Wie lange dauert eine Einbürgerung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: Wie lange dauert eine Einbürgerung

  1. Ausländerrecht: Prozesskostenhilfe für Klage auf Einbürgerung einer Analphabetin

    Leave a Comment

    Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluß vom 17.4.2019, Az.: 12 S 1501/18

    Damit Personen einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Zum einen muss der Kläger durch Vorlage von Bescheiden über den Bezug von Leistungen (z. B. SGB II oder SGB XII) nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, die Prozesskosten selbst aufzubringen. Zum Anderen muss die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg haben.

    Wenn die Prozesskostenhilfe durch das Gericht dann dennoch abgelehnt wird, kann der Kläger noch im sogenannten Beschwerdeverfahren den Beschluss angreifen, mit dem Ziel, dass das Beschwerdegericht der Ansicht des Klägers folgt und dennoch Prozesskostenhilfe bewilligt.

    Sachverhalt des Beschwerdeverfahrens

    Klägerin konnte wegen ihres Alters deutsche Sprache nicht lernen

    Im vorliegenden Beschwerdeverfahren reichte die Klägerin gegen den abweisenden Prozesskostenhilfebeschluss Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein. Sie begehrte Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Einbürgerung, ohne den Nachweis der notwendigen Sprachkenntnisse erbringen zu müssen, da sie nach eigenen Angaben aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sei, diese zu erwerben.

    Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg

    Der Verwaltungsgerichtshof folgte der Argumentation der Klägerin und entschied, dass ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO sei einer Partei Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn diese die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen könne und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Es sei nicht notwendig, dass der Prozesserfolg gewiss sei; eine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheine wie ein Unterliegen.

    Gericht beschloss, dass Klägerin PKH zu gewähren sei, weil Prozessausgang offen sei

    Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sei es ausreichend, wenn der Prozessausgang offen sei, d.h., eine Beweisaufnahme in Betracht komme und keine Anhaltspunkte vorlägen, die eine solche Beweisaufnahme als aussichtslos erscheinen ließen. Auch ungeklärte, schwierige Rechtsfragen dürften im PKH-Verfahren nicht entschieden werden.

    Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe gegeben. Die streitige Frage, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG altersbedingt nicht erfüllen könne, sei offen. Der Gesetzgeber habe durch § 10 Abs. 6 StAG bewusst eine Ausnahmeregelung zugunsten von Personen getroffen, die die verschärften Sprachanforderungen altersbedingt nicht erfüllen könnten.

    Gericht sieht altersbedingte Gründe für die Unmöglichkeit, die deutsche Sprache zu lernen

    Altersbedingte Gründe, die separat neben krankheitsbedingten Ausschlussgründen zu prüfen seien, würden berücksichtigen, dass im Alter typischerweise die Fähigkeit schwinde, sich neue Kenntnisse anzueignen. Das Lebensalter sei ein Indiz dafür, ob der Ausländer noch in der Lage sei, die erforderlichen Kenntnisse zu erwerben. Es gebe jedoch keine strikte Altersgrenze; vielmehr seien bei der Einzelfallprüfung alle relevanten persönlichen Umstände zu berücksichtigen.

    Aus den persönlichen Lebensumständen der Klägerin würden sich Unmöglichkeitsgründe ergeben

    Bei der 64-jährigen Klägerin ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände nicht mehr in der Lage sei, die geforderten Sprachkenntnisse zu erwerben. Die Klägerin sei Analphabetin, die nach vielen Jahren der Kindererziehung nur wenige Jahre erwerbstätig war. Seit 2011 sei sie dauerhaft voll erwerbsgemindert. Zudem habe sie in der Vergangenheit in Sprachtests sehr schlechte Ergebnisse erzielt, und es sei nicht ersichtlich, warum sie nunmehr in der Lage sein sollte, diese Fähigkeiten zu erwerben. Darüber hinaus befinde sich die Klägerin seit Jahren in medizinischer Behandlung wegen zahlreicher Erkrankungen, die den Alterungsprozess weiter beschleunigt hätten. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen würden nahelegen, dass es der Klägerin altersbedingt nicht mehr gelingen werde, die geforderten Kenntnisse zu erwerben.

    Es sei daher nicht erforderlich, ein zusätzliches Gutachten einzuholen, um die Unfähigkeit der Klägerin festzustellen. Auch die Behörde könne sich nicht auf eine fehlende Mitwirkung der Klägerin bei der Einholung eines solchen Gutachtens berufen.

