zwangsräumung obdachlosigkeit Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: zwangsräumung obdachlosigkeit

  1. Mietrecht: Die eigenmächtige Räumung einer Wohnung durch den Vermieter kann zu Schadensersatz führen

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    Amtsgericht Hannover, 06.11.2013, Az.: 502 C 7971/13

    Die Vermietung von Wohnraum ist für Vermieter bekanntermaßen nicht frei von Risiken. Eine Gefahr besteht insbesondere durch sogenannte Mietnomaden. Diese ziehen von Wohnung zu Wohnung und hinterlassen hohe Mietschulden und oftmals eine verwüstete Wohnung.

    Insbesondere für private Kleinvermieter, welche nur ein oder zwei Wohnungen vermieten, kann dies schnell zur Existenzbedrohung werden, wenn diese auf die Mieteinnahmen angewiesen ist.

    In solchen Fällen kann es leicht dazu kommen, dass der Vermieter zur Selbsthilfe greift und das vermietete Wohnobjekt bzw. Teile davon selbst räumt, wenn der Mieter gerade nicht zugegen ist. Von derartigen Maßnahmen ist allerdings dringend abzuraten.

    Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter stellt grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht gem. § 858 Abs. 1 BGB und zugleich eine unerlaubte Selbsthilfe i.S. von § 229 BGB dar.

    Wenn der Vermieter also eigenmächtig tätig wird, haftet er somit nicht nur verschuldensabhängig aus den §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 und 2 BGB, sondern darüber hinaus sogar verschuldensunabhängig nach § 231 BGB.

    In dem oben genannten Fall des Amtsgerichts Hannover räumte der beklagte Vermieter den Keller seiner klagenden Mieterin und wurde danach von dieser auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

    Sachverhalt: Die Klägerin hatte in den zu ihrer Wohnung gehörenden Kellerraum verschiedene Gegenstände und ihre Winterschlaf haltende Schildkröte eingelagert.

    Zuletzt hatte sie im Januar 2013 nach ihrer Schildkröte Max geschaut, als ihr Lebensgefährte etwa 4 Wochen später nach Max schauen wollte, war der Keller leer geräumt.

    Der Vermieter ließ in diesem Zeitraum den angeblich nicht mit einem Vorhängeschloss gesicherten Keller räumen und entsorgte die Gegenstände, auch die 25-jährige Vierzehenschildkröte, die sich in der Tiertransportbox befand, auf dem örtlichen Bauhof.

    Der Vermieter argumentierte, dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass der Keller noch genutzt werde. Auch sei die Tür unverschlossen gewesen und der Hausmeister habe eine Nachricht an der Kellertür angebracht, auf die 3 Wochen niemand reagiert habe.

    Amtsgericht Hannover: Das Amtsgericht Hannover folgte der Ansicht der klagenden Mieterin und urteilte, dass der Vermieter nicht davon ausgehen durfte, dass der Besitz am Keller aufgegeben worden sei, nur weil kein Schloss angebracht gewesen sei.

    Auch durch den an der Kellertür angebrachten Zettel habe sich keine Pflicht der Mieterin zur Reaktion ergeben. Schließlich sei es nicht ungewöhnlich, dass Mieter die ihnen zugewiesenen Kellerräume nur in größeren Abständen anlassbezogen aufsuchen.

    Eine Räumung zur Selbsthilfe sei nur zulässig, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden könne und ohne sofortiges Eingreifen eine Gefahr bestünde. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

    Quelle: Amtsgericht Hannover

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Der Beschlagnahme von Wohnungen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit sind enge Grenzen gesetzt

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    Verwaltungsgericht Oldenburg, 22.05.20012, Az.: 7 A 3069/12

    Ist eine Person wegen einer bevorstehenden Zwangsräumung von Obdachlosigkeit bedroht, weil eine Ersatzunterkunft bisher nicht gefunden werden konnte, sind die Ordnungsbehörden nach den jeweiligen Ordnungs- und Polizeigesetzen der Länder verpflichtet, dem Räumungspflichtigen in eine Notunterkunft einzuweisen oder die bisherige Wohnung zu beschlagnahmen.

