Ausländerrecht: Klage eines in der Türkei lebenden Ausländers auf Verkürzung der Wiedereinreisesperre - MTH Rechtsanwälte Köln
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Ausländerrecht
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von: Helmer Tieben

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, 18.02.2021, Az.: 13 LB 269/19

Wird ein Ausländer wegen Drogendelikten abgeschoben, wird normalerweise eine Wiedereinreisesperre gegen den Ausländer verhängt. Das heisst, dass der Ausländer für ein paar Jahre nicht mehr nach Deutschland einreise darf.

Hinsichtlich der Dauer der Sperrfrist bedarf es – wie auch nach der alten Rechtslage – der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen – das der auch zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt – das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag.

Was ist bei der Ausreisesperre zu berücksichtigen

In dem hier besprochenen Fall des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg klagte der in der Türkei lebende Kläger gegen eine Wiedereinreisesperre von 8 Jahren, mit dem Ziel, diese aufzuheben oder zu verkürzen.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

Abgeschobener Türke verlangt die Neubescheidung seines Verkürzungsantrags hinsichtlich der Wiedereinreisesperre

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags auf Verkürzung der Dauer eines aufenthaltsrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots.

Der 1982 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und seit 1985 mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Bundesgebiet. Einen Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 17.3.1987 ab. Ein Asylfolgeantrag blieb erfolglos.

Aufgrund der Bleiberechtsregelung des Niedersächsischen Innenministeriums vom 18. Dezember 1990 wurde dem Kläger 1993 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt, die nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes als befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes weiterbestand und letztmalig bis zum 21.11.2006 verlängert wurde.

Kläger war immer wieder strafrechtlich, insbesondere auch wegen Drogendelikten, in Erscheinung getreten

Nach wiederholten ausländerrechtlichen Verwarnungen wies die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 25.4.2007 aus dem Bundesgebiet aus und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an. Anlass für die Ausweisung waren insgesamt sieben strafgerichtliche Verurteilungen im Zeitraum von 1997 bis 2006 wegen zahlreicher Vermögensdelikte, gefährlicher Körperverletzung sowie unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, wegen derer zuletzt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt wurde. In dem hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg schlossen der Kläger und die Beklagte am 1.12.2008 einen Vergleich. Danach verfolgte der Kläger sein Begehren auf Aufhebung des Bescheids vom 25.4.2007 nicht weiter, und die Beklagte erteilte dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis unter den Bedingungen, dass die Verurteilung des Klägers wegen einer vorsätzlichen Straftat oder der mangelnde Nachweis seiner Drogenfreiheit die Aufenthaltserlaubnis erlöschen lässt. Für den Fall des Erlöschens der Aufenthaltserlaubnis verpflichtete sich der Kläger, das Bundesgebiet zu verlassen.

Schließlich wurde der Kläger aus der Haft in die Türkei abgeschoben

Am 28.2.2010 wurde der Kläger erneut straffällig und somit erlosch die Aufenthaltserlaubnis. Eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Urteil vom 18.5.2012 ab. Nachdem die Staatsanwaltschaft D. ihr Einvernehmen mit der Aufenthaltsbeendigung erklärt hatte, wurde der Kläger am 21.1.2014 aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben und lebt nun dort.

Ausländerbehörde erteilt eine Wiederreinreisesperre von acht Jahren

Mit Bescheid vom 26.5.2014 befristete die Beklagte die Wirkung der Ausweisung auf den Zeitpunkt von acht Jahren nach der erfolgten Ausreise, mithin auf den 20.1.2022. Die zur Ausweisung führende wiederholte Straffälligkeit, die mangelnde Wirkung zahlreicher strafgerichtlicher Urteile und auch Strafvollstreckungen sowie ein mangelnder Einfluss der im Bundesgebiet lebenden Angehörigen des Klägers auf dessen Lebenswandel erforderten dessen Fernhaltung aus dem Bundesgebiet für den festgelegten Zeitraum. Er sei volljährig, kinderlos und ledig. Er könne in der Türkei ein Privatleben führen und gegebenenfalls auf die Hilfe seiner Angehörigen zurückgreifen. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Urteil vom 26.11.2015 ab.

