Wie oft Lüften zur Schimmelvermeidung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Wie oft Lüften zur Schimmelvermeidung

  1. Mietrecht: Keine Schuld des Mieters, wenn der Schimmelleitfaden fehlerhaft ist

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    Landgericht Berlin, 06.04.2021, Az.: 67 S 358/20

    Mieter haben nicht nur Rechte, sondern selbstverständlich auch viele Pflichten. Diese werden im Mietvertrag und in der Hausordnung festgeschrieben. Die meisten vom Vermieter festgelegten Pflichten für den Mieter dienen dem Erhalt und dem Schutz der Immobilie. Dies gilt zum Beispiel für Schönheitsreparaturen. Oftmals gilt dies aber auch für die Vermeidung von Schimmel.

    So finden sich in vielen Mietverträgen auch konkrete Vorschriften zum Lüften. Dies ist in gewissen Schranken auch erlaubt. Problematisch kann es aber werden, wenn der Vermieter falsche Anweisungen zum Lüften gibt, der Mieter diese befolgt und dann Mietminderung wegen Schimmel geltend macht. Dies ist in dem hier besprochenen Fall geschehen.

    Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter

    Sachverhalt

    Kläger in diesem Fall war der Mieter, Beklagter war der Vermieter. Die Parteien streiten um Mietminderung und Schadensersatz.

    Vermieter hatte dem Mieter ein Infoblatt zum richtigen Lüften übergeben

    Der Beklagte hatte seinem klagenden Mieter ein Informationsblatt „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung.“ übergeben. Nach diesem Infoblatt komme Feuchtigkeit fast immer von innen und müsse durch ausreichendes Lüften regelmäßig aus der Wohnung abgeführt werden.

    Mieter mindert Miete wegen Schimmel im Sommer

    Dennoch kam es im Sommer zur Schimmelbildung und der Kläger forderte die Rückzahlung von 25% der gezahlten Miete und den Ersatz seiner Aufwendungen für die Schimmelbeseitigung. Das zunächst angerufene Amtsgericht verurteilte den beklagten Vermieter zur Zahlung. Die Klage hat erstinstanzlich Erfolg. Hiergegen richtet sich die Berufung des beklagten Vermieters.

    Urteil des Landgerichts Berlin

    Auch das Landgericht Berlin folgte der Ansicht des Klägers und änderte das Urteil des Amtsgerichts nicht. Der Kläger sei nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Minderung in Höhe von 25% der Bruttomiete berechtigt gewesen.

    Auch das Landgericht Berlin erkennt Minderungsanspruch des Mieters an

    Zwar sei der streitgegenständliche Schimmelbefall nach den Feststellungen des Sachverständigen in dem gerichtlich eingeholten Gutachten nicht auf Baumängel zurückzuführen gewesen. Jedoch stünde nach den überzeugenden und nachvollziehbaren ergänzenden Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Schimmelbildung losgelöst von einem wegen der Entstehung der maßgeblichen Schimmelpilzbildung außerhalb der Heizperiode zu vernachlässigenden etwa unzureichenden Heizverhalten des Kläger dem alleinigen Verantwortungsbereich des Beklagten zuzurechnen sei.

    Gutachter bestätigt, dass die Angaben im Infoblatt unzureichend waren

    Das für die Schimmelentstehung in den Sommermonaten ursächliche fehlerhafte Lüftungsverhalten des Klägers sei bereits deshalb von dem Beklagten zu verantworten, da ein an den Vorgaben des Informationsblatts „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ ausgerichtetes Lüftungsverhalten nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen unzureichend war.

    Maßgeblich für die Beurteilung seit im Ausgangspunkt, dass der streitgegenständliche starke Schimmelbefall im August bei erstmaliger Mangelanzeige im Juni 2018 und nicht während der Heizperiode aufgetreten sei. Nach den überzeugenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung seien in den wärmeren Sommermonaten zur Vermeidung einer Schimmelpilzbildung in den streitgegenständlichen Bereichen erhöhte Anforderungen an ein bedarfsgerechtes Ablüften zu stellen, um ein Ansteigen der relativen Raumluftfeuchte als der gemäß Erläuterung des Sachverständigen wesentlichsten Komponente für den Schimmelpilzbefall auf einen nach Maßgabe des Gutachtens kritischen Wert zu vermeiden. Diese Annahme seit ausweislich der nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen darauf zurückzuführen, dass die im Sommer tagsüber typischerweise zu verzeichnende deutlich höhere absolute Feuchtigkeit der Außenluft nicht zu der mit der Lüftung bezweckten Verringerung der vorliegend lagebedingt ohnehin eher niedrigen Raumlufttemperatur beitragen konnte, sondern ein Lüften tagsüber durch das Eindringen der im Vergleich zu der Innenraumluft wärmeren feuchteren Luft statt zu einer Entfeuchtung des Raumes zu einem Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit auf den in seinem Gutachten im Einzelnen erläuterten schimmelkritischen Grenzbereich führte (vgl. auch Lorenz, NZM 2019, 394, 397). Diesen kausalen Zusammenhang habe der Sachverständige auf Nachfragen des Gerichts ausdrücklich nicht auf lediglich außergewöhnlich hohe sommerliche Ausreißer-Temperaturen begrenzt.

