Aufenthaltstitel für Pflegekräfte: Verwaltungsgericht lehnt Antrag ab

VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.02.2022 – Az. 11 B 99/21

Im Zentrum dieses verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens stand eine thailändische Staatsangehörige, die nach Abschluss einer einjährigen Ausbildung zur Altenpflegehelferin eine Aufenthaltserlaubnis zur weiteren Berufsausübung beantragt hatte. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hatte über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung durch die Ausländerbehörde zu entscheiden.

Fachkräftemangel vs. Aufenthaltsrecht

Trotz offensichtlichem Fachkräftemangel im Pflegebereich betonte das Gericht, dass die formalen rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach wie vor eingehalten werden müssen. Maßgeblich ist dabei insbesondere, ob die betroffene Person als Fachkraft im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gilt.

Was gilt als „qualifizierte Berufsausbildung“?

Die Antragstellerin hatte lediglich eine einjährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin abgeschlossen. Nach § 2 Abs. 12a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gilt eine Berufsausbildung nur dann als „qualifiziert“, wenn sie mindestens zwei Jahre dauert. Diese Anforderung wurde im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Folge: Kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a AufenthG.

Kein Zweckwechsel und keine Ausnahme nach § 19c AufenthG

Die Antragstellerin konnte auch nicht auf einen rechtmäßigen Wechsel des Aufenthaltszwecks verweisen. Sie war ursprünglich zu Ausbildungszwecken nach § 17 AufenthG (a. F.) eingereist. Ein nachträglicher Wechsel zu einer Beschäftigungserlaubnis nach § 18a oder § 19c AufenthG wurde nicht vollzogen. Auch eine Ausnahme nach § 19c Abs. 3 AufenthG („öffentliches Interesse“) kam nicht zur Anwendung, da es sich um eine Ermessensvorschrift handelt, die keinen Rechtsanspruch begründet.

Begründungsmangel bei der Ausreisefrist

Teilweise hatte der Eilantrag dennoch Erfolg: Die im Bescheid gesetzte Ausreisefrist wurde vom Gericht beanstandet, weil sie ohne individuelle Begründung festgelegt worden war. Die Behörde hatte versäumt, die gesetzlichen Anforderungen aus § 59 AufenthG und § 39 VwVfG (bzw. Landesrecht) zu erfüllen. Das Gericht ordnete daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in Bezug auf die Ausreisefrist bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren an.

Bedeutung für Pflegekräfte aus dem Ausland

Für Drittstaatsangehörige, die im Pflegebereich tätig sein möchten, macht der Beschluss deutlich: Die rechtlichen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zur Berufsausübung sind formell strikt geregelt. Eine einjährige Ausbildung reicht nicht aus, um als Fachkraft im Sinne des AufenthG zu gelten. Arbeitgeber und Betroffene sollten daher bereits vor Ausbildungsbeginn oder Vertragsabschluss prüfen, ob eine spätere Aufenthaltserlaubnis auf sicherer rechtlicher Grundlage beantragt werden kann.

Fazit: Kein Aufenthaltstitel ohne zweijährige Ausbildung

Der Fall zeigt exemplarisch, dass integrationspolitische Argumente oder Arbeitsmarktbedarfe nicht automatisch zu einem Aufenthaltsrecht führen. Entscheidend bleibt die Einhaltung der formalen Kriterien des Aufenthaltsrechts – insbesondere die Definition der qualifizierten Berufsausbildung. Der Versuch, durch eine Beschäftigung als Altenpflegehelferin einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu sichern, ist regelmäßig zum Scheitern verurteilt, wenn die zweijährige Ausbildungsdauer nicht nachgewiesen werden kann.

FAQ – Aufenthaltstitel für Pflegekräfte aus dem Ausland

1. Reicht eine einjährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin für einen Aufenthaltstitel in Deutschland?
Nein. Nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 2 Abs. 12a AufenthG) muss eine Berufsausbildung mindestens zwei Jahre dauern, um als „qualifiziert“ zu gelten.

2. Kann ich nach einer Ausbildung zur Pflegehilfskraft in Deutschland bleiben?
Nur dann, wenn die Ausbildung den Anforderungen einer qualifizierten Berufsausbildung entspricht und ein entsprechender Aufenthaltstitel beantragt und bewilligt wurde. Bei einjährigen Ausbildungen ist dies regelmäßig nicht der Fall.

3. Gibt es Ausnahmen für Pflegekräfte wegen des Fachkräftemangels?
Das Gesetz sieht mit § 19c Abs. 3 AufenthG eine Ermessensregelung bei öffentlichem Interesse vor. Ein Anspruch auf Aufenthalt ergibt sich daraus jedoch nicht automatisch.

4. Was passiert, wenn mein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels abgelehnt wird?
Es kann eine Ausreisefrist gesetzt und eine Abschiebung angedroht werden. Gegen den Bescheid kann Widerspruch und ggf. Klage erhoben werden. In bestimmten Fällen kann ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt werden.

5. Welche Voraussetzungen gelten für den Aufenthaltstitel als Fachkraft (§ 18a AufenthG)?
Erforderlich ist eine mindestens zweijährige, anerkannte Berufsausbildung oder ein gleichwertiger Abschluss sowie ein konkretes Arbeitsplatzangebot in einem entsprechenden Berufsfeld.

6. Was ist bei einem Zweckwechsel (z. B. von Ausbildung zu Beschäftigung) zu beachten?
Ein Wechsel des Aufenthaltszwecks ist während einer laufenden Ausbildung nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Nach einem Ausbildungsabbruch bestehen meist keine gesetzlichen Ansprüche auf einen anderen Aufenthaltstitel.

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig Holstein

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