Kläger beantragt eine Verkürzung des Einreiseverbots

Unter dem 16.12.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Verkürzung der Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Trennung ihn und seine im Bundesgebiet lebenden Angehörigen schwer belaste. Ihm selbst sei ein weiterer Aufenthalt in der Türkei unzumutbar und er lebe in einem seit mehreren Jahrzehnten fast menschenleeren jesidischen Dorf und sei aufgrund der zunehmenden Spannungen zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Minderheit gehindert, das Dorf oder sein Haus zu verlassen. Ihm drohten Übergriffe. Er habe keine Perspektive für ein normales Leben. Auf die wiederholte Aufforderung der Beklagten, Entwicklungsfortschritte nachzuweisen, legte der Kläger eine Bescheinigung über seine Straflosigkeit in der Türkei vor und verwies darauf, dass ihm in der Türkei eine therapeutische Aufarbeitung seiner Defizite mangels Krankenversicherungsschutzes nicht möglich sei.

Ausländerbehörde bleibt bei der Länge des Wiedereinreiseverbotes

Mit Bescheid vom 26.6.2017 hielt die Beklagte das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot für eine Dauer von acht Jahren nach der erfolgten Ausreise unverändert aufrecht. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung seien nicht erfüllt. Das öffentliche Interesse an der weiteren Fernhaltung des Klägers vom Bundesgebiet bestehe unverändert fort. Entwicklungsfortschritte, welche zu einer Änderung der ursprünglich getroffenen Prognose zwingen würden, seien nicht nachgewiesen. Es bestünden zwar keine Anhaltspunkte für eine Straffälligkeit in der Türkei. Er habe aber insbesondere die bestehenden Defizite nicht therapeutisch aufgearbeitet und auch kein psychologisches Gutachten eingeholt. Der behauptete mangelnde Zugang zum Sozialsystem und zur Krankenversorgung in der Türkei seien nicht belegt.

Gegen diese Aufrechterhaltung klagte der Kläger beim Verwaltungsgericht Lüneburg

Am 30.8.2017 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er geltend gemacht, dass eine weitere Aufrechterhaltung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht notwendig sei. Die im Bundesgebiet verübten Straftaten seien auf seine altersbedingte, inzwischen aber überwundene Unreife zurückzuführen. Ausweislich eines Attests der Ärzte Dr. E. und Dr. F. aus dem türkischen Batman vom 9.6.2018 sei sein Gesundheitszustand normal und leide er nicht an einer psychiatrischen Erkrankung. Der schwere und gefährliche Aufenthalt in der Türkei habe ihn nachhaltig beeindruckt und zu einer Änderung seines Verhaltens veranlasst. Er lebe im türkischen Hasankeyf, das seit vielen Jahren von der türkischen Regierung bedroht werde, weil dort Staudämme gebaut werden sollten und viele Menschen das Gebiet verlassen müssten.

Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 26.6.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und verteidigt den angefochtenen Bescheid. Es gebe keine Gründe für eine Verkürzung der Sperrfrist. Eine nachhaltige Entwicklung des Klägers zum Besseren sei nicht nachgewiesen. Der Kläger habe die zur Ausweisung führenden Straftaten nicht nur wegen einer altersbedingten Unreife begangen. Vielmehr habe das im Strafverfahren eingeholte Gutachten des Dr. G. vom 2.5.2011 ein gerade nicht einschätzbares Nachreifepotential des Klägers unterstrichen. Trotz wiederholten Hinweises auf die Möglichkeit und Notwendigkeit, die bestehenden Defizite therapeutisch aufzuarbeiten, habe der Kläger sich nicht um eine Therapie bemüht.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger unter dem 18.3.2019 bei der Beklagten beantragt, ihm die kurzzeitige Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu gestatten, um ein psychiatrisches Gutachten zur Beurteilung der Wiederholungsgefahr einholen zu können. Zur Sicherung der Rückreise könne sein Bruder eine Kaution in Höhe von 2.000 EUR zur Verfügung stellen. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 2.5.2019 zu einer beabsichtigten Ablehnung dieses Antrags angehört.