    Daher kann dem Mieter sein falsches Lüftungsverhalten nicht vorgeworfen werden

    Nach Maßgabe dieser Feststellungen könne dem Kläger kein Vorwurf gemacht werden, sein Lüftungsverhalten im Sommer nicht auf das nach den weiteren Angaben des Sachverständigen erforderliche nächtliche Lüften nach Abkühlen der Temperaturen beschränkt zu haben. Dies habe bereits angesichts des von ihr ausweislich des als Anlage 1 Nr. 5 zum Mietvertrag übergebenen Informationsblatt „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ geschuldeten Verhaltens zu gelten, das lediglich den pauschalen Hinweis enthält, die Feuchtigkeit, die „bis auf wenige Ausnahmen fast immer von innen aus der Raumluft“ komme, müsse „durch ausreichendes Lüften regelmäßig aus der Wohnung abgeführt werden„. Der Sachverständige habe überzeugend unter Verweis auf das für die Entstehung des Schimmelschadens für ursächlich erachtete – von der Klägerin bestätigte – regelmäßige Lüftungsverhalten auch in den Sommermonaten erläutert, ein Fehlverhalten des Mieters sei nicht erkennbar, da in dem Informationsblatt unrichtigerweise nicht auf das nicht ohne weiteres einem Laien erkennbare bedarfsgerechte an die Jahreszeit bzw. die Außentemperaturen anzupassende Ablüften hingewiesen werde.

    Soweit sich der Beklagte auf ein unzureichendes Heizverhalten der Klägerin berufe, sei nach Maßgabe des gefundenen Ergebnisses nicht von einem Mitverschulden (§ 254 BGB) auszugehen. Denn die hier streitgegenständlichen Schimmelbildungen seien nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers im Sommer entstanden. Dass das Heizverhalten den streitgegenständlichen Schimmelbefall verstärkt habe, sei weder konkret vorgetragen noch ersichtlich.

    Nach Maßgabe dieses Ergebnisses könne dahinstehen, ob eine Schimmelbildung überhaupt durch ein zumutbares Lüftungs- und Heizverhalten dauerhaft vermeidbar gewesen wäre, wofür es nach den Ausführungen des Sachverständigen angesichts der dargelegten bauphysikalischen Problematik zumindest eines detaillierteren Hinweises auf das wohnungsbezogen konkret zu beschreibenden Lüftungsverhalten auch im Sinne eines jedenfalls außerhalb des Sommers bedarfsgerechten Ablüftens durch Querlüften bei Vermeidung eines zu häufigen oder länger andauernden Lüftens bedurft hätte.

    Die vom Amtsgericht zuerkannte – von der Berufung nicht gesondert angegriffene – Minderungsquote von 25% der Bruttomiete sei angemessen.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Tägliches Stoßlüften zur Schimmelvermeidung darf der Vermieter nur in gewissem Umfang verlangen.

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    Landgericht Berlin, 15.04.2016, Az.: 65 S 400/15

    Schimmel in der gemieteten Wohnung ist immer ein großes Streitthema zwischen dem Mieter und dem Vermieter. Die häufig hohen Beseitigungskosten sowie die Schuldfrage sind nicht immer eindeutig zu klären. Die Mieter sehen die Schuld in der Bausubstanz des Wohnhauses während der Vermieter argumentiert, es sei die Ursache des falschen Heiz- und Lüftungsverhaltens der Mieter. Sicher ist, dass nicht immer der Vermieter verantwortlich für den Schimmel in der Wohnung ist.

    Tauchte zuvor Schimmelbefall in der Wohnung auf, so kann dies ein Indiz für ein falsches Mieterverhalten sein. Ursächlich dafür kann eine zu kalte Durchschnittstemperatur, falsche Anbringung von Tapeten oder ein zu seltenes Lüften sein. Darüber hinaus können auch andere Faktoren, wie eine luftdichte Bauart des Hauses sein, verantwortlich sein.