    Kostenfrage und Gebührenermäßigung

    Es sei zweifelhaft, ob die Behörde die Einholung eines Gutachtens von der Zahlung eines Auslagenvorschusses abhängig machen dürfe. § 38 Abs. 2 StAG sehe eine Einheitsgebühr für die Einbürgerung vor, und die Möglichkeit einer Gebührenermäßigung oder -befreiung sei gegeben. Da die Kosten einer Einbürgerung bereits berücksichtigt seien, sei eine zusätzliche Erstattung von Auslagen ausgeschlossen. In diesem Fall bestehe jedoch keine Notwendigkeit, ein kostspieliges Gutachten einzuholen.

    Wie kann ich eingebürgert werden? Arten der Einbürgerung. Ermessenseinbürgerung und Anspruchseinbürgerung

    Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine E-Mail an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht

  2. Ausländerrecht: Die Einbürgerung einer türkischen Staatsangehörigen setzt die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit voraus

    Leave a Comment

    Bundesverwaltungsgericht, 21.02.2013, Az.: BVerwG 5 C 9.12

    Hinweis: Angesichts der Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht im Jahr 2024 hat dieses Urteil keine Relevanz mehr

    Mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband erwirbt der Antragsteller alle Rechte und Pflichten eines deutschen Staatsbürgers. Durch die Einbürgerung wird der Antragsteller ein aktiver Teil der Gesellschaft und erhält darüber hinaus das Wahlrecht.

    Die Einbürgerung wird bei der für den Antragsteller zuständigen Einbürgerungsbehörde beantragt.

    Da die Einbürgerung von verschiedenen Voraussetzungen abhängig ist, werden nach Abgabe der Unterlagen des Antragstellers noch weitere Behörden (z. B. die Ausländerbehörde, das Landeskriminalamt (LKA) oder das Bundeszentralregister) in die Entscheidung mit einbezogen. Die Einbürgerung kann sich somit über einen relativ langen Zeitraum hinziehen.

    Irgendwann erhält der Antragsteller eine Einbürgerungszusicherung, damit dieser aus seiner Heimatstaatsangehörigkeit entlassen werden kann. Die Entlassung aus der Heimatstaatsangehörigkeit ist neben vielen anderen Voraussetzungen von dem Antragsteller gem. § 10 StAG zu veranlassen.

    Unter Umständen kann gem. § 12 StAG von der Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft jedoch abgesehen werden, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann.

    Dies ist z. B. dann anzunehmen, wenn

        • das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
        • der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
        • der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
        • der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
        • dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
        • der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

    In dem oben genannten Fall des Bundesverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein 15jähriges türkisches Mädchen ohne Ausscheiden aus seiner Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten konnte, da die Republik Türkei ein Ausscheiden aus ihrer Staatsangehörigkeit unter anderem nur bei Volljährigen zulässt.

    Sachverhalt des Gerichtsurteils

    Der Vater des 15 Jahre alten türkischen Mädchens war als Asylberechtigter anerkannt und besaß seit dem Jahr 2004 die deutsche Staatsangehörigkeit.

    Im Mai 2006 beantragte er für seine Tochter die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

    Als dieser Antrag durch die Einbürgerungsbehörde abgelehnt worden war, erhob der Vater Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dieses gab der Klage statt. Die gegen diese Entscheidung eingelegt Berufung hatte Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht und die Klage des Mädchens wurde abgewiesen.

    Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

    Das Bundesverwaltungsgericht folgte ebenfalls der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts und wies den Anspruch des Mädchens auf Einbürgerung zurück.

    Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgericht setzte ein Anspruch auf Einbürgerung unter anderem voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgebe (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Staatsangehörigkeitsgesetzes – StAG).

    Von diesem Grundsatz der Vermeidung doppelter Staatsangehörigkeit mache das Gesetz gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StAG zwar eine Ausnahme, wenn das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsehe.

    Diese Ausnahme sei hier jedoch nicht einschlägig, da die Republik Türkei nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ein Ausscheiden aus ihrer Staatsangehörigkeit unter anderem bei Volljährigen zulasse.

    Die Bestimmung finde nur Anwendung, wenn das Recht des Herkunftsstaates ein Ausscheiden aus der Staatsangehörigkeit generell ausschließe. Sie erfasse hingegen nicht auch den Fall, dass ein Ausscheiden an sich vorgesehen sei, hierfür aber – wie bei der minderjährigen Klägerin – die dafür vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorlägen.

    Auch der weitere Ausnahmetatbestand, dass der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von unzumutbaren Bedingungen abhängig mache (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG), sei nicht erfüllt.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

     Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Ausländerrecht.