Arbeitsrecht: Die Kündigung eines Arbeitnehmers, weil dieser Mindestlohn durchsetzen will, ist unwirksam.

Arbeitsgericht Berlin, 17.04.2015, Az.: 28 Ca 2405/15

Die frühere Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Kündigungen wegen Maßregelungen des Arbeitnehmers ist durch das Inkrafttreten des in § 612a BGB normierten Maßregelungsverbotes überholt worden.

§ 612a BGB geht somit als lex specialis der allgemeinen Regelung der sittenwidrigen Kündigung in § 138 BGB vor.

Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Das Maßregelungsverbot soll somit die faktische Ausübbarkeit des Rechts absichern, indem sie die Furcht des Arbeitnehmers vor einer disziplinierenden Maßnahme des Arbeitgebers bei Ausübung des Rechts beseitigt und auf diese Weise das auszuübende Recht selbst flankierend schützt.

In dem hier besprochenen Fall des Arbeitsgerichts Berlin hatte dieses zu prüfen, ob die Kündigung eines Hausmeisters wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot unwirksam war, weil der Hausmeister gegenüber seinem Arbeitgeber den Mindestlohn durchsetzen wollte und daraufhin gekündigt worden war.

Einleitung des Falls

Der Kläger, ein 42-jähriger Hausmeister, war seit dem 1. März 2009 als einziger Mitarbeiter einer Hauseigentümergemeinschaft in Berlin beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag sah eine wöchentliche Arbeitszeit von 14 Stunden bei einer Vergütung von 315 EUR pro Monat vor, was einem Stundenlohn von 5,19 EUR entsprach. Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 EUR am 1. Januar 2015 verlangte der Kläger eine entsprechende Anpassung seines Lohns. Daraufhin bot die Arbeitgeberin eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 32 Stunden pro Monat bei einer Vergütung von 325 EUR an, was einem Stundenlohn von 10,15 EUR entsprochen hätte. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab. Kurz darauf kündigte die Arbeitgeberin dem Kläger.

Rechtsstreit: Kündigungsschutzklage

Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Berlin. Er argumentierte, dass die Kündigung als verbotene Maßregelung im Sinne von § 612a BGB unwirksam sei. Diese Vorschrift schützt Arbeitnehmer davor, benachteiligt zu werden, weil sie ihre Rechte in zulässiger Weise ausüben. Der Kläger machte geltend, dass die Kündigung unmittelbar mit seiner Forderung nach dem gesetzlichen Mindestlohn zusammenhing und daher unzulässig sei.

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin

Das Arbeitsgericht Berlin folgte der Argumentation des Klägers und entschied, dass die Kündigung als verbotene Maßregelung unwirksam sei. Es stellte fest, dass die Kündigung in direktem Zusammenhang mit der berechtigten Forderung des Klägers nach dem Mindestlohn stand. Die Beklagte habe die Kündigung ausgesprochen, um sich den wirtschaftlichen Folgen des neuen Mindestlohngesetzes zu entziehen, was als unzulässige Überschreitung ihrer Gestaltungsrechte gewertet wurde. Das Gericht betonte, dass es dem Arbeitgeber untersagt sei, einen Arbeitnehmer zu benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte, wie hier das Recht auf den gesetzlichen Mindestlohn, ausübt.

Schlussfolgerung

Das Gericht erklärte die Kündigung für unwirksam, da sie gegen § 612a BGB verstieß. Es stellte klar, dass die Beklagte nicht das Recht hatte, den Kläger für die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Rechte zu sanktionieren. Damit wurde die ordentliche Kündigung als ungerechtfertigt eingestuft, da sie in unzulässiger Weise mit der Forderung des Klägers nach dem Mindestlohn in Verbindung stand.

Quelle: Arbeitsgericht Berlin

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