Verwaltungsgericht Lüneburg wies die Klage ab

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Klage mit Urteil vom 7.5.2019 abgewiesen. Der Kläger könne die Verkürzung der aufenthaltsrechtlichen Sperrfrist nicht beanspruchen. Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes beachtliche Gründe für eine Verkürzung lägen nicht vor. Die Gründe, die zur Ausweisung des Klägers und zur Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots von acht Jahren geführt hätten, bestünden unverändert fort. Eine Verkürzung nur aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs komme nicht in Betracht. Die Umstände, unter denen der Kläger in der Türkei in finanzieller Abhängigkeit von seinen in Deutschland lebenden Angehörigen ein Privatleben führe, böten ebenfalls keinen Anlass.

Kläger reicht gegen das abweisende Urteil Berufung ein

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die der Senat mit Beschluss vom 13.8.2019 wegen eines Verfahrensmangels zugelassen hat. Zur Begründung erneuert der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.

Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg:

Auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg sieht keinen Anspruch des Klägers auf Verkürzung der Wiedereinreisesperre.

Der Kläger könne die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags auf Verkürzung der Geltungsdauer des im Bescheid vom 26. Juni 2014 für die Dauer von acht Jahren angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht beanspruchen. Der diese Verkürzung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26.6.2017 sei rechtmäßig.

Nach § 11 Abs. 4 AufenthG könne das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden (Satz 1). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot solle aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen (Satz 2). Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, sei zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich (Satz 3). Über die Verkürzung wird nach Ermessen entschieden (Satz 5 i. V. m. Abs. 3 Satz 1).

Mit diesen Bestimmungen habe der Gesetzgeber eine spezielle Rechtsgrundlage für die nachträgliche Verlängerung oder Verkürzung der Frist und auch für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots geschaffen, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausschließt (vgl. Senatsbeschl., 14.6.2018, 13 ME 208/18).

Kläger erfüllt nach Ansicht des Gerichts die Voraussetzungen für die Verkürzung nicht

Der Kläger erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG oder des § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG für eine Verkürzung der Geltungsdauer des im Bescheid vom 26.6.2014 für die Dauer von acht Jahren angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht.

Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG könne das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden.

Nach dieser Bestimmung sei eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (vgl. BVerwG, 22.2.2017, 1 C 27.16) dann angezeigt, wenn die mit der Ausweisung verfolgten spezial- oder generalpräventiven Gründe es nicht mehr erfordern, mithin der mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgte Zweck erreicht oder entfallen sei (vgl. Senatsbeschl., 14.6.2018, 13 ME 208/18).

Dieser Tatbestand des § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nehme Bezug auf den bei der erstmaligen Fristbemessung nach § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 und Abs. 5 ff. AufenthG vorzunehmenden 1. Prüfungsschritt (vgl. BVerwG, 22.2.2017, 1 C 27.16), in dem zu prognostizieren sei, wie lange die mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgten Zwecke (vgl. Bayerischer VGH, 26.3.2009, 19 ZB 09.498) eine Fernhaltung des Ausländers vom Bundesgebiet erfordern.

Unterscheidung zwischen spezialpräventiver und generalpräventiver Ausweisung

Sei die Ausweisung spezialpräventiv erfolgt, sei fraglich, für welche Dauer von dem Ausländer die Gefahr einer Wiederholung bzw. Fortdauer der Ausweisungsgründe ausgehe. Sei die Ausweisung zu generalpräventiv erfolgt, stellt sich die Frage, wann die Abschreckungswirkung erreicht bzw. verbraucht ist (vgl. BVerwG, 6.3.2014, 1 C 2.13). Bei der Beantwortung seien insbesondere das Gewicht des Ausweisungsgrundes, das Verhalten des Ausländers nach der Ausweisung, das Ausmaß der von dem Ausländer konkret ausgehenden Gefahr und die Vorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung dieser Gefahr zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, 10.7.2012, 1 C 19.11). Ergänzend sei der durch § 11 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 ff. AufenthG gezogene Rahmen zu beachten. Danach dürfe die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots grundsätzlich fünf Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots solle zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden sei oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe (§ 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Die Frist des Einreiseverbots solle zwanzig Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen worden ist (§ 11 Abs. 5a Satz 1 AufenthG).

