Arbeitsgericht Darmstadt, 12.06.2014, Az.: 6 Ca 22/13
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist 18.08.2006 in Kraft getreten und soll Arbeitgeber dazu anhalten dafür zu sorgen, dass ihre betrieblichen Abläufe und Strukturen und alle arbeitsrechtlichen Verträge und Maßnahmen mit dem AGG vereinbar sind. Ist dies nicht der Fall können Schadensersatzklagen gegen den Arbeitsgeber drohen.
Benachteiligungen sind unter anderem unzulässig in Bezug auf den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit (also die Einstellung von Arbeitnehmern), die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere individual- und kollektivrechtliche Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg.
Die folgende Grafik verdeutlicht die Schutzgüter des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes:
In dem oben genannten Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Bewerbung einer Bewerberin ausschließlich wegen deren Übergewicht gescheitert war und ob dies eine schadensersatzauslösende Benachteiligung im Sinne des AGG dargestellt hat.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin, geboren 1972, forderte von den Beklagten zu 1) und 2) eine Entschädigung sowie Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro. Der Grund für diese Forderung war laut Klägerin eine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Sie behauptete, dass sie aufgrund ihres vermeintlichen Übergewichts und damit einer angenommenen Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt wurde. Hilfsweise stützte sie ihre Ansprüche auf eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Der Verein und seine Mitglieder
Bei dem Beklagten zu 1) handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der als Patientenorganisation auf Bundesebene tätig ist. Er verfolgt ausschließlich gemeinnützige Ziele im Bereich der Gesundheitsförderung. Die Mitglieder des Vereins setzen sich aus Selbsthilfegruppen, Einzelmitgliedern und Förderern zusammen. Die Beklagte zu 2) war stellvertretende Vorsitzende und kommissarische Geschäftsführerin des Vereins und damit in den Einstellungsprozess der Klägerin als Geschäftsführerin involviert.
Das Vorstellungsgespräch und die Kontroverse
Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens führte die Beklagte zu 2) gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied ein erstes Vorstellungsgespräch mit der Klägerin. Es wurde ein weiteres Gespräch vereinbart. Doch vor dem geplanten zweiten Gespräch schrieb die Beklagte zu 2) der Klägerin eine E-Mail, in der sie fragte, warum die Klägerin kein Normalgewicht habe. Zudem äußerte sie Bedenken, dass die Klägerin in ihrer jetzigen körperlichen Verfassung kein geeignetes Vorbild für die Vereinsmitglieder sei, die durch den Verein zu einem gesunden Lebensstil motiviert werden sollten.
Die Klägerin erschien daraufhin nicht zum zweiten Vorstellungsgespräch. Sie behauptete, dass die Beklagte zu 2) ihrem Ehemann mitgeteilt habe, dass die Klägerin das Gespräch nicht wahrnehmen müsse, wenn sie keine Gründe für ihr Übergewicht nennen wolle.
Die Argumente der Parteien
Die Klägerin forderte als Entschädigung ein Jahresgehalt, mindestens jedoch 30.000 Euro. Sie argumentierte, dass diese Entschädigung auch eine abschreckende Wirkung haben müsse. Die Beklagten wiesen die Vorwürfe zurück und betonten, dass die Klägerin nicht aufgrund ihres vermeintlichen Übergewichts abgelehnt wurde, sondern weil sie ohne Angabe von Gründen dem zweiten Vorstellungsgespräch ferngeblieben sei. Eine Entschädigung in Höhe von 30.000 Euro sei für den Verein existenzgefährdend.
Entscheidung des Arbeitsgerichts
Das Arbeitsgericht Darmstadt wies die Klage ab. Es stellte fest, dass keine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung vorlag, da die Klägerin weder behindert war noch ihr Übergewicht als Behinderung im rechtlichen Sinne galt. Auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aufgrund einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wurde abgelehnt. Das Gericht sah keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Selbst wenn das äußere Erscheinungsbild in die Entscheidungsfindung eingeflossen sei, stelle dies keinen widerrechtlichen Eingriff dar. Ein Anspruch auf Entschädigung oder Schmerzensgeld wurde daher verneint.
Quelle: Arbeitsgericht Darmstadt
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