wer bezahlt die Kosten der Abschiebung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: wer bezahlt die Kosten der Abschiebung

  1. Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer illegal, muss er die Kosten der Abschiebung bezahlen

    Leave a Comment

    Verwaltungsgericht Koblenz, 27.02.2024, Az.: 1 K 859/23.KO

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Bauunternehmer beschäftigt Albaner illegal in Deutschland

    Am 15.03.2023 durchsuchten Bedienstete des Hauptzollamtes Hannover eine Baustelle im Kreisgebiet des Beklagten. Dabei trafen sie einen Arbeitnehmer albanischer Staatsangehörigkeit an. Dieser verfügte über keinen Aufenthaltstitel und gab an, für den Kläger zu arbeiten, der ein Baugewerbe betreibt. Ausweislich der Sichtvermerke in seinem Reisepass war er zuletzt am 08.09.2022 über Ungarn in den Schengen-Raum eingereist. Mit Bescheid vom 16.03.2023 wies der Beklagte den Arbeitnehmer aus der Bundesrepublik Deutschland aus und forderte ihn dazu auf, Deutschland bis zum 28.03.2023 zu verlassen.

    Stadt erlässt Abschiebeverfügung und Haftbefehl

    Da der Arbeitnehmer nicht freiwillig ausreiste, schrieb der Beklagte diesen zur Fahndung aus. Ausweislich eines Entlassberichts vom 12.04.2023 wurde der Arbeitnehmer vom 1.04.2023 bis zum 12.04.2023 wegen einer Magenperforation im Krankenhaus stationär behandelt. Am 13.04.2023 traf die Polizei den Arbeitnehmer im Terminal 1 des Flughafens an, nahm ihn in Gewahrsam und stellte Bargeld in Höhe von 520,01 € sicher. Auf Antrag des Beklagten ordnete das Amtsgericht an, den Arbeitnehmer bis zum 19.04.2023 zur Sicherung der Abschiebung zu inhaftieren. Zur Begründung führte es unter anderem aus, der Arbeitnehmer sei aufgrund seiner unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig.

    Arbeitnehmer wurde schließlich am Flughafen verhaftet, inhaftiert und dann abgeschoben

    Schließlich wurde der Arbeitnehmer über den Flughafen Frankfurt am Main nach Tirana abgeschoben. Für die Abschiebung wurden dem Kläger EUR 5.849,01 in Rechnung gestellt.

    Gegen die Inrechnungstellung der Abschiebekosten (gegen den Kostenfestsetzungsbescheid) klagte der Arbeitgeber.

    Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz

    Nach § 66 AufenthG haben Arbeitgeber die einen Ausländer illegal beschäftigen, die Abschiebekosten zu tragen

    Entgegen des Arbeitgebers sah das Verwaltungsgericht Koblenz den Kostenfestsetzungsbescheid als wirksam an. Nach § 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AufenthG hat derjenige, der einen abgeschobenen Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, obwohl diesem nicht erlaubt war, erwerbstätig zu sein, die Kosten zu tragen, die im Zusammenhang mit der Abschiebung anfallen. Den Umfang der zu erstattenden Kosten bestimmt § 67 Abs. 1 AufenthG. Danach umfassen die Kosten der Abschiebung sowohl die Beförderungs- und sonstigen Reisekosten für den Ausländer innerhalb des Bundesgebiets und bis zum Zielort außerhalb des Bundesgebiets (§ 67 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), die bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung entstehenden Verwaltungskosten einschließlich der Kosten für die Abschiebungshaft, Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) als auch sämtliche durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstehenden Kosten einschließlich der Personalkosten (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG).

    Es gab keine Anhaltspunkte für eine Legitimitätsprüfung durch den Arbeitgeber

    Die Pflicht des Klägers zur Kostentragung, die auf diese Weise dem Grunde nach entstanden ist, ist auch nicht nach § 66 Abs. 4a AufenthG entfallen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hinreichend geprüft hatte, ob er den Arbeitnehmer beschäftigen durfte und diesen ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung angemeldet hatte.

    Die Abschiebemaßnahmen waren auch nicht rechtswidrig

    Auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer ärztlich behandelt worden war und sich bei der Verhaftung bereits am Flughafen befand, ändert an der Kostentragungspflicht nichts. Zwar sind Abschiebekosten, soweit sie durch Amtshandlungen und Maßnahmen ausgelöst worden sind, die in die Rechte des Ausländers eingreifen, nur dann zu ersetzen, wenn die Amtshandlungen und Maßnahmen rechtmäßig gewesen sind. Obwohl sich der Arbeitnehmer bereits am Flughafen befand, durfte er dennoch verhaftet werden, weil er sich jederzeit um entscheiden hätte können und die Frist zur Ausreise bereits abgelaufen war. Auch die Zeit im Krankenhaus spricht nicht gegen die Festsetzung der Abschiebekosten, da der Arbeitnehmer dies jederzeit der Ausländerbehörde hätte mitteilen können und um eine Verlängerung der Frist wegen Krankheit hätte bitte können.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht

  2. Ausländerrecht: Zur Frage, ob die Begleichung der Abschiebekosten auch von minderjährigen Ausländern verlangt werden kann.

    Leave a Comment

    Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, 25.09.2014, Az.: 8 LC 163/13

    Gemäß § 66 Abs. 1 AufenthG hat ein ausländischer Staatsangehöriger diejenigen Kosten zu tragen, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen.