Diese Maßstäbe seien auch bei der Entscheidung über die Aufhebung oder Verkürzung eines Einreiseverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG anzuwenden. Unter Berücksichtigung aller aktuellen tatsächlichen Erkenntnisse, die nicht notwendig „neu“ sein müssten (vgl. Senatsbeschl., 20.11.2020, 13 ME 374/20), sei zu beurteilen, ob eine Aufhebung des bestehenden und zu überprüfenden Einreiseverbots geboten sei, denn der mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgte Zweck bereits erreicht oder entfallen sei. Bejaht man dies, sei das Einreiseverbot aufzuheben. Das Ermessen der Ausländerbehörde sei insoweit reduziert (vgl. VGH Baden-Württemberg, 21.11.2016, 11 S 1656/16). Verneine man dies, sei zu beurteilen, ob der mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgte Zweck voraussichtlich vor Ablauf der Dauer des bestehenden und zu überprüfenden Einreiseverbots erreicht sein werde. Sei dies der Fall, stünde es im Ermessen der Ausländerbehörde, die Dauer des bestehenden Einreiseverbots entsprechend zu verkürzen.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei eine Aufhebung oder Verkürzung des im Bescheid vom 26. Juni 2014 für die Dauer von acht Jahren angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht deshalb geboten, weil der mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgte Zweck bereits erreicht oder entfallen sei oder dies vor Ablauf der Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots am 20. Januar 2022 zu erwarten sei.

Strafgerichtliche Verurteilungen und negative psychologische Gutachten

Anlass für die verfügte Ausweisung seien insgesamt sieben strafgerichtliche Verurteilungen im Zeitraum von 1997 bis 2006 wegen zahlreicher Vermögensdelikte, gefährlicher Körperverletzung sowie unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln.

Entgegen strafrichterlicher Erwartung und trotz der ausländerrechtlichen Verwarnung und Ankündigung der Aufenthaltsbeendigung bei einem Bewährungswiderruf oder erneuter Straffälligkeit durch die Beklagte am 20. Januar 2005 habe der Kläger weitere Straftaten begangen. In der Berufungsinstanz habe das Landgericht K. mit Urteil vom 29.11.2006 wegen Diebstahls in vier Fällen und versuchten Diebstahls in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt. Dem Kläger sei eine ungünstige Legalprognose gestellt worden.

Der Kläger sei sehr unreif, geistig entwicklungsverzögert und verfüge nur über eine geringe intellektuelle Ausstattung. Es bestehe eine Störung des Sozialverhaltens mit vorwiegend dissozialer Ausrichtung, aber keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit und auch kein Hang im Sinne des § 64 StGB, da der Substanzmissbrauch betrieben worden sei, um mit unliebsamen Persönlichkeitszügen umzugehen, ohne den Grad einer schwerwiegenden Störung der gesamten Lebensumstände zu erreichen. Es bestehe ein dringender Unterstützungsbedarf, um eine Ausweitung und Manifestation der vorhandenen Störungen zu verhindern. Das Landgericht regte die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an, um dem Kläger einen strukturgebenden Rahmen zu vermitteln. Das Landgericht gründete seine Feststellungen auf das fachärztliche Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 9.5.2006. Dieses bescheinigte dem Kläger massive dissoziale Verhaltensmuster. Er sei ein „early starter“ mit dissozialen Auffälligkeiten seit Beginn der Pubertät und Straffälligkeit ab dem 14. Lebensjahr. Der Gutachter hielt angesichts des Persönlichkeitsprofils des Klägers sozialtherapeutische Maßnahmen für zwingend erforderlich, um den bisherigen Lebensweg in eine deutlich andere Richtung zu lenken.

Die so beschriebene langjährige Delinquenz des Klägers bis zum Erlass der Ausweisungsverfügung am 25.4.2007, insbesondere die hohe Zahl der von ihm in relativ kurzen Zeiträumen begangenen Taten und die Umstände der Tatbegehung, aber auch sein Verhalten nach der Tataufdeckung, die mangelnde Auseinandersetzung mit dem begangenen Unrecht, das fehlende Bemühen um eine Beseitigung der Ursachen für die begangenen Taten und jedweder ausbleibende Einfluss mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen und ausländerrechtlicher Verwarnungen rechtfertigten es, eine Fernhaltung des Klägers aus dem Bundesgebiet nach einer Ausreise unter Ausnutzung der oberen Grenze des durch § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG gezogenen Rahmens unter ordnungsrechtlichen Aspekten für erforderlich zu erachten.

