächlich aber keinen Unterhalt leistet.

    Sachverhalt: Der ehemalige deutsche Schwiegersohn einer mit einem Besuchsvisum aus Simbabwe nach Deutschland eingereisten 64-jährigen Asylbewerberin hatte sich verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt und für die Ausreise der Antragstellerin zu tragen. Diese Leistungen verweigerte er aber nach Ablauf des Besuchsvisums.

    Die Stadt Hamm war insofern der Auffassung, dass sich die Antragstellerin zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts weiterhin an den Schwiegersohn wenden müsse.

    Sozialgericht Dortmund: Das SG Dortmund widersprach dieser Ansicht. Die Verpflichtungserklärung des Angehörigen stehe dem Leistungsanspruch nur dann entgegen, wenn der Verpflichtete den Lebensunterhalt tatsächlich sichere.

    Nur dies sei mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf staatliche Sicherung des Existenzminimums zu vereinbaren.
    Insofern sei es der Stadt Hamm unbenommen, aus der Verpflichtungserklärung gegen den Angehörigen der Antragstellerin vorzugehen.

    Die Stadt Hamm könne sich ihrer Verpflichtung zur Existenzsicherung auch nicht dadurch entziehen, dass sie die Antragstellerin auf ein bereit liegendes Rückreiseticket nach Simbabwe verweise.

    Eine etwaige Ausreiseverpflichtung der Antragstellerin dürfe nur in Anwendung ausländerrechtlicher Bestimmungen durchgesetzt werden.

    Quelle: Sozialgericht Dortmund

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  3. Ausländerrecht: Islamistischem Hetzprediger kann die Asylanerkennung widerrufen werden

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    Oberverwaltungsgericht Münster, 09.03.2011, Az.: 11 A 1439/07.A

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    Das deutsche Asylrecht für politisch Verfolgte ist in Deutschland ein Grundrecht, welches in Art. 16a GG festgelegt und im Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) spezifiziert wird.

    Die Entscheidung darüber, ob ein Antragsteller als Asylberechtigter qualifiziert wird, liegt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg.

    Auch die Entscheidung, ob die Gewährung von Asyl aufgehoben wird, ist Aufgabe des Bundesamtes (§§ 73 f. AsylVfG).

    Gem. § 73 Abs. 1 AsylVfG ist die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.

    Dies ist nach § 73 f. AsylVfG insbesondere dann der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

    Gem. § 73 Abs. 2 AsylVfG ist die Anerkennung als Asylberechtigter zurückzunehmen, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte.

    Die Prüfung ob Gründe für die Rücknahme oder den Widerruf der Asylberechtigung vorliegen, erfolgt im Rahmen einer sogenannten Regelprüfung, welche alle drei Jahre für den jeweiligen Asylanten vorzunehmen ist.

    Allerdings bedeutet eine Aufhebung nicht, dass der Asylberechtigte Deutschland umgehend verlassen muss, da die Entscheidung über eine Rückkehr ins Heimatland einschließlich aufenthaltsbeendender Maßnahmen nämlich nicht beim Bundesamt, sondern bei der jeweiligen Ausländerbehörde eines Bundeslandes liegt.

    Daher werden hinsichtlich der Verpflichtung zum Verlassen von Deutschland auch weitere Aspekte berücksichtigt, die nichts mit dem Widerruf zu tun haben; z.B. familiäre Bindungen und Aufenthaltsdauer.

    In der oben genannten Entscheidung hatte das OVG Münster nun darüber zu entscheiden, ob einem asylberechtigten Imam die Asylberechtigung widerrufen werden kann, weil dieser Hetzpredigten gegen Juden und Christen gehalten hat.

    Sachverhalt: Der Kläger war 1999 als Asylberechtigter anerkannt worden. Im April 2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanerkennung mit der Begründung, dass der als Imam muslimischer Gemeinschaften in Münster und Minden tätig gewesene Kläger „Hetzpredigten“ gegen „Ungläubige“ gehalten habe. Dabei habe der Imam unter Anderem gepredigt, „dass Gott den Rücken der Juden, Christen und ihrer Unterstützer brechen möge“.

    Darüber hinaus habe der Imam Verbindungen zu der islamistischen Terrororganisation „Al-Jihad Al-Islami“ gehabt, so dass nach Ansicht des Bundesamtes die Voraussetzungen für gesetzlich geregelte Asylausschlussgründe erfüllt gewesen seien.

    Gegen diese Entscheidung klagte der Imam daraufhin beim Verwaltungsgericht Minden, welches der Klage stattgab und den Widerrufsbescheid des Bundesamtes aufhob.

    OVG Münster: Das OVG Münster bestätigte allerdings nun die Ansicht des Bundesamtes und wies die Klage unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union, 09.11.2010 (C-57/09 und C-101/09) ab.

    Nach diesem Urteil kann eine Person von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden, wenn sie individuell für Handlungen verantwortlich ist, die von einer sich terroristischer Methoden bedienenden Organisation begangen wurden.

    Die Flüchtlingsanerkennungs-Richtlinie 2004/83/EG zielt auf die Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, sowie des Inhalts des zu gewährenden Schutzes.

    Nach dieser Richtlinie kann eine Person von der Anerkennung als Flüchtling u. a. dann ausgeschlossen werden, wenn schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass sie eine „schwere nichtpolitische Straftat“ begangen hat oder dass sie sich „Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“, zuschulden kommen ließ.

    Quelle: Oberverwaltungsgericht Münster

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