    In Nordrhein-Westfalen geschieht dies aufgrund der ordnungsbehördlichen Generalklausel, § 14 OBG NRW:

    (1) Die Ordnungsbehörden können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.

    (2) Zur Erfüllung der Aufgaben, die die Ordnungsbehörden nach besonderen Gesetzen und Verordnungen durchführen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3), haben sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Gesetze und Verordnungen Befugnisse der Ordnungsbehörden nicht enthalten, haben sie die Befugnisse, die ihnen nach diesem Gesetz zustehen.

    Um dem Vermieterschutz gerecht zu werden, werden einer solchen Beschlagnahme allerdings durch § 19 Abs. 1 OBG NW enge Grenzen gesetzt.

    Danach kann die Ordnungsbehörde Maßnahmen gegen andere Personen (Vermieter) nur richten, wenn

    1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
    2. Maßnahmen gegen die nach den §§ 17 oder 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
    3. die Ordnungsbehörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
    4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

    Insbesondere auch hinsichtlich der Länge der Beschlagnahme ist die Ordnungsbehörde im Interesse des Vermieters gehalten, den Zeitraum möglichst zu begrenzen. Dazu bestimmt § 19 Abs. 2 OBG NW:

    (2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

    Die Behörde muss sich insofern also intensiv darum bemühen, anderen Wohnraum für den Räumungsverpflichteten zu finden.

    In der oben genannten Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg nun darüber zu entscheiden, ob eine die Wohnung einer räumungsverpflichteten Person über den Zeitraum von einem dreiviertel Jahr zum Nachteil des Vermieters beschlagnahmt werden durfte.

    Sachverhalt des Gerichtsverfahrens:

    Mieter zahlen Miete nicht und werden gekündigt

    Der Kläger war Vermieter einer Wohnung im ostfriesischen Leer, welche durch eine Familie bewohnt wurde. Aufgrund von Zahlungsverzug erwirkte der Kläger ein amtsgerichtliches Räumungsurteil gegen die Mieter. Im August 2011 sollte die Wohnung daher zwangsgeräumt werden.

    Zur Vermeidung von Obdachlosigkeit beschlagnahmt Gemeinde die Wohnung

    Da die räumungsverpflichtete Familie glaubhaft nachweisen konnte, dass diese aufgrund der Zwangsräumung von Obdachlosigkeit bedroht waren, beschlagnahmte die Gemeinde daraufhin die Wohnung und wies die vorherigen Mieter zur Abwendung der Obdachlosigkeit in die Wohnung ein.

    In der Folge verlängerte die Gemeinde Leer die befristete Maßnahme bis zum 31.05.2012.

    Gegen die Beschlagnahme reicht der Vermieter Klage beim Verwaltungsgericht ein

    Ende März 2012 legte der Kläger daraufhin gegen die von der Gemeinde angeordnete Beschlagnahme Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg ein, mit der Begründung, dass er es als Vermieter nicht dulden müsse, dass das rechtskräftige Räumungsurteil mehr als ein dreiviertel Jahr nicht durchgesetzt werden könne.

    Weder die räumungsverpflichtete Familie noch die Gemeinde Leer hätten hinreichende Bemühungen unternommen, um eine andere Wohnung zu finden.

    Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg

    Dieser Ansicht folgte das VG Oldenburg. Zwar sei nach dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG) die Beschlagnahme einer Wohnung bei einer drohenden Obdachlosigkeit möglich.

    Verwaltungsgericht Oldenburg hält Beschlagnahme nur für 6 Monate für rechtmäßig

    Diese Möglichkeit bestünde grundsätzlich aber nur für einen Zeitraum von sechs Monaten.

    Darüber hinaus müsse die Behörde nachweisen, dass anderweitiger zumutbarer Wohnraum nicht zur Verfügung stehe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

    Insbesondere habe die Gemeinde keine ausreichenden eigenen Anstrengungen unternommen, eine andere Möglichkeit der Unterbringung zu finden.

    Quelle: Verwaltungsgericht Oldenburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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