Dem Kläger wurden immer wieder Chancen zum Neuanfang gewährt, die er verstreichen ließ

Die in ihn gesetzten Erwartungen eines straffreien Lebens enttäuschte der Kläger allerdings erneut, so dass die ihm erteilte Aufenthaltserlaubnis erlosch. Das Amtsgericht H. verhängte gegen den Kläger mit Urteil vom 9.12.2010 wegen eines Diebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall gemeinschaftlich handelnd, eine Freiheitsstrafe von elf Monaten.

In einem psychiatrischen Gutachten des Dr. F. aus M. vom 2.5.2011, wurde dem Kläger eine volle Geschäftsfähigkeit attestiert und festgestellt, dass die Fähigkeit zur freien Willensbestimmung nicht aufgehoben oder in erheblichem Maße beeinträchtigt sei. Es liege eine seelische Störung in Form einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren und vermeidenden Zügen sowie reaktiven depressiven Symptomen, eine Suchtproblematik, v.a. Alkohol und Cannabis, sowie eine intellektuelle Grenzbegabung im Grenzbereich zwischen unterem Intelligenznormalniveau und beginnender Minderbegabung vor. Die sozialen und emotionalen Kompetenzen des Klägers seien gemindert. Er sei antriebsarm und im Hinblick auf die Alltags- und Lebensgestaltung völlig orientierungslos. Zur Behebung dieser Defizite seien eine stationäre und später ambulante Psychotherapie unter Einhaltung von Drogenabstinenz, eine angemessene Psychopharmakotherapie und ein soziales Kompetenztraining wichtig. Diese Maßnahmen würden vom Kläger aber bisher nicht in Anspruch genommen.

Mit Urteil vom 7. November 2012 verhängte das Amtsgericht H. gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung eine weitere Freiheitsstrafe von zwei Monaten.

Am 19. November 2012 erhob die Staatsanwaltschaft K. vor dem Amtsgericht H. Anklage gegen den Kläger und legte ihm zur Last, am 24.9.2011 durch den Wurf eines sog. Molotow-Cocktails in ein Einzelhandelsgeschäft vorsätzlich ein fremdes Gebäude in Brand gesetzt zu haben sowie am 5.7.2012 vor Gericht als Zeuge uneidlich falsch ausgesagt zu haben. In dieser Sache befand sich der Kläger sei dem 27.10.2012 in Untersuchungshaft und anschließend in Strafhaft. Mit Urteil vom 18.4.2013 verurteilte das Amtsgericht H. den Kläger unter Freispruch wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten.

Am 24.12.2012 erhob die Staatsanwaltschaft K. bei dem Landgericht K. eine weitere Anklage gegen den Kläger und warf ihm vor, bei Überfällen auf Spielhallen am 15.7.2011 eine gefährliche Körperverletzung und eine schwere räuberische Erpressung und am 7.9.2011 eine versuchte gefährliche Körperverletzung und eine versuchte schwere räuberische Erpressung begangen zu haben. Am 31.3.2013 warf die Staatsanwaltschaft K. ihm vor, in der Zeit vom 15.10.2009 bis zum 24.9.2010 in weiteren acht Fällen Raubüberfälle auf Ladengeschäfte, Restaurants und Spielhallen verübt zu haben.

Nachdem die Staatsanwaltschaft K. ihr Einvernehmen mit der Aufenthaltsbeendigung erklärt hatte, wurde der Kläger am 21.1.2014 aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben.

Die Entwicklung des Klägers seit dem Erlass der Ausweisungsverfügung bis zur Abschiebung habe somit die ursprüngliche Einschätzung bestätigt, dass zur Erreichung des mit der Ausweisung verfolgten Zwecks die Fernhaltung des Klägers aus dem Bundesgebiet für eine Dauer erforderlich sei, die sich an der oberen Grenze des durch § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG gezogenen Rahmens orientiere.

Für den Senat bestünden zwar keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seit seiner Abschiebung erneut straffällig geworden sei. Dies spreche fraglos für den Kläger und deute auf eine Änderung seines Verhaltens und Lebenswandels hin, sei allein aber noch kein Grund, den Ausweisungszweck als erreicht anzusehen oder die festgesetzte Dauer des Einreiseverbots zu verkürzen. Die Straffreiheit für einen gewissen, und zwar regelmäßig für den durch die bestehende Befristungsentscheidung bestimmten Zeitraum sei vielmehr erforderlich, um eine nachhaltige Verhaltensänderung zu dokumentieren und um überhaupt annehmen zu können, die Ausweisung werde ihren Zweck erreichen. Eine auch nach Ausweisung und Aufenthaltsbeendigung während eines bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots fortdauernde oder erneute Delinquenz bietet hingegen Anlass für eine Verlängerung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach § 11 Abs. 4 Satz 4 AufenthG.

Der Kläger weist soziale und emotionale Defizite auf

 Unverändert seien die bestehenden sozialen und emotionalen Defizite, die maßgeblich zu den strafrechtlichen Verfehlungen geführt haben, nicht therapeutisch aufgearbeitet worden. Der Kläger weise insoweit lediglich auf die mangelnde Verfügbarkeit medizinischer Versorgung in der Türkei hin. Dieser Hinweis überzeuge den Senat nicht, da der Kläger bereits im Bundesgebiet trotz mehrfachen Hinweises in Straf- und Betreuungsverfahren keinerlei Bemühungen um eine Therapie angestellt und solche Bemühungen ernsthafter Art auch in der Türkei nicht nachgewiesen habe

Selbst wenn aber die festgestellten sozialen und emotionalen Defizite nicht mehr bestehen sollten, bestünde für den Senat kein Anlass anzunehmen, dass der mit der konkret verfügten Ausweisung verfolgte Zweck derzeit bereits erreicht oder entfallen sei oder dass dies vor Ablauf der Geltungsdauer des Einreiseverbots am 20.1.2022 zu erwarten sei. Dies erfordere angesichts des zurückliegenden Verhaltens des Klägers über einen Zeitraum von etwa 15 Jahren und seiner dort gezeigten zunehmenden und von staatlichen Sanktionen unbeeindruckten Delinquenz vielmehr, dass die behauptete Verhaltensänderung über den gesamten durch die bestehende Befristungsentscheidung bestimmten Zeitraum dokumentiert werde, zumal weitere straftatenauslösende oder -bestimmende Umstände bei einer Rückkehr in das Bundesgebiet unverändert fortbestünden. So würde der Kläger in sein altes familiäres Umfeld zurückkehren, das ihn auch bisher nicht von der Begehung von Straftaten abgehalten habe. Auch bestünde die Gefahr, dass die voraussichtlich prekären wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, der unverändert nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, ihn erneut zur Begehung von Vermögensdelikten verleiten würden.

Gericht prüft auch die schutzwürdigen Belange des Klägers

Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG könne das Einreise- und Aufenthaltsverbot auch zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Solche schutzwürdigen Belange ergäben sich aus Umständen, die das Gewicht des öffentlichen Interesses, den Ausländer weiterhin aus dem Bundesgebiet fernzuhalten oder ihm die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet vorzuenthalten, verringern.

Dieser Tatbestand des § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nehme Bezug auf den bei der erstmaligen Fristbemessung nach § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 und Abs. 5 ff. AufenthG vorzunehmenden 2. Prüfungsschritt (vgl. zur Systematik der Fristbemessung: BVerwG, 22.2.2017, 1 C 27.16), in dem die zur Erreichung des Ausweisungszwecks erforderliche Frist an höherrangigem Recht, insbesondere an verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen  und unions- und völkervertragsrechtlichen Vorgaben gemessen und gegebenenfalls relativiert werden müssten. Dieses normative Korrektiv biete der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei seien insbesondere die in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bedürfe es auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange (vgl. BVerwG, 22.2.2017, 1 C 27.16).

Diese Maßstäbe seien auch bei der Entscheidung über die Aufhebung oder Verkürzung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG anzuwenden. Unter Berücksichtigung aller aktuellen Erkenntnisse, die auch insoweit nicht notwendig „neu“ sein müssten (vgl. Senatsbeschl., 20.11.2020, 13 ME 374/20), sei zu beurteilen, ob eine Änderung des bestehenden und zu überprüfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots geboten sei, weil schutzwürdige Belange des Ausländers eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ermöglichen würden. Bejahendenfalls entscheide die Ausländerbehörde über die Aufhebung oder Verkürzung nach Ermessen.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei eine Aufhebung oder Verkürzung für die Dauer von acht Jahren angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht deshalb geboten, weil dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers erforderlich wäre.

Kläger kann sich nicht auf seine im Bundesgebiet lebende Familie berufen

Nach Art. 8 EMRK schutzwürdige Belange des Klägers im Hinblick auf das im Bundesgebiet vor der Aufenthaltsbeendigung geführte Privat- und Familienleben stünden weder der Ausweisung noch der Abschiebung entgegen. Denn der mit der Aufenthaltsbeendigung verbundene Eingriff in diese Rechtsposition sei gerechtfertigt. Gleiches gelte für nach Art. 6 GG schutzwürdige Belange, die unter Berücksichtigung der Volljährigkeit des Klägers und seiner im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen, insbesondere seiner Eltern und seines Bruders, sowie des mangelnden Angewiesenseins auf im Bundesgebiet zu erbringende Hilfe- und Unterstützungsleistungen (vgl. Senatsbeschl., 9.8.2017, 13 ME 167/17) von nur geringem Gewicht gewesen und von den widerstreitenden öffentlichen Ausweisungs- und Ausreiseinteressen deutlich überwogen worden.

Diesen nach Art. 8 EMRK und Art. 6 GG schutzwürdigen Belangen sei dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die nach ordnungsrechtlichen Aspekten ermittelte Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots, die sich, wie dargestellt, an der oberen Grenze des durch § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG Rahmens orientiert, auf acht Jahre beginnend mit der Ausreise reduziert worden sei.

Dies gelte für das Interesse des Antragstellers, mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet zusammenleben zu können. Dieses Interesse erscheint, ohne dass die Art und Intensität der Bindung vom Kläger näher beschrieben worden sei, rein affektiv.

Auch die Situation in der Türkei für den Kläger führt zu keiner Verkürzung

Dies gelte aber auch für das Interesse des Antragstellers, wieder im Bundesgebiet ein Privatleben führen zu dürfen. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger derzeit einen Aufenthalt im Bundesgebiet beanspruchen könnte. Seine Ausführungen und Hinweise zur allgemeinen Lage in der Türkei und zur besonderen Lage der Kurden jesidischen Glaubens in der Türkei seien insoweit nicht ausreichend, da jedwede nachvollziehbare Angabe zur unmittelbaren Betroffenheit des Klägers fehlt.

Für Ausländer, die sich im Ausland aufhalten, könne vielmehr eine Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes nur aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen gemäß § 22 AufenthG erteilt werden. Diese Bestimmung sei aber keine allgemeine Härtefallregelung, die Ausländern, die die Voraussetzungen für die Einreise nach anderen Vorschriften nicht erfüllen, die Einreise nach Deutschland ermöglichen soll bzw. könne (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, 19.9.2017, 3 S 52.17). Die Entscheidung über eine Aufnahme aus dem Ausland nach § 22 Satz 1 AufenthG sei vielmehr Ausdruck autonomer Ausübung staatlicher Souveränität, auf die kein gesetzlicher Rechtsanspruch bestünde (vgl. BVerwG, 15.11.2011, 1 C 21.10). § 22 Satz 2 AufenthG diene insoweit insbesondere der Wahrung des außenpolitischen Handlungsspielraums des Bundes (vgl. OVG Bremen, 13.2.2018, 1 B 268/17).

Erfülle der Kläger schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG für eine Verkürzung der Geltungsdauer des gegenüber ihm angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht, habe die Beklagte den dahingehenden Antrag des Klägers vom 16.12.2016 im Bescheid vom 26.7.2017 rechtmäßig abgelehnt, ohne dass es noch auf das Vorliegen von nach § 114 Satz 1 VwGO relevanten Ermessensfehlern ankomme. Unabhängig davon seien solche Fehler bei der Betätigung des Ermessens, das auch schon bei Erlass des Bescheids vom 26.7.2017 gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 und 4 in Verbindung mit Abs. 3 AufenthG auszuüben gewesen sei und von der Beklagten auch tatsächlich ausgeübt worden seien, nicht festzustellen. Es bestünden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das nach § 11 Abs. 4 Satz 5 in Verbindung mit § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eröffnete Ermessen (vgl. BVerwG, 22.2.2017, 1 C 27.16) der Beklagten dahin reduziert sein könnte, die Geltungsdauer des bestehenden Einreiseverbots zu verkürzen oder gar mit sofortiger Wirkung aufzuheben.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg

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