    Diese Regelung findet insbesondere immer dann Anwendung, wenn ein Ausländer nach seiner Abschiebung versucht, nochmals in das Bundesgebiet einzureisen. Grundsätzlich versucht die Behörde dann nämlich immer vor der erneuten Einreise des Ausländers, zunächst die Begleichung der Abschiebungskosten zu erreichen.

    Fraglich ist, ob auch ausländische Staatsangehörige, welche zum Zeitpunkt ihrer ersten Einreise und/oder ihrer Abschiebung minderjährig waren, zur Begleichung ihrer Abschiebekosten herangezogen werden können.

    Dem könnte nämlich insbesondere § 1629a BGB, die Beschränkung der Minderjährigenhaftung, entgegenstehen.

    Diese mit dem Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger vom 25.08.1998 (BGBl I 1998, 2847) in das BGB eingefügte Bestimmung beschränkt die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft oder eine sonstige Handlung mit Wirkung für ihr Kind begründet haben, auf das Vermögen des Kindes, das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhanden ist.

    Ziel des Gesetzes ist es, dem Kind den Start in die Volljährigkeit ohne Schulden zu ermöglichen.

    In dem oben genannten Fall des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob eine serbische Staatsangehörige, welche bei ihrer ersten Einreise nach Deutschland neun Jahre und bei ihrer Abschiebung sechzehn Jahre alt war, zur Begleichung der Abschiebekosten herangezogen werden durfte.

    Sachverhalt: Die serbische Klägerin war 1995 zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern in das Bundesgebiet eingereist und hatte Asyl beantragt. Da das Asylverfahren negativ verlief, war sie 2002 auf dem Luftweg in ihren Heimatstaat Serbien abgeschoben worden.

    Im Zeitpunkt der Abschiebung war sie sechzehn Jahre alt gewesen. Seit 2012 lebt die Klägerin wieder im Bundesgebiet. Sie ist mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen.

    Mit Bescheid vom 07.06.2012 zog die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen die Klägerin zu den auf sie entfallenden Kosten der Abschiebung in Höhe von insgesamt etwa 600 EUR heran.

    Gegen diesen Bescheid legt die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg mit der Begründung ein, dass sie im Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet neun Jahre alt gewesen sei und die Einreise nicht habe beeinflussen können. Gleiches gelte für die Abschiebung, zu deren Zeitpunkt sie ebenfalls noch minderjährig gewesen sei.

    Das VG Oldenburg wies die Klage ab. Begründet wurde die Abweisung der Klage mit dem Wortlaut des einschlägigen § 66 Abs. 1 AufenthG. Danach habe ein Ausländer die Kosten zu tragen, die durch die Durchsetzung einer Abschiebung entstehen. Die so bestimmte Kostenpflicht setze nicht voraus, dass der Ausländer bei seiner Abschiebung volljährig gewesen ist. Auch die Beschränkung der Minderjährigenhaftung des § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuches würde hier nicht greifen.

    Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht: Das mit der Berufung befasste Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wies die Berufung in dem oben genannten Urteil nun ebenfalls ab.

    Nach Ansicht des Gerichts finde der streitgegenständliche Bescheid seine Rechtsgrundlage in den §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 und 3 AufenthG. Nach § 66 Abs. 1 AufenthG habe der Ausländer die Kosten zu tragen, die durch die Durchsetzung einer Abschiebung entstünden. Eine solche Abschiebung der Klägerin sei hier am 11.12.2002 erfolgt.

    Auch die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a Abs. 1 BGB stünde der Heranziehung vorliegend nicht entgegen. Diese Bestimmung gelte im streitrelevanten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis nicht unmittelbar, finde allerdings entsprechende Anwendung.

    Grundsätzlich gewährleiste § 1629a Abs. 1 BGB einen weitreichenden Schutz des Minderjährigen vor fremdverantworteten Verbindlichkeiten. Der volljährig Gewordene könne seine Haftung grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten, die während seiner Minderjährigkeit durch seine Eltern als seine gesetzlichen Vertreter oder durch ihn selbst mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter begründet worden seien, auf den Bestand seines bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens beschränken.

    Im vorliegenden Fall erfülle die Klägerin allerdings die tatbestandlichen Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 1629a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB nicht.

    Die Nichtbefolgung der Ausreisepflicht und die daran anknüpfende Notwendigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung dieser Pflicht durch die Abschiebung stelle zwar eine „sonstige Handlung“ im Sinne der genannten Bestimmung dar. Diese „sonstige Handlung“ sei aber nicht von den Eltern der Klägerin aufgrund ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht und insbesondere ihres gesetzlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts zu verantworten, sondern von der Klägerin selbst.

    Diese sei bei Durchführung der Abschiebung bereits sechzehn Jahre alt und somit nach § 80 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes voll handlungsfähig im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gewesen.

    Somit habe die Ausreisepflicht der Klägerin auch nicht die Eltern, sondern sie selbst getroffen. Vor solchen, vom Minderjährigen selbst verantworteten Folgen eines Handelns schütze die Haftungsbeschränkung nach § 1629a BGB nicht.

    Etwas anderes könne sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn die Eltern erkennbar von ihrem widerstreitenden Aufenthaltsbestimmungsrecht Gebrauch machen und so eine freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht durch den Minderjährigen verhindern würden. Hierfür hätten im konkreten Fall aber keine Anhaltspunkte bestanden.

    Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Ausländerrecht.