Verwaltungsgericht Aachen, 27.04.2015, Az.: 1 K 908/14
Viele Beamte möchten neben ihrer Tätigkeit als Beamter eine Nebentätigkeit aufnehmen, um ein zweites Gehalt verdienen zu können. In Nordrhein-Westfalen ist die Hauptnorm für die Nebentätigkeit § 49 Abs. 1 LBG. Gemäß § 49 Abs. 1 LBG bedarf die Ausübung jeder einzelnen Nebentätigkeit grundsätzlich der vorherigen Genehmigung (vgl. § 49 Abs. 1 LBG).
Der Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung ist dann gem. § 40 BeamtStG vor Aufnahme der Nebentätigkeit zu stellen. Eine nachträgliche Genehmigung ist nicht möglich. Wird eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ohne Genehmigung ausgeübt, ist darin ein Dienstvergehen bzw. ein Verstoß gegen dienst- bzw. arbeitsvertragliche Pflichten zu sehen. Dies kann ggf. disziplinarische Maßnahmen bzw. arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.
Bei der Antragstellung auf Genehmigung der Nebentätigkeit sind u. a. Angaben über Art, Umfang und Honorierung der Nebentätigkeit zu machen.
Die Genehmigung der Nebentätigkeit wird dann längstens auf fünf Jahre befristet; sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden (vgl. § 49 Abs. 3 S. 1 LBG). Soll die Nebentätigkeit länger als genehmigt ausgeübt werden, muss rechtzeitig vor Ablauf der bestehenden Genehmigung ein neuer Antrag gestellt werden.
Des Weiteren muss bei einem Wechsel der Dienststelle eine Nebentätigkeitsgenehmigung neu beantragt werden, denn die erteilte Genehmigung erlischt bei einem Wechsel der Dienststelle automatisch (vgl. § 49 Abs. 3 S. 2 LBG).
Die Nebentätigkeitsgenehmigung ist zu versagen, wenn zu befürchten ist, dass dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (vgl. § 49 Abs. 2 LBG). Es ist eine Prognose erforderlich, ob durch die angestrebte Nebentätigkeit eine Beeinträchtigung dienstlicher Belange zu erwarten ist. Ist dies nicht der Fall, muss der Dienstherr die Genehmigung erteilen. Während des Zeitraumes der Genehmigung kann und muss diese durch den Dienstherrn immer wieder überprüft werden.
In dem hier besprochenen Fall des Verwaltungsgerichts Aachen hatte dieses über die Genehmigungsfähigkeit der Nebentätigkeit einer Justizvollzugsbeamtin zu entscheiden, bei welcher diese als Betreiberin eines Internet-Portals für Erotik-Chats auftrat.
1. Hintergrund der Nebentätigkeit
Die Klägerin, eine Justizvollzugsobersekretärin der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen, erhielt 2011 die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als Moderatorin und Administratorin auf Internet-Plattformen. Im Oktober 2011 meldete sie eine Änderung ihrer Nebentätigkeit an: Sie würde diese nun selbstständig betreiben und eigene Portale zusammen mit ihrem Ehemann und einer Freundin betreuen. Die zuständige Leiterin der JVA Aachen genehmigte diese selbstständige Tätigkeit bis zum 30. September 2016 unter der Bedingung, dass die Nebeneinnahmen von über 1.200 Euro jährlich offengelegt und der zeitliche Aufwand von acht Stunden pro Woche nicht überschritten wird.
2. Einkünfte und Tätigkeit der Klägerin
Im Januar 2014 meldete die Klägerin Nebeneinnahmen in Höhe von 94.212,27 Euro für das Jahr 2013. Daraufhin verlangte die Leiterin der JVA genauere Informationen zu den Tätigkeiten, Arbeitsumfang und Internet-Adressen der betriebenen Plattformen. Die Klägerin erklärte, dass sie ein Social-Media-Portal betreibe, das vergleichbar mit Plattformen wie Facebook oder StudiVZ sei. Ihr Arbeitsaufwand betrage maximal acht Stunden pro Woche, wobei sie überwiegend Kontrollaufgaben ausübe und von freien Mitarbeitern unterstützt werde. Der gemeldete Betrag entspreche nicht ihrem Einkommen, da davon noch Steuern und andere Abgaben abgezogen werden müssten.
3. Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung
Nach Zustimmung des Personalrats widerrief die Leiterin der JVA die Genehmigung der Nebentätigkeit im April 2014. Begründet wurde dies mit der Tatsache, dass die Plattform erotische Chats anbiete, was eine Beeinträchtigung der dienstlichen Interessen darstelle. Der Betrieb einer solchen Plattform durch eine Justizvollzugsbeamtin könne das Ansehen der öffentlichen Verwaltung schädigen und das Vertrauen in die Beamtenschaft untergraben. Die Tätigkeit könne zudem bei den Gefangenen der JVA bekannt werden und die Autorität der Klägerin untergraben. Weiterhin wurde die hohe Summe der Nebeneinnahmen als Indiz dafür herangezogen, dass der zeitliche Aufwand der Nebentätigkeit die erlaubte Grenze überschreite.
4. Rechtsgrundlage und Entscheidung des Gerichts
Das Verwaltungsgericht Aachen urteilte, dass der Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung rechtmäßig sei. Grundlage hierfür sei § 49 Abs. 4 LBG NRW, wonach eine Genehmigung zu widerrufen ist, wenn sich nachträglich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergebe. In diesem Fall sah das Gericht den Betrieb einer erotischen Plattform als potenziell schädlich für das Ansehen der öffentlichen Verwaltung an, insbesondere im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als Justizvollzugsbeamtin. Auch der erhebliche Verdienst aus der Nebentätigkeit, der über 40 Prozent ihres jährlichen Grundeinkommens ausmachte, sei ein zulässiges Indiz für die Annahme einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen.
5. Fazit des Urteils
Das Gericht stellte klar, dass sich die gesellschaftlichen Moralvorstellungen zwar geändert haben und Erotik heute weniger tabuisiert sei, dies jedoch die rechtliche Bewertung im vorliegenden Fall nicht beeinflusse. Besonders im Justizvollzug sei das Verhalten von Beamten von zentraler Bedeutung für deren Autorität und Ansehen. Die Klägerin konnte nicht ausreichend nachweisen, dass ihre Nebentätigkeit den dienstlichen Interessen nicht schadete, insbesondere da ihre Einkünfte weit über den zulässigen Nebeneinkünften lagen. Somit sei der Widerruf der Genehmigung gerechtfertigt, um das Ansehen der öffentlichen Verwaltung und das Vertrauen in die Justizvollzugsbeamten zu schützen.
Quelle: Verwaltungsgericht Aachen
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