    Welche Pflichten haben Mieter und Vermieter?

    Entsteht in den Räumen der Mietwohnung Schimmel, so muss der Vermieter die Feuchtigkeitsschäden beseitigen. Folglich kann der Vermieter verlangen, dass man dreimal am Tag lüftet: morgens, mittags und abends.

    Muss der Wohnungsmieter mehr als sechsmal eine Stoßlüftung durchführen, um einen Schimmelbefall zu vermeiden, liegt ein unzumutbarer Lüftungsaufwand vor. Aus diesem Grund steht dem Mieter ein Recht auf die Mangelbeseitigung als auch ein Recht zur Mietminderung zu, sobald es zu einem Schimmelbefall kommen sollte.

    Sachverhalt des Gerichtsverfahrens

    In dem Haus des Mieters bildete sich in allen Räumen Schimmel

    Im konkreten Fall ging es um ein Gebäude, welches in den 1990er Jahren gebaut wurde, welches eine luftdichte Bauart aufweist.  Folglich bemängelte der Kläger (Mieter) bei der Beklagten (Vermieter) dass sich in mehreren Zimmern – Gäste-WC, Bad, Schlafzimmer, Küche und im Wohnzimmer – in verschiedener Formen und Ausführungen Schimmel gebildet hatte.

    Der Vermieter beseitigte den Schimmel nicht, daraufhin klagte der Mieter

    Als keine Behebung der Schimmelbestände folgte, klagte der Mieter. Die Wohnung sei mit den Schimmelmängeln nicht vertragsgerecht bzw. nicht mangelfrei.

    Daraufhin beauftragte das erstinstanzliche Gericht einen Sachverständigen. Von ihm wurde festgestellt, dass die Ursache bei dem besonders luftdichten Zustand der Kunststoffisolierglasfenster lag.

    Sachverständiger bestätigte Schuldlosigkeit des Mieters

    Dem Kläger sowie seiner Familie könne somit nicht vorgeworfen werden, dass der Schimmelbefall aufgrund einer nicht vertragsgemäßen Nutzung verursacht worden sei. Aus dem Grund der Bauart müsste die Klägerin sechs- bis achtmal am Tag stoßlüften um einem Schimmelbefall zu vermeiden.

    Dagegen legte der Beklagte Berufung ein – zu Unrecht, entschied das Landgericht Berlin und bestätigte die Entscheidung des erstinstanzlichen in weiten Teilen.

    Urteil des Landgerichts Berlin:

    Landgericht bestätigte, dass der Schimmel bauseitig bedingt war

    Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten des Mieters. Gem. § 535 Abs. 1 BGB habe der Wohnungsmieter einen Anspruch auf die Gewährung des vertragsgemäßen Zustands der Wohnung, der auch die Beseitigung von Feuchtigkeit in Wänden z.B. Schimmel umfasse. Denn eine Wohnung mit gehäuften schimmelbehafteten Stellen – wichtige Räume wie das Bad, den WC-Raum, die Küche, ein Schlafzimmer und das Wohnzimmer umfassend, sei im Sinne des § 536 BGB mangelhaft.

    Ein tägliches Stoßlüften von 6-8mal könne dem Mieter nicht zugemutet werden

    Laut dem Sachverständigen könne nur ein täglich mehr als sechsmaliges Stoßlüften einen Schimmelbefall sicher verhindern. Sechs- bis Achtmal täglich zu lüften entspreche nicht dem üblichen Mietgebrauch und könne nicht vorhergesehen und dann auch nicht verlangt werden.

    Zusätzlich sprach das Landgericht Berlin dem Mieter eine Mietminderung in einer Höhe von 10% zu. Diese zuerkannte Minderung der Miete von monatlich 10% sei gem. § 536 Abs. 1 BGB nicht überhöht. Festgestellt seien nur kleine Stellen von Schimmelbefall, dennoch seien mehrere Räume betroffen.

    Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter

    Zutreffend möge es sein, dass es bauliche Maßnahmen gebe, die den vorliegenden Zustand optimieren können – Installation eines Heizkörpers im Flurbereich oder eine zusätzliche Dämmung – der Mieter habe im Rahmen des Instandsetzungsanspruchs gemäß § 535 Abs. 1 BGB aber keinen Anspruch auf Modernisierung der gemieteten Wohnung.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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