Ausländerrecht: Trotz Erlass und Entmakelung kann eine Jugendstrafe der Einbürgerung entgegenstehen.
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Ausländerrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesverwaltungsgericht, 05.06.2014, Az.: BVerwG  10 C 4.14

Eine Grundvoraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist die Aufgabe der bisherigen (ausländischen) Staatsangehörigkeit. Oftmals ist die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit allerdings mit Problemen verbunden oder dauert sehr lange.

Bis zur Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit kann der Einbürgerungsbewerber daher bei der Einbürgerungsbehörde in Deutschland eine schriftliche Einbürgerungszusicherung gem. § 38 VwVfG beantragen, durch welche ihm dann die Einbürgerung für den Fall zugesagt wird, dass er aus der ehemaligen Staatsbürgerschaft entlassen wurde.

Voraussetzung für die Erteilung einer derartigen Zusage ist allerdings, dass der Einbürgerungsbewerber alle weiteren Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllt.

Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

Zu diesen Voraussetzungen der Einbürgerung gehört auch, dass der Einbürgerungsbewerber in einem bestimmten Umfang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist.

In dem oben genannten Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob einem in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen die Einbürgerung wegen zweimaliger strafrechtlicher Verurteilung verwehrt werden durfte, obwohl für die Jugendstrafe des Einbürgerungsbewerbers der Strafmakel der Verurteilung nach § 100 JGG für beseitigt erklärt worden war.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Türkischer Kläger hatte Einbürgerung beantragt

Der Kläger in diesem Verfahren war 1983 in der Türkei geboren und türkischer Staatsangehöriger. Seit 1996 lebte der Kläger in Deutschland und war Vater eines 2008 geborenen Kindes, welches die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Im Jahre 1997 wurde dem Kläger erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt; seit dem Jahre 2009 war er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.

Im Juni 2010 beantragte der Kläger bei dem beklagten Landkreis einen Antrag auf Einbürgerung. Zur Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen holte der Beklagte Auskunft beim Bundeszentralregister ein.

Kläger war zu Jugendstrafe verurteilt worden, diese war erlassen und entmakelt worden

Aus dem Bundeszentralregister ergab sich, dass gegen den Kläger mit Strafbefehl eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen festgesetzt worden war. Außerdem war der Kläger mit Strafurteil vom 28.11.2002 zu einer Jugendstrafe von 10 Monaten verurteilt worden, die Vollstreckung der Strafe war allerdings zur Bewährung ausgesetzt worden. Nach Ablauf der Bewährungszeit wurde die Strafe im Jahre 2005 vom Jugendgericht erlassen und der Strafmakel der Verurteilung nach § 100 JGG für beseitigt erklärt.

Aufgrund dieser Strafen lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Einbürgerungszusicherung ab.

Nach Ablehnung der Einbürgerung verklagte der Kläger die Einbürgerungsbehörde

Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht wies die auf Erteilung einer befristeten Einbürgerungszusicherung gerichtete Klage ab. Die dagegen einlegte Berufung zum Oberverwaltungsgericht wurde von diesem mit Urteil vom 22.08.2013 mit der folgenden Begründung ebenfalls zurückgewiesen:

Die zusammenzurechnenden Strafen würden die Schwelle der Unbeachtlichkeit nicht nur geringfügig überschreiten. Die Verurteilungen unterlägen keinem Verwertungsverbot nach § 51 BZRG. Tilgungsreife würde erst 10 Jahre nach der letzten Verurteilung eintreten. Die Beseitigung des Strafmakels der Jugendstrafe stünde einer Tilgung im Zentralregister nicht gleich. § 41 Abs. 3 Satz 1 BZRG begründe kein dem Verwertungsverbot des § 51 BZRG gleichstehendes Berücksichtigungsverbot.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Nach BVerwG stünden der Einbürgerung die Verurteilungen des Klägers entgegen

Gegen dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts legte der Kläger Revision zum Bundesverwaltungsgericht ein. Auch das BVerwG folgte der Ansicht des Klägers nicht und wies dessen Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Zusicherung habe, da er nach Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit weder die weiteren Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG noch diejenigen für eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG erfüllen würde.

Der Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG stünden die Verurteilungen des Klägers entgegen, welche materiell ein Einbürgerungshindernis darstellen und keinem Verwertungsverbot nach § 51 BZRG unterliegen würden.

Die Entmakelung habe nur zur Folge, dass die Strafe nicht mehr mitgeteilt werden dürfe

Daran würde auch die Tatsache nichts ändern, dass die Jugendstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen und der Strafmakel gemäß § 100 JGG für beseitigt erklärt worden seien.

Denn die Entmakelung hätte nur zur Folge, dass die Registerbehörde der Staatsangehörigkeitsbehörde diese Verurteilung nicht mehr mitteilen durfte. Ein materielles Verwertungsverbot entstünde aber erst mit der Tilgung aus dem Register, welche hier bei weiterer Straffreiheit erst im Jahre 2017 erfolgen würde.

Auch eine Ermessenseinbürgerung würde vorliegend mangels Erfüllung des Straffreiheitserfordernisses ausscheiden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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