Landesarbeitsgericht Köln, 11.09.2015, Az.: 4 Sa 425/15
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sind Überstunden des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber zu vergüten, wenn diese vom Arbeitgeber
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- angeordnet wurden,
- gebilligt wurden,
- geduldet wurden,
- oder wenn die Überstunden jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind.
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In dem hier dargestellten Fall des Landesarbeitsgerichts Köln hatte dieses darüber zu entscheiden, ob nicht angeordnete, aber nachträglich genehmigte Überstunden zu vergüten waren, obwohl eine Regelung im Arbeitsvertrag dieser Vergütung entgegenstand.
1. Sachverhalt: Überstunden im Hotelgewerbe
Im vorliegenden Fall bestand ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, einem Unternehmen im Hotelgewerbe. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthielt eine Regelung zu Überstunden, wonach diese nur vergütet werden sollten, wenn sie entweder ausdrücklich angeordnet wurden oder aus betrieblichen Gründen zwingend notwendig waren. Darüber hinaus mussten sie nachträglich und unverzüglich vom Vorgesetzten schriftlich bestätigt werden.
Der Kläger leistete Anfang 2014 aufgrund eines hohen Arbeitsaufkommens eine erhebliche Anzahl an Überstunden, die jedoch nicht vorab angeordnet wurden. Später genehmigte ein Vorgesetzter diese Überstunden schriftlich. Trotz dieser Genehmigung verweigerte die Beklagte die Auszahlung der Überstundenvergütung und berief sich dabei auf die vertragliche Regelung. Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht.
2. Erstinstanzliches Urteil: Arbeitsgericht gibt dem Kläger Recht
Das Arbeitsgericht entschied zugunsten des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Vergütung der geleisteten Überstunden. Dabei folgte es nicht der vertraglichen Regelung, da diese als unwirksam angesehen wurde. Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln ein, das den Fall erneut prüfte.
3. Berufung vor dem LAG Köln: Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils
Das Landesarbeitsgericht Köln folgte der Entscheidung des Arbeitsgerichts und urteilte, dass die Beklagte die Überstunden vergüten muss. Es sah die vertragliche Regelung zur Anerkennung von Überstunden als unzulässig an, da sie gegen § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verstoße. Der entscheidende Punkt war, dass die Überstunden nachträglich vom Vorgesetzten, dem Hoteldirektor, schriftlich genehmigt wurden. Diese Genehmigung reichte aus, um den Anspruch des Klägers auf Vergütung auszulösen.
4. Rechtsgrundlage: Ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Nach § 611 BGB ist der Arbeitgeber zur Vergütung von Überstunden nur verpflichtet, wenn er diese veranlasst oder sie ihm zuzurechnen sind. Laut BAG müssen Überstunden entweder angeordnet, gebilligt, geduldet oder zur Erledigung der Arbeit notwendig gewesen sein. Es reicht rechtlich aus, wenn Überstunden vom Arbeitgeber geduldet oder gebilligt werden, auch wenn sie nicht explizit angeordnet wurden.
Die Klausel im Arbeitsvertrag, die nur die Vergütung von ausdrücklich angeordneten oder zwingend notwendigen Überstunden vorsieht, widersprach dieser Rechtsprechung und schloss eine nachträgliche Billigung aus. Daher wurde sie vom Gericht als unwirksam erklärt.
5. Unwirksamkeit der Klausel und unangemessene Benachteiligung
Die Klausel des Arbeitsvertrags wurde gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB als unwirksam eingestuft, da sie den Kläger unangemessen benachteilige. Dies sei der Fall, wenn eine Vertragsbestimmung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, wie es hier der Fall war. Die ständige Rechtsprechung des BAG zur Vergütung von Überstunden stellt einen wesentlichen Grundgedanken der Regelung nach § 611 Abs. 1 und § 612 BGB dar. Die Vertragsklausel fügte zusätzliche Voraussetzungen für die Anerkennung von Überstunden hinzu, die nicht mit der Rechtslage übereinstimmen, wie z.B. die zwingende Notwendigkeit aus betrieblichen Gründen und die unverzügliche schriftliche Bestätigung.
Insgesamt urteilte das LAG Köln, dass die vertragliche Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt und daher unwirksam ist. Der Kläger hat somit Anspruch auf Vergütung der geleisteten und nachträglich genehmigten Überstunden.
Quelle: Landesarbeitsgericht Köln
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