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Ausländerrecht: Voraussetzung des dreijährigen Bestandes der Ehe zum Erwerb eines eigenständigen Aufenthaltsrechtes gilt auch für Altfälle.

Bundesverwaltungsgericht, 10.12.2013, Az.: BVerwG 1 C 1.13

Bis zum 30.06.2011 musste gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die Ehe zwischen einem Ausländer und einem Deutschen mindestens zwei Jahre bestanden haben, bis der ausländische Staatsangehörige gem. § 31 AufenthG nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen konnte.

Zum 01.07.2011 wurde diese Mindestdauer von zwei Jahren dann auf drei Jahre erhöht. Zielsetzung dieser Gesetzesänderung war laut Gesetzgeber insbesondere die Bekämpfung der Zwangsheirat.

Rechtliche Unsicherheit bestand allerdings immer dann, wenn ein Ausländer nach altem Recht zwar die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erfüllt hatte, den Antrag auf Erteilung des selbstständigen Aufenthaltsrechtes aber erst nach Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.07.2011 gestellt hatte.

In dem oben genannten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht genau über einen solchen Sachverhalt zu entscheiden.

Einleitung – syrischer Staatsbürger war zum Studium eingereist

Der vorliegende Sachverhalt befasst sich mit einem syrischen Staatsbürger, der im Jahr 2000 zum Zweck des Studiums nach Deutschland eingereist war. Nach dem Ende seiner Ausbildung und der damit verbundenen Aufenthaltsgenehmigung erhielt er aufgrund einer Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung. Als die Ehe scheiterte, stellte er einen Antrag auf eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis, welcher jedoch abgelehnt wurde. Dieser Fall führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht endete.

Ausgangssituation – Während des Studiums heiratete er eine Deutsche

Der Kläger reiste im Jahr 2000 mit einem Studentenvisum nach Deutschland ein. Die ihm für das Studium erteilte Aufenthaltsgenehmigung wurde regelmäßig verlängert, zuletzt bis März 2009. Am 4. März 2009 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und erhielt daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung, die bis zum 12. Mai 2012 gültig war.

Trennung und Antrag auf eigenständige Aufenthaltserlaubnis

Im Mai 2011 trennten sich die Eheleute. Einige Monate später, im September 2011, beantragte der Kläger eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis, unabhängig vom Fortbestand der Ehe. Die zuständige Ausländerbehörde lehnte diesen Antrag jedoch ab. Zur Begründung führte sie an, dass die eheliche Lebensgemeinschaft weniger als drei Jahre bestanden habe. Laut der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Gesetzeslage hätte die Ehe mindestens drei Jahre dauern müssen, um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu begründen. Die bis zum 30. Juni 2011 geltende Regelung, wonach bereits zwei Jahre ausreichend gewesen wären, sei auf den Fall des Klägers nicht mehr anwendbar.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Der Kläger legte daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht ein, das jedoch die Entscheidung der Ausländerbehörde bestätigte. Auch das Verwaltungsgericht verwehrte dem Kläger ein eigenständiges Aufenthaltsrecht und verwies auf die geänderte Rechtslage. Nach Auffassung des Gerichts sei die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Fassung des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich, wonach die eheliche Lebensgemeinschaft drei Jahre bestanden haben müsse.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich jedoch der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an. Nach § 31 Abs. 1 AufenthG könne ein Ausländer, der in Deutschland in ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt habe, eine vom Fortbestand der Ehe unabhängige Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erhalten, wenn die Ehe mindestens drei Jahre bestanden habe. Diese Voraussetzung sei nach der seit dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung nicht erfüllt, da die Ehe des Klägers nur etwas mehr als zwei Jahre bestand.

Rechtliche Würdigung

Das Bundesverwaltungsgericht argumentierte, dass eine Übergangsregelung für Altfälle im Gesetz nicht vorgesehen sei. Der Anspruch auf eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis entstehe nicht automatisch durch das Ende der Ehe, sondern erst mit der Antragstellung. Da der Kläger seinen Antrag erst nach Inkrafttreten der verschärften Regelung gestellt habe, sei diese anzuwenden. Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot und den Vertrauensschutz, sah das Gericht nicht als gegeben an. Es verwies zudem auf die Härtefallregelung in § 31 Abs. 2 AufenthG, die jedoch im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kam.

Fazit

Der Fall zeigt die Bedeutung der zeitlichen Anwendbarkeit von Gesetzesänderungen im Aufenthaltsrecht. Das Bundesverwaltungsgericht stellte klar, dass für die Entscheidung über eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Rechtslage maßgeblich ist. Der Kläger konnte sich nicht auf die alte, für ihn günstigere Gesetzesfassung berufen, da diese zum Zeitpunkt seines Antrags bereits außer Kraft war.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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