Einführung: Die Nutzung der Windkraft durch Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland hat sich seit Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes 1991 in verschiedenen Phasen entwickelt. In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren wurden WEA oft einzeln und verstreut als sogenannte „Hofstellen-WEA“ errichtet – finanziert und betrieben von Privatpersonen oder kleinen Betreibergesellschaften. Ab Mitte der 1990er-Jahre setzte man verstärkt auf die Einbeziehung der Bürger vor Ort und entwickelte Bürgerwindparks in ausgewiesenen Konzentrationszonen. Die Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 brachte dann den entscheidenden Durchbruch: In den 2000er-Jahren entstanden zahlreiche Windparks – sowohl in Küstenregionen als auch an windreichen Binnenland-Standorten.
Heute stehen viele dieser älteren, kleineren Anlagen vor dem Ende ihrer Lebensdauer oder Förderung. Um windstarke Standorte zukünftig besser zu nutzen, rückt das Repowering in den Fokus. Unter Repowering versteht man den Ersatz älterer WEA durch neue, leistungsstärkere Modelle. Dies bietet gleich mehrere Vorteile – von planungsrechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten über eine bessere Netzintegration und Umweltverträglichkeit bis hin zu Vorteilen für die Gemeinde. Im Folgenden werden diese Vorteile dargestellt und anschließend die aktuellen öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen und Verfahren für Repowering-Projekte erläutert (inklusive der jüngsten rechtlichen Neuerungen), bevor auf die praktische Umsetzung solcher Vorhaben eingegangen wird.
Vorteile des Repowering von Windenergieanlagen
1. Planungsrechtliche Vorteile
In den 1990er-Jahren herrschten teils unklare rechtliche Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen. Genehmigungsentscheidungen nach Immissionsschutz- und Baurecht wurden damals häufig anders getroffen als es nach heutigem Recht der Fall wäre. So würden viele Altanlagen unter den heutigen strengeren Vorgaben keine Genehmigung mehr erhalten. Ein Beispiel: Bis 1998 wurde der relevante Schallleistungspegel im Schallgutachten bei 8 m/s Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe ermittelt; seit 1998 gilt hierfür 10 m/s, was strengere Lärmschutzanforderungen bedeutet. Repowering schafft hier Abhilfe – es ermöglicht, im Einvernehmen zwischen Gemeinde und Betreibern alte Genehmigungen an neue Standards anzupassen, indem alte, ggf. weniger geeignete Anlagen durch moderne ersetzt werden. Damit können frühere Fehlentscheidungen oder nachträgliche Regeländerungen „korrigiert“ werden. Dies steigert auch die Akzeptanz in der Bevölkerung, da neue Anlagen oft leiser und landschaftsverträglicher sind (siehe Punkt 4). Repowering im planungsrechtlichen Sinne bedeutet also auch, bestehende Windnutzung an aktuelle Vorschriften und räumliche Planungsvorgaben anzupassen, was langfristig zu geordneteren Windpark-Strukturen führt.
2. Wirtschaftliche Vorteile
Der technische Fortschritt bei Windenergieanlagen ist enorm. Anfang der 1990er-Jahre lag die durchschnittliche Nennleistung einer WEA bei nur etwa 300 kW (Kilowatt), bei einer Nabenhöhe von maximal 40 m und einem Rotordurchmesser um 30 m. Heutige Windenergieanlagen erreichen demgegenüber Nennleistungen von 5 bis 7 MW (Megawatt) und mehr – einzelne Modelle sogar bis zu ~8 MW – bei Nabenhöhen von 130–160 m und Rotordurchmessern von 130–170 m. Die Gesamthöhe moderner Anlagen kann 200 m deutlich übersteigen. Dieser erhebliche Leistungssprung ermöglicht in windstarken Gebieten ein Vielfaches des Energieertrags. Dadurch kann der Aufwand eines Repowering (Rückbau und Neubau) oft schon in kurzer Zeit durch Mehrerträge amortisiert werden.
Hinzu kommt, dass moderne WEA geringere Wartungskosten pro erzeugter Kilowattstunde aufweisen. Bei älteren Anlagen betragen die jährlichen Wartungskosten etwa 3 % der ursprünglichen Investitionssumme, während sie bei neuen Anlagen schätzungsweise nur noch 1,5–2 % ausmachen – also fast nur halb so hoch. Ein weiterer ökonomischer Vorteil von Repowering gegenüber komplett neuen Windparkstandorten ist die Nutzung vorhandener Infrastruktur: Bereits bestehende Zuwegungen, Netzanschlüsse und Kabeltrassen des alten Windparks können weiterverwendet werden, was Kosten spart.
Förderung: Das Repowering wurde zeitweise auch gesetzlich gefördert. So sah das EEG 2009 einen Repowering-Bonus von 0,5 Cent pro kWh auf die Anfangsvergütung vor, um Investitionen in neuere Anlagen anzureizen. Diese Förderung war an Bedingungen geknüpft (u.a. mussten die ersetzten Altanlagen mindestens 10 Jahre alt sein, aus derselben oder angrenzenden Gemeinde stammen, und die neue Anlage mindestens die doppelte, aber höchstens die fünffache Nennleistung der alten aufweisen). Eine Verschrottung der Altanlage war – anders als in früheren Regelungen – nicht mehr zwingend erforderlich, um den Bonus zu erhalten. Aktueller Stand: Inzwischen wurde der spezifische Repowering-Bonus im EEG allerdings abgeschafft. Seit Mitte der 2010er-Jahre erfolgen Förderungen für Windenergieanlagen über Ausschreibungen bzw. gleitende Marktprämien, ohne gesonderte Boni für Repowering-Projekte. Repowering lohnt sich heute vor allem aufgrund seiner wirtschaftlichen Vorteile an sich – insbesondere der höheren Stromerzeugung am bestehenden Standort – sowie zur Sicherung bestehender Windflächen. Viele Altanlagen fallen nach 20 Betriebsjahren aus der EEG-Vergütung; durch Repowering kann der Standort weiter für die Windstromproduktion genutzt und wieder in den Vergütungsmechanismus (heute via Ausschreibungen oder Direktvermarktung) eingebunden werden.
3. Verbesserte Netzintegration
WEA der neuen Generation verfügen über diverse technische Funktionen zur Netzstützung, was ihre Integration ins Stromnetz verbessert. Moderne Windenergieanlagen können z. B. ihre Wirkleistung gezielt regeln, bei Netzschwankungen Blindleistung bereitstellen und kurze Spannungseinbrüche durch sogenannte Fault-Ride-Through-Fähigkeiten überbrücken. Ältere Anlagen aus den 1990er-Jahren hatten solche netzdienlichen Eigenschaften noch nicht oder nur eingeschränkt. Der Gesetzgeber hat die Aufrüstung neuer Windräder in dieser Hinsicht zunächst gefördert, z. B. durch einen Systemdienstleistungsbonus im EEG (eine Zusatzvergütung für Anlagen, die bestimmte Netzstützungs-Fähigkeiten aufweisen). Damit wurde möglichen Stabilitätsproblemen durch die fluktuierende Windstrom-Einspeisung entgegengewirkt. Inzwischen sind diese technischen Anforderungen im Netzanschlussregelwerk Standard; neue WEA müssen also ohnehin bestimmte Netzstützfunktionen erfüllen. Durch Repowering werden alte Anlagen, die den heutigen Netzanforderungen nicht genügen, durch moderne, netzkompatible Anlagen ersetzt. Dies erhöht die Versorgungszuverlässigkeit insgesamt. Der Gesetzgeber unterstützt diese Entwicklung weiterhin – etwa durch das Einspeisemanagement und neue Bonusmodelle im EEG 2012/2014 (die allerdings später ausgelaufen sind) – um einer flächendeckenden Netzinstabilität infolge stark schwankender Einspeisung vorzubeugen.
4. Bessere Umweltverträglichkeit moderner Anlagen
Repowering trägt dazu bei, die Landschaftsverträglichkeit der Windenergienutzung zu erhöhen. Anstatt vieler vereinzelter kleiner Windräder („Verspargelung“ der Landschaft) können durch Repowering mehrere Altanlagen in windstarken Gebieten durch wenige leistungsfähigere Großanlagen ersetzt und an einem Standort konzentriert werden. So bleibt die Anzahl der Anlagen geringer, während der Ertrag steigt.
Neue WEA verfügen außerdem standardmäßig über technische Einrichtungen zur Reduzierung von Umweltauswirkungen. Beispielsweise sind Schattenwurfmodule heute Stand der Technik: Sie berechnen den potenziellen Schattenwurf auf benachbarte Gebäude und können die Anlage zeitweise automatisch abschalten, um die Schattendauer unter definierten Grenzwerten zu halten. Auch der früher gefürchtete sogenannte „Diskoeffekt“ – also blendende Lichtreflexe der Sonne auf glänzenden Rotorblättern – tritt bei modernen Anlagen nicht mehr auf, da Rotoren mit matten, reflexionsarmen Lackierungen versehen sind. Zudem drehen große Rotoren langsamer: Durch den größeren Rotordurchmesser weisen neue WEA eine geringere Umdrehungsgeschwindigkeit und eine ruhigere Laufcharakteristik auf. Damit einher gehen niedrigere Schallemissionspegel trotz deutlich höherer Leistung. Insgesamt sind neue Windenergieanlagen also pro erzeugter Strommenge umweltverträglicher und leiser als Altanlagen, was insbesondere Anwohnern zugutekommt und Umweltbeeinträchtigungen reduziert.
5. Vorteile für die Gemeinden
Repowering kann nicht zuletzt der Gemeinde vor Ort wirtschaftlich nutzen. Größere und ertragreichere Anlagen bedeuten tendenziell höhere Gewerbesteuereinnahmen für die Standortgemeinde, da die Erträge der Windpark-Betreiber steigen. Auch profitieren oft lokale Unternehmen: So werden Bau- und Transportaufträge für Fundamentarbeiten, Kranstellungen, Wegebau etc. häufig an regionale Firmen vergeben, was die Wertschöpfung in der Region erhöht. Darüber hinaus können Pachtverträge mit den Grundstückseigentümern im Zuge des Repowerings neu verhandelt werden. Viele beteiligte Landeigentümer stammen aus der Gemeinde selbst – sie erzielen durch zeitgemäße Pachtbedingungen höhere Einnahmen, was die Akzeptanz für neue Anlagen fördert.
Neuere gesetzliche Maßnahmen zielen ebenfalls darauf ab, die Kommunen finanziell am Windenergieausbau zu beteiligen. So ermöglicht etwa §36k EEG 2021 (eingeführt durch das EEG 2021) den Betreibern von Windparks, den Standortgemeinden freiwillig einen jährlichen finanziellen Beitrag zu zahlen, um die lokale Akzeptanz zu stärken. Einige größere Projektierer (z. B. RWE oder ENERTRAG) haben angekündigt, solche Kommunalboni bei neuen Wind- und Repowering-Projekten zu gewähren. Dies kommt letztlich der Gemeindekasse zugute und erhöht die Bereitschaft vor Ort, Repowering-Vorhaben positiv zu begleiten.
Öffentlich-rechtliche Voraussetzungen und Genehmigungsverfahren beim Repowering
Nachdem die Vorteile des Repowerings deutlich geworden sind, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Projekte. Im Wesentlichen gelten für Repowering-Vorhaben zunächst dieselben Genehmigungsanforderungen wie für die Errichtung neuer Windenergieanlagen. Allerdings wurden jüngst einige Sonderregelungen geschaffen, um Repowering zu erleichtern. Nachfolgend werden die wichtigsten öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen und Verfahrensschritte dargestellt – von der Umweltverträglichkeitsprüfung über das Immissionsschutz- und Baurecht bis hin zu neuen Privilegierungen speziell für Repowering.
1. Genehmigung und Verfahren für Windenergieanlagen allgemein
a. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein durch EU-Recht vorgegebenes Prüfinstrument, das in Deutschland im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) umgesetzt wurde. Es dient dazu, die Umweltauswirkungen größerer Projekte vor deren Zulassung systematisch zu ermitteln. Ob eine UVP für ein Windenergie-Projekt erforderlich ist, hängt von Größe und Umfang des Vorhabens ab:
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Einzelne Anlagen: Die Errichtung von ein oder zwei Windenergieanlagen löst keine UVP-Pflicht aus – hier genügt ein normales Genehmigungsverfahren ohne förmische Umweltverträglichkeitsprüfung.
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Kleine Windparks (3–5 WEA): Bei Windfarmen mit drei bis fünf Anlagen ist eine standortbezogene UVP-Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen (§§ 3c, 7 Abs.1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6.2 UVPG). Die Behörde prüft dabei im Einzelfall, ob aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten eine vollumfängliche UVP nötig ist.
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Mittlere Windparks (6–19 WEA): Bei sechs bis neunzehn Anlagen ist eine allgemeine Vorprüfung nach UVPG vorgeschrieben (§ 7 Abs.2 i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6.3 UVPG). Auch hier entscheidet sich anhand der Prüfergebnisse, ob eine vollständige UVP erfolgen muss.
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Große Windparks (≥20 WEA): Ab zwanzig Windenergieanlagen (bei jeweils über 50 m Gesamthöhe) ist eine UVP zwingend erforderlich (§ 6 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6.1 UVPG). In diesem Fall wird das Genehmigungsverfahren als förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt.
Definition Windfarm: Als Windfarm (Windpark) im Sinne dieser Regelungen gilt bereits eine Gruppe von mindestens drei WEA, deren Einwirkungsbereiche sich überschneiden oder berühren. Diese Definition – ursprünglich durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2004 (Az. 4 C 9/03) geprägt – ist mittlerweile im UVPG (§ 2 Abs. 5) gesetzlich verankert. Entscheidend ist, dass die Anlagen räumlich so nah beieinander stehen, dass sie zusammen als ein Vorhaben betrachtet werden, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Betreibern errichtet werden.
Für Repowering-Vorhaben bedeutet dies: Falls durch den Ersatz alter Anlagen die Gesamtanzahl im Windpark steigt (oder bisher einzelne Anlagen nun zu einem Windfarm-Vorhaben zusammengefasst werden), kann eine UVP-Pflicht neu ausgelöst werden. Bei bisher nicht UVP-pflichtigen Altanlagen gilt gemäß § 3b Abs. 3 UVPG, dass eine UVP durchzuführen ist, sobald durch das Repowering die maßgebliche Schwelle (z. B. 20 Anlagen) erstmals erreicht oder überschritten wird. Liegt die Anlagenzahl darunter, entscheidet die oben genannte Vorprüfung im Einzelfall, ob eine UVP nötig ist – hierbei sind auch die bereits bestehenden (alten) Anlagen in die Betrachtung einzubeziehen. Wurde für den bestehenden Windpark in der Vergangenheit schon eine UVP durchgeführt (z. B. weil er ≥20 WEA umfasste), kommt es bei Erweiterungen auf den Umfang der geplanten Änderung an (§ 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG): Handelt es sich um eine erhebliche Erweiterung (z. B. zahlreiche zusätzliche WEA), kann erneut eine UVP erforderlich sein. Bei einer Änderung einzelner WEA innerhalb eines bereits UVP-pflichtigen Parks ist nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG zu prüfen, ob die Änderung selbst UVP-pflichtig ist – d.h. ob durch das Repowering signifikant neue oder größere Umweltauswirkungen zu erwarten sind. In der Praxis neigen die Genehmigungsbehörden bei Zweifelsfällen dazu, zur Rechtssicherheit eher eine UVP anzusetzen.
b. Immissionsschutzrechtliche Genehmigung (BImSchG)
Windenergieanlagen gelten rechtlich als genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), sofern sie bestimmte Größenkriterien erfüllen. Gemäß § 2 Abs. 1 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen) benötigen Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m generell eine Genehmigung nach BImSchG im vereinfachten Verfahren (§ 19 BImSchG). Seit dem 01.07.2005 ist damit für praktisch alle mittleren und großen Windenergieanlagen – also die Mehrheit der Projekte – ein immissionsschutzrechtliches Verfahren durchzuführen. Nur sehr kleine Windanlagen (unter 50 m Gesamthöhe) können noch über ein einfaches Baugenehmigungsverfahren der Länder genehmigt werden.
Historie: Bis Mitte 2005 gab es eine andere Zuständigkeitsregelung: Damals war für bis zu 2 WEA lediglich eine Baugenehmigung (nach Landesbauordnung) nötig, erst ab 3 Anlagen griff das BImSchG-Verfahren. Diese Aufsplitterung wurde aufgehoben, um die Zuständigkeit und Prüfung bei der Immissionsschutzbehörde zu bündeln. Altanlagen, die vor dem 01.07.2005 aufgrund einer Baugenehmigung errichtet wurden (bis 2 WEA), genießen Bestandsschutz: Ihre Genehmigungen gelten kraft Gesetzes (§ 67 Abs. 9 BImSchG) als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort – ein wichtiger Punkt z.B. bei Repowering, da diese Alt-Anlagen rechtlich bereits eine BImSchG-Genehmigung haben.
Genehmigungsvoraussetzungen: Eine BImSchG-Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 6 BImSchG erfüllt sind. Dies bedeutet vor allem, dass die Pflichten aus § 5 BImSchG (Gefahrenabwehr, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, Abfallminimierung etc.) eingehalten werden und keine sonstigen öffentlichen Vorschriften (z. B. Arbeitsschutzrecht) entgegenstehen. § 5 BImSchG enthält die Betreiberpflichten und wird konkretisiert durch untergeordnete Verordnungen und Verwaltungsvorschriften – etwa die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und die TA Luft. Im Genehmigungsverfahren prüft die Immissionsschutzbehörde somit umfassend die Umweltverträglichkeit und Sicherheit des Vorhabens. Von besonderer Bedeutung ist die Konzentrationswirkung der BImSchG-Genehmigung (§ 13 BImSchG): Sie schließt die meisten anderen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen ein. Mit anderen Worten: Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung deckt alle erforderlichen Teilgenehmigungen (z. B. die Baugenehmigung, naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung etc.) ab. Die Behörde prüft das Vorhaben daher auch am Maßstab des sonstigen öffentlichen Rechts – insbesondere das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht wird vollständig mitbeurteilt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Zu diesem Zweck holt die Immissionsschutzbehörde im Verfahren die Stellungnahmen aller betroffenen Fachbehörden ein (z. B. Bauamt, Naturschutzbehörde, Wasserwirtschaft etc.), um die Entscheidung fachübergreifend treffen zu können.
c. Bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit
Parallel zur fachrechtlichen Prüfung (UVP, Immissionsschutz) ist entscheidend, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist. Die Immissionsschutzbehörde beteiligt hierzu die örtliche Bauaufsichtsbehörde, welche die Vereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht (Baugesetzbuch, BauGB) und dem Bauordnungsrecht (Landesbauordnung) beurteilt.
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Bauplanungsrecht (Standortwahl): Die Zulässigkeit einer Windenergieanlage nach BauGB richtet sich maßgeblich nach dem Standort. Das deutsche Bauplanungsrecht unterscheidet drei Bereiche: den Innenbereich ohne Bebauungsplan (§ 34 BauGB), den Innenbereich mit qualifiziertem Bebauungsplan (§ 30 BauGB) und den Außenbereich (§ 35 BauGB).
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Standort im Geltungsbereich eines Bebauungsplans: Befindet sich die geplante WEA innerhalb eines Gebiets mit einem qualifizierten Bebauungsplan, ist sie zulässig, wenn sie den Festsetzungen dieses Plans nicht widerspricht und die Erschließung (Zufahrt, Stromanschluss etc.) gesichert ist (§ 30 BauGB). Viele Gemeinden haben für Windparks eigene Sondergebiete ausgewiesen – zulässig nach § 11 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO als Sondergebiet für erneuerbare Energien (Wind- oder Solarenergie). Teilweise kommen auch Ausweisungen als Fläche für die Energieversorgung (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB) in Betracht, sofern die WEA der öffentlichen Stromversorgung dient. Bebauungspläne legen häufig nicht nur fest, wo Windräder erlaubt sind, sondern auch in welchem Maß (z. B. maximale Nabenhöhe, Mindestabstände untereinander oder zu Siedlungen). Diese Begrenzungen müssen städtebaulich begründet sein – etwa durch Hinweise auf das Orts- und Landschaftsbild (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Weicht ein Repowering-Vorhaben von den Festsetzungen ab (z. B. höhere Anlage als ursprünglich festgesetzt), ist es planungsrechtlich unzulässig. Die Gemeinde müsste in diesem Fall den Bebauungsplan ändern, um das Repowering zu ermöglichen. Eine frühzeitige Abstimmung mit der Gemeinde ist daher wichtig, wenn neue Anlagentypen größer ausfallen als im alten Plan vorgesehen.
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Unbeplanter Innenbereich: Steht am geplanten Standort kein Bebauungsplan zur Verfügung, liegt aber ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vor (Innenbereich nach § 34 BauGB), muss sich die WEA nach Art und Maß der Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Windenergieanlagen in typischen Innenbereichen (Wohn- oder Gewerbegebiete) sind in der Regel problematisch, da sie sich wegen ihrer Höhe und Nutzung kaum in eine herkömmliche Bebauung einfügen lassen. In reinen Wohngebieten wären sie beispielsweise „Gebiets-fremd“. Daher kommen Standorte im unbeplanten Innenbereich nur selten in Frage – es sei denn, die Umgebung ist bereits durch Infrastruktur oder gewerbliche Nutzung geprägt, die eine Windkraftnutzung verträglich erscheinen lässt. Entscheidend ist immer eine Einzelfallbetrachtung und die gesicherte Erschließung.
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Außenbereich: Windenergieanlagen gelten im Außenbereich (also außerhalb zusammenhängender Ortsteile) kraft Gesetzes als privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB). Der Gesetzgeber hat mit § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Windenergie explizit privilegiert, um ihren Ausbau zu erleichtern. Eine WEA ist im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist (§ 35 Abs. 1 BauGB). Dieses Kriterium – „öffentliche Belange dürfen nicht entgegenstehen“ – bedeutet: Es müssen gewichtige Gemeinwohlgründe vorliegen, um ein solches privilegiertes Vorhaben abzulehnen. Die Hürde für eine Ablehnung ist höher als bei sog. sonstigen Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB), bei denen schon eine „Beeinträchtigung“ öffentlicher Belange kritisch wäre. Öffentliche Belange sind in § 35 Abs. 3 BauGB beispielhaft aufgezählt, z. B. Belange der Raumordnung (Beachtung von Flächennutzungsplänen und Zielen der Raumordnung), des Natur- und Landschaftsschutzes, der Landesverteidigung, der Wasserwirtschaft, des Denkmalschutzes oder auch der Vermeidung von Zersiedelung. In der Praxis spielen vor allem folgende Belange eine Rolle:
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Raumordnung/Flächennutzungsplanung: Viele Gemeinden steuern die Windkraft im Flächennutzungsplan durch Konzentrationszonen. Außerhalb dieser ausgewiesenen Windvorrangflächen soll keine Windanlage errichtet werden (Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Ein Repowering am alten Standort war daher früher schwierig, wenn dieser nicht (mehr) innerhalb einer solchen Konzentrationszone lag – trotz Privilegierung.
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Landschaftsbild: Sehr hohe neue Anlagen können das Landschaftsbild stärker prägen als alte, kleinere – dies kann unter „Schutz des Orts- und Landschaftsbildes“ als Gegenargument gewertet werden.
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Naturschutz: Insbesondere der Artenschutz (Vogelschutz, Fledermäuse) ist bei Neuplanung heute strenger zu beachten als in den 1990ern.
Dank der Privilegierung ist Windenergie im Außenbereich aber grundsätzlich erwünscht – die genannten öffentlichen Belange müssen überwiegend und konkret betroffen sein, um ein Vorhaben zu verhindern (z. B. Standort liegt in einem sensiblen Naturschutzgebiet oder zu nahe an einem Dorf). In vielen Fällen lassen sich Konflikte durch Auflagen lösen (z. B. Abschaltung bei Fledermausflug, Abstand zu Vogelschutzgebieten etc.), sodass die Belange nicht „entgegenstehen“.
💡 Neue Repowering-Privilegierung: Mit dem im Februar 2023 in Kraft getretenen Windenergie-an-Land-Gesetz hat der Gesetzgeber zusätzliche bauplanungsrechtliche Erleichterungen für Repowering geschaffen. Gemäß §§ 245e Abs. 3 und 249 Abs. 3 BauGB können Repowering-Vorhaben (im Sinne von § 16b BImSchG) unter bestimmten Voraussetzungen auch außerhalb ausgewiesener Windvorranggebiete zulässig sein. Konkret wird vor Erreichen der gesetzlichen Flächenziele der Länder (§ 4 WindBG) die Ausschlusswirkung von Konzentrationsplanungen ausgesetzt: Die Gemeinde darf einem Repowering außerhalb der bisherigen Zonen nicht allein deshalb widersprechen, weil es außerhalb liegt. Und selbst nach Erreichen der Flächenziele bleiben Repowering-Anlagen bis Ende 2030 privilegiert zulässig (§ 249 Abs. 3 BauGB). Dieses befristete „Superprivileg“ ist allerdings an Auflagen gekoppelt – insbesondere darf das Vorhaben nicht die Grundzüge der bestehenden Planung berühren, d.h. die fundamentalen Planungsabsichten nicht konterkarieren. In der Praxis ist die Anwendung im Einzelfall zu prüfen, aber grundsätzlich eröffnen diese Neuerungen die Möglichkeit, alte Anlagen auch dann zu repowern, wenn der Standort ursprünglich außerhalb von Eignungsgebieten lag. Für Anlagenbetreiber, die sich früher mit strikten Ausschlussplanungen konfrontiert sahen, bedeuten die Änderungen eine deutliche Erleichterung in der Planungssicherheit.
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Bauordnungsrecht (Abstandsflächen & Sicherheit): Neben der planungsrechtlichen Zulässigkeit muss jede neue oder geänderte WEA die Anforderungen der jeweiligen Landesbauordnung einhalten. Wichtig sind hier z. B. die Statik und Standsicherheit des Turms, der Brandschutz (z. B. Blitzschutzanlagen) sowie die Einhaltung von Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken oder Gebäuden. Windenergieanlagen müssen – wie Hochhäuser oder Sendemasten auch – einen bestimmten Abstand zu Grundstücksgrenzen einhalten, der sich nach der Höhe bemisst (häufig pauschal z. B. Höhe/2). Diese Vorschriften dienen dem Schutz vor möglichen Gefahren (Umstürzen, Eiswurf) und der ausreichenden Belichtung benachbarter Grundstücke. Im Repowering-Projekt ist zu prüfen, ob die neuen, größeren Anlagen eventuell höhere Abstände erfordern als die Altanlagen. In vielen Fällen sind moderne Anlagen zwar höher, stehen aber oft auf demselben Grundstück weit genug von Siedlungen entfernt, sodass die Abstandsregeln weiterhin erfüllt werden können. Ansonsten müsste das Vorhaben entsprechend angepasst werden (z. B. Wahl eines etwas zurückgesetzten Standorts oder Reduzierung der Höhe).
2. Auswirkungen des Genehmigungsverfahrens auf Repowering-Vorhaben
Repowering bedeutet rechtlich meist, dass eine oder mehrere bestehende Anlagen durch eine oder wenige neue Anlagen ersetzt werden. Dies wirft einige Besonderheiten im Genehmigungsrecht auf, da strenggenommen eine Änderung/Erweiterung eines bestehenden Windparks vorliegt – allerdings von solchem Ausmaß, dass sie eher einer Neuerrichtung gleichkommt. In der Praxis stellt sich die Frage, ob für Repowering-Vorhaben vereinfachte Verfahren genutzt werden können oder ob ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchlaufen werden muss.
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UVP-Pflicht bei Repowering: Wie oben beschrieben, kann durch Repowering unter Umständen erstmalig eine UVP-Pflicht entstehen (wenn z. B. die Anlagenzahl über 20 steigt). Falls eine UVP für das Altprojekt nie durchgeführt wurde, prüft die Behörde bei einer Erweiterung/Änderung nun, ob durch Hinzurechnung der Bestandsanlagen die UVP-Schwellen überschritten werden (§ 3b Abs. 3 UVPG). Für kleinere Bestandsparks (unter 20 WEA) ist daher im Repowering-Vorhaben zunächst eine entsprechende UVP-Vorprüfung anzustellen, die alle Alt- und Neuanlagen umfasst. Wurde für den Alt-Windpark bereits eine UVP gemacht, so muss bei dessen Erweiterung nur die neu hinzukommende Änderung betrachtet werden (§ 3e UVPG). Bedeutet: Wird die Windfarm um weitere Anlagen vergrößert, ist maßgeblich, ob die zusätzlichen Anlagen selbst (für sich genommen) die UVP-Schwelle überschreiten oder erhebliche neue Umweltauswirkungen verursachen. Ist dies der Fall, wird eine (weitere) UVP nötig; andernfalls nicht. Im Zweifel – etwa wenn die neuen Anlagen viel größer und lauter sind als die alten – wird jedoch eher eine UVP angesetzt, um die Umweltverträglichkeit transparent zu prüfen.
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BImSchG-Genehmigung beim Repowering: Grundsätzlich erfordert der Ersatz alter Anlagen durch neue eine frische Genehmigung nach § 4 BImSchG. Die Frage ist, ob es als Änderungsgenehmigung (§ 16 BImSchG) oder als vollkommen neues Verfahren behandelt wird. Eine Anzeige nach § 15 BImSchG (für unwesentliche Änderungen) scheidet bei Repowering fast immer aus, da es sich nicht um geringfügige Änderungen handelt, sondern um den Austausch ganzer Anlagen. Ob § 16 BImSchG (Änderungsgenehmigung) anwendbar ist, hängt davon ab, ob das Vorhaben als „Änderung der Lage, Beschaffenheit oder des Betriebs“ einer bestehenden Anlage betrachtet werden kann. In der Vergangenheit wurde Repowering mangels „Änderungscharakter“ meist als Neubau gewertet – insbesondere wenn der Standort sich verlagert oder die Anlage komplett neu errichtet wird, fehlt die Kontinuität zur alten Genehmigung. Folge: Das Vorhaben musste wie ein neues Projekt das volle Genehmigungsverfahren (inkl. ggf. UVP, neuer Beteiligungen etc.) durchlaufen.
Aktuelle Erleichterung (§ 16b BImSchG): Seit 2023 kommt Repowering-Anlagen eine Sonderregelung zugute. § 16b BImSchG – eingefügt durch die BImSchG-Novelle 2024 – definiert ausdrücklich das Repowering von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und sieht ein vereinfachtes Verfahren vor. Kern dieser Regelung ist eine Delta-Prüfung: Die Genehmigungsbehörde betrachtet beim Repowering im Wesentlichen nur die zusätzlichen oder veränderten Umweltauswirkungen der neuen Anlage im Vergleich zum Ist-Zustand. Bestehende, bereits durch die Altanlage verursachte Wirkungen müssen nicht erneut bewertet werden, sofern sie sich durch die neue Anlage nicht verschlechtern. Man prüft also: Verschlechtert sich z. B. die Lärmsituation, die Schattenwurfbelastung oder der Naturhaushalt durch die neue Anlage gegenüber der alten? Wenn nein (oder wenn Verbesserungen eintreten), gestaltet sich die Genehmigung einfacher. Damit wird das Verfahren beschleunigt, da nicht jede bereits geklärte Detailfrage nochmals aufgerollt werden muss. Voraussetzungen für diese erleichterte Prüfung sind allerdings laut Gesetz: Der Austausch muss vollständig oder teilweise der Steigerung der Leistung oder Effizienz dienen (was bei größeren Neuanlagen regelmäßig der Fall ist), und er muss innerhalb gewisser Grenzen stattfinden – insbesondere räumlich und zeitlich. So darf die neue Anlage höchstens in fünffacher Entfernung ihrer Gesamthöhe vom Standort der alten errichtet werden. Außerdem muss der Repowering-Vorgang zügig erfolgen: Die neue WEA ist innerhalb von 48 Monaten nach Stilllegung der alten Anlage in Betrieb zu nehmen. Diese Vorgaben sollen sicherstellen, dass das Repowering im direkten Zusammenhang zum Altstandort steht und nicht einen völlig anderen Projektstandort umfasst. Ist das erfüllt, kann die Behörde gemäß § 16b BImSchG im vereinfachten Verfahren entscheiden. Die Öffentlichkeit wird dabei in der Regel nicht erneut beteiligt (sofern keine wesentliche Umweltverschlechterung zu erwarten ist). Neu ist auch, dass der Betreiber der neuen Anlage nicht identisch mit dem des Alt-Windrads sein muss – es reicht eine Einverständniserklärung des bisherigen Betreibers gegenüber der Behörde. Somit können Drittinvestoren leichter Repowering-Projekte übernehmen, ohne erst formal sämtliche Altanlagen erworben haben zu müssen.
In Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 16b BImSchG nicht erfüllt sind (z. B. weil der neue Standort zu weit vom alten entfernt ist oder zu viel Zeit vergeht), ist die Prüfung nach den allgemeinen Grundsätzen durchzuführen. Das bedeutet: Das Repowering-Vorhaben wird wie ein Neubau behandelt und muss alle Genehmigungsvoraussetzungen komplett erfüllen. Faktisch laufen aber auch viele § 16b-Verfahren auf eine umfassende Prüfung hinaus – denn verschlechtert sich auch nur ein Aspekt (etwa höherer Schallpegel), muss dieser wie üblich beurteilt werden. Insgesamt stellt § 16b BImSchG jedoch eine wichtige Beschleunigung dar, die Repowering begünstigen soll.
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Bauplanungsrechtliche Situation beim Repowering: Aus Bauleitplansicht kann Repowering problematisch sein, wenn sich seit Errichtung der Altanlage die Planlage geändert hat. Viele Altanlagen genießen Bestandsschutz an Standorten, die nach aktuellem Planungsrecht so nicht mehr genehmigungsfähig wären (z. B. außerhalb heutiger Konzentrationszonen oder innerhalb nun ausgewiesener Tabubereiche). Dieser Bestandsschutz bedeutet aber nicht automatisch, dass dort eine neue Anlage gebaut werden dürfte. Juristisch unterscheidet man zwischen dem Erhalt des Bestands und einer Wiedererrichtung nach Abriss: Letzteres fällt normalerweise nicht unter den Bestandsschutz. Da eine neue WEA in aller Regel sowohl in den Dimensionen (höher, größer) als auch in der technischen Ausführung eine völlig andere Anlage ist, kann man sich nicht darauf berufen, sie sei durch den Bestandsschutz der alten gedeckt. Das heißt, planungsrechtlich muss das Repowering-Vorhaben von Grund auf zulässig sein, entweder kraft Privilegierung (§ 35 BauGB) oder durch Übereinstimmung mit einem Bebauungsplan. Der Bestandsschutz des Alt-Windrads nützt in der Regel nur insoweit, als bis zur Errichtung der neuen Anlage die alte weiterbetrieben werden darf. Sobald die alte Anlage abgebaut ist, erlischt ihr Bestandsschutz. Fazit: Bei Repowering ist zu prüfen, ob am betreffenden Standort nach aktuellem Planungsrecht eine Windenergieanlage gebaut werden darf. Wenn nein, können nur die oben erwähnten neuen Ausnahmeregeln (§§ 245e, 249 BauGB) oder eine Planänderung das Vorhaben ermöglichen. In aller Regel wird man den Weg wählen, das Vorhaben an die geltende Planung anzupassen (Standortwahl, Höhe etc.) oder – falls die Gemeinde kooperativ ist – den Flächennutzungs- oder Bebauungsplan zu ändern, um das Repowering zu ermöglichen. Eine automatische Zulässigkeit aus früherem Bestand gibt es nicht, zumal Repowering-Vorhaben nach aktueller Rechtsprechung keine bloße „Weiterführung“ einer alten Anlage darstellen, sondern einen neuen Eingriff in die Planung.
3. Förder- und Vergütungssystem (EEG) im Kontext Repowering
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat den Ausbau der Windenergie maßgeblich geprägt und enthielt zeitweise spezielle Anreize für Repowering. In der EEG-Fassung 2009 wurde – wie oben erwähnt – ein Repowering-Bonus eingeführt: Betreiber neuer WEA, die alte Anlagen ersetzten, erhielten einen Aufschlag von 0,5 ct/kWh auf die Einspeisevergütung der ersten Vergütungsstufe. Diese Förderung war als Anschub für den Ersatz kleinerer, weniger effizienter Windräder gedacht. Zusätzlich konnten Repowering-Anlagen den Systemdienstleistungs-Bonus erhalten, wenn sie bestimmte Netzeigenschaften erfüllten. Die genannten Bonusregelungen entfalteten auch Wirkung: Zwischen 2012 und 2014 lag der Anteil des Repowerings an den Neubaukapazitäten deutlich höher als heute.
Mit der EEG-Novelle 2014 und der schrittweisen Umstellung auf Ausschreibungen (EEG 2017 ff.) wurden die meisten technologiespezifischen Boni jedoch abgeschafft. Aktuell bietet das EEG keine direkte Zusatzvergütung für Repowering-Projekte mehr. Windenergieanlagen – ob Repowering oder Neuanlage – erhalten ihre Vergütung entweder über Ausschreibungsergebnisse (Marktprämie) oder durch direkte Stromvermarktung mit möglichen Fördermechanismen (z. B. langfristige Power Purchase Agreements, wenn keine EEG-Förderung in Anspruch genommen wird). Das Fehlen eines Bonus hat dazu geführt, dass Repowering heute marktwirtschaftlich erfolgen muss. Dennoch bleibt es attraktiv, weil neue Anlagen an guten Standorten genügend Mehrertrag liefern, um auch im Wettbewerb zu bestehen. Zudem hat der Gesetzgeber indirekte Anreize gesetzt, etwa indem die Standortsicherung erleichtert wurde (kein Verlust der Privilegierung, siehe BauGB-Neuregelungen) und indem Altanlagen nach 20 Jahren Förderung keine Anschlussvergütung mehr erhalten – was Repowering wirtschaftlich interessanter macht. Zusammengefasst: Auch ohne speziellen Bonus ist Repowering ein zentraler Baustein, um die im EEG 2023 angehobenen Ausbauziele für Onshore-Wind (115 GW bis 2030) zu erreichen, da an bestehenden Windstandorten mit weniger Aufwand deutlich mehr Leistung installiert werden kann.
Rechtliche Umsetzung eines Repowering-Projekts in der Praxis
Stehen die öffentlich-rechtlichen Weichen für ein Repowering auf Grün (d.h. das Vorhaben ist planungs- und genehmigungsrechtlich zulässig), stellt sich die Frage nach der konkreten Umsetzung durch die Beteiligten. Hier kommt es darauf an, wer als Initiator bzw. Projektträger des Repowerings auftritt:
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Option 1: Repowering durch die Alt-Betreiber (Eigenregie). Häufig schließen sich ein oder mehrere der bestehenden Anlagenbetreiber zusammen, um gemeinsam ihre alten WEA durch neuere zu ersetzen. In diesem Fall bleibt das rechtliche und organisatorische Konstrukt des Windparks im Kern erhalten. Beispielsweise können die bisherigen Betreibergesellschaften bestehen bleiben und lediglich in neue Turbinen investieren. Verträge – etwa mit Grundstückseigentümern oder Stromabnehmern – können angepasst oder neu abgeschlossen werden, aber die lokale Verankerung bleibt hoch. Vorteil: Das vorhandene Know-how der Betreiber über Standort und Anlage kann genutzt werden, und die Wertschöpfung bleibt in der Region (gerade bei Bürgerwindparks ein wichtiger Faktor). Zu regeln sind hierbei insbesondere die Gemeinschaftsverträge (wenn mehrere Betreiber gemeinsam agieren) und die Finanzierung des Neubaus. Oft wird eine bestehende Betriebsgesellschaft erweitert oder eine neue Projektgesellschaft gegründet, an der die Alt-Betreiber beteiligt sind.
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Option 2: Repowering durch einen Dritten (Investoreneinstieg). Alternativ kann ein externer Investor – etwa ein großer Windparkentwickler oder Energieversorger – an die bisherigen Betreiber herantreten, um das Repowering durchzuführen. In diesem Szenario werden die alten Anlagen bzw. deren Gesellschaften zunächst übernommen (gekauft oder zusammengeführt) und anschließend die Altanlagen abgebaut und durch neue ersetzt. Rechtlich erfolgt dies meist über einen Unternehmenskauf oder eine Beteiligung: Entweder kauft der Investor die Geschäftsanteile der bestehenden Betreibergesellschaft(en) (Share Deal) oder er erwirbt die Anlagen und Projektassets direkt (Asset Deal), inklusive nötiger Verträge, Genehmigungen und Grundstücksrechte. Eine ausführliche Due-Diligence-Prüfung geht dem Kauf voraus – hierbei werden alle wichtigen Aspekte geprüft: die rechtlichen Verhältnisse (Genehmigungen, Verträge, Haftungsrisiken), der technische Zustand der Altanlagen, sowie finanzielle und steuerliche Gesichtspunkte. Nach der Übernahme sorgt der Investor für Planung, Genehmigung und Bau der neuen Anlagen. Vorteil: Häufig bringen erfahrene Projektierer mehr Kapital und Expertise mit, um größere Repowering-Vorhaben effizient umzusetzen. Die bisherigen Eigentümer werden entweder abgefunden oder bleiben als Minderheitsbeteiligte an der neuen Gesellschaft beteiligt, je nach Verhandlung.
Unabhängig vom gewählten Modell müssen beim Repowering alle Beteiligten eng kooperieren – von den Grundstücksverpächtern über die Gemeinde bis hin zu Netzbetreibern und Finanzierern. Vertