Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30.06.2022 (Az.: 4 K 1014/22)
Einbürgerung abgelehnt – und das, obwohl die Klägerin seit Jahren mit einem deutschen Staatsbürger verheiratet ist und in Deutschland lebt. Warum das Verwaltungsgericht Stuttgart der thailändischen Antragstellerin dennoch eine Absage erteilte, zeigt dieser aufschlussreiche Fall.
Worum ging es?
Die Klägerin, eine thailändische Staatsbürgerin, lebte seit ihrer Heirat mit einem deutschen Mann im Jahr 2013 in Deutschland. Ihr Aufenthalt basierte auf einem Visum zum Familiennachzug. Über die Jahre erhielt sie verschiedene Aufenthaltstitel – zuletzt eine Niederlassungserlaubnis.
Im Dezember 2017 beantragte sie die deutsche Staatsbürgerschaft. Doch die zuständige Behörde lehnte ab – mit der Begründung, dass zentrale Voraussetzungen für eine Einbürgerung nicht erfüllt seien. Gegen diese Entscheidung klagte die Frau – ohne Erfolg.
Das Gericht sagt Nein zur Einbürgerung – aus mehreren Gründen
1. Fehlender Aufenthaltstitel zum Zeitpunkt der Entscheidung
Zentrale Voraussetzung für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) ist ein „qualifizierter“, unbefristeter Aufenthaltstitel. Genau dieser fehlte zum maßgeblichen Zeitpunkt. Die Stadt hatte ihre Niederlassungserlaubnis im Jahr 2020 zurückgenommen – mit der Folge, dass sie sich seither formal unrechtmäßig in Deutschland aufhielt.
Praxisrelevant: Auch wenn Widerspruch gegen die Rücknahme läuft, zählt rechtlich: Der Aufenthalt gilt bis zur Entscheidung als nicht rechtmäßig.
2. Lebensunterhalt nicht gesichert
Ein weiterer Knackpunkt war die wirtschaftliche Situation der Klägerin. Die Einbürgerung setzt voraus, dass man den eigenen Lebensunterhalt und den der Familie selbstständig sichern kann – ohne Leistungen nach SGB II oder SGB XII (also Hartz IV oder Sozialhilfe).
Tatsächlich bezog die Klägerin mehrfach Leistungen vom Jobcenter. Ihre Angaben zum Einkommen des selbstständigen Ehemannes waren lückenhaft, Nachweise über Renten- oder Krankenversicherung fehlten. Auch die eigene Erwerbstätigkeit war unsicher – das Arbeitsverhältnis befand sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch in der Probezeit.
Das Gericht betonte: Wer dauerhaft und stabil wirtschaftlich integriert ist, beweist damit auch die gesellschaftliche Integration – und das ist Voraussetzung für den deutschen Pass.
3. Fehlende Mitwirkung – insbesondere zur Bekenntniserklärung
Zur Einbürgerung gehört auch ein klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zwar hatte die Klägerin eine entsprechende Erklärung unterschrieben, erschien aber nicht zur mündlichen Verhandlung. Das Gericht konnte daher nicht prüfen, ob sie den Inhalt der Erklärung verstanden hatte.
Was bedeutet das für Einbürgerungswillige?
Dieser Fall verdeutlicht, wie hoch die Hürden für eine Einbürgerung in Deutschland sind – insbesondere wenn man nicht über eine lange, stabile Erwerbsbiografie verfügt.
Folgende Punkte sollten Antragsteller beachten:
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Rechtmäßiger Aufenthalt: Eine Rücknahme des Aufenthaltstitels – selbst wenn dagegen Widerspruch läuft – kann die Einbürgerung unmöglich machen.
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Gesicherter Lebensunterhalt: Auch befristete Beschäftigungen oder unklare Einkommensverhältnisse (z. B. bei Selbstständigkeit) können problematisch sein. Wichtig: Krankenkassen- und Rentenversicherungsnachweise gehören ebenfalls dazu.
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Lückenlose Mitwirkung: Die Behörden (und das Gericht) müssen vollständige Unterlagen vorgelegt bekommen. Wer relevante Nachweise nicht fristgerecht liefert, gefährdet den Antrag – egal, wie lange man bereits in Deutschland lebt.
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Persönliches Erscheinen: Wer sich einer gerichtlichen Prüfung (z. B. zur Bekenntniserklärung) entzieht, schwächt die eigene Position erheblich.
Fazit: Einbürgerung ist mehr als nur eine Formsache
Der Fall zeigt deutlich: Auch eine Ehe mit einem deutschen Staatsbürger und langjähriger Aufenthalt reichen allein nicht für eine Einbürgerung. Entscheidend ist die wirtschaftliche Eigenständigkeit und die aktive Mitwirkung im Verfahren.
Tipp für Antragsteller: Lassen Sie sich vor der Antragstellung umfassend beraten und stellen Sie sicher, dass alle Voraussetzungen belegt werden können – idealerweise mit Dokumenten, die nicht nur aktuell, sondern auch nachhaltig belastbar sind.
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart
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