Verwaltungsgericht Stuttgart, 12.11.2012, Az.: 11 K 3014/12
Als ausländischer Staatsbürger haben Sie einen Anspruch auf Einbürgerung (Anspruchseinbürgerung), wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
-
-
- Zum Zeitpunkt der Einbürgerung besitzen Sie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis.
- Sie haben seit mindestens 5 Jahren Ihren gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland.
- Ihren Lebensunterhalt für sich und Ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen können Sie ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bestreiten.
- Sie verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse.
- Sie verfügen über Kenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie die Lebensverhältnisse in Deutschland.
- Sie sind nicht wegen einer Straftat verurteilt (Ausnahmen für geringfügige Straftaten)
- Sie bekennen sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.
-
In bestimmten Situationen gibt es auch die Möglichkeit der Ermesseneinbürgerung, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
In dem oben genannten Fall hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart darüber zu entscheiden, ob die Einbürgerung eines pakistanischen Staatsangehörigen nichtig sei, weil dieser die deutsche Staatsangehörigkeit mittels der Angabe einer falschen Identität erworben hatte.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens
Einbürgerungsbewerber war unter falscher Identität nach Deutschland gereist
Der Kläger war im Jahr 1995 unter der Identität einer fremden, existierenden Person mit afghanischer Staatsangehörigkeit nach Deutschland eingereist und hatte um Asyl nachgesucht.
Im darauf folgenden Asylverfahren wurde ein Abschiebungsverbot in Bezug auf Afghanistan festgestellt, und der Kläger erhielt in der Folgezeit eine Aufenthaltsgenehmigung.
Schließlich beantragte der Kläger unter der falschen Identität die Einbürgerung.
Im Juli 2004 beantragte der Kläger unter seiner falschen Identität die Einbürgerung und wurde eingebürgert.
Im Oktober 2010 beantragte der Kläger dann bei der Landeshauptstadt Stuttgart, der Beklagten, seine Personalien zu berichtigen.
In diesem Zusammenhang gab er zu, dass er während seines gesamten Aufenthalts in Deutschland unter falschen afghanischen Personalien aufgetreten sei.
Da diese Täuschungshandlung jedoch länger als fünf Jahre zurückliege, könne ihm dies nicht mehr vorgehalten werden.
Die Beklagte nahm dies jedoch zum Anlass, mit Bescheid vom 14.05.2012 die Nichtigkeit der Einbürgerung des Klägers festzustellen.
Hiergegen erhob der Kläger, nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens, im September 2012 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart.
Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen, da die Einbürgerung auch nach Auffassung des Gerichts nichtig sei.
Das Gericht sah die Einbürgerung als rechtswidrig an
Nach Auffassung des Gerichts sei ein Verwaltungsakt – wie die Einbürgerung – nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sei.
Dies sei hier der Fall.
Eine zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung sei, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt sei und feststehe.
Nur wenn Gewissheit bestehe, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person sei, für die er sich ausgebe, könne nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt und Ausschlussgründe nicht gegeben seien (z. B.: welche ausländische Staatsangehörigkeit besitzt der Bewerber, ist er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen, liegt ein Ausweisungsgrund vor).
Der Kläger habe gegen diese Voraussetzung verstoßen, da aufgrund seiner falschen Identität die erforderlichen Prüfungen unterblieben oder zumindest objektiv nicht durchführbar gewesen seien.
Dieser Mangel sei auch besonders schwerwiegend und offensichtlich. Die Vorstellung, dass sich ein Ausländer unter Vorgabe einer wahren Identität, die zwar einer anderen, existierenden Person gehöre, jedoch nicht ihm selbst, eine im Ergebnis wirksame Einbürgerung erschleichen könne, erscheine dem Gericht als unerträglich.
Dem Ausländer wäre es auf diesem Wege möglich, die überwiegend im öffentlichen Interesse gebotenen Überprüfungen zu umgehen bzw. zu unterlaufen und so eine Einbürgerung zu erlangen, deren Voraussetzungen er in eigener Person überhaupt nicht erfülle.
Soweit für die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 35 Abs. 3 Staatsangehörigkeitsgesetz eine absolute 5-jährige Ausschlussfrist gelte, könne sich der Kläger auf diese Vorschrift nicht berufen. Eine „Rücknahme“ setze voraus, dass es überhaupt eine wirksame Einbürgerung gebe. Hieran fehle es jedoch vorliegend, da die Einbürgerung des Klägers von vornherein nichtig gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung hat das Gericht die Berufung zugelassen. Diese wurde durch den Kläger am 27.12.2012 eingelegt.
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.
Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de
Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Ausländerrecht.
Eine Antwort
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich habe einer frage. Bei gleicher Situation aber mit Niederlassung Erlaubnis im 2016 bekommen ist es möglich Identitättaushung?
Mit Freundlichen Grüßen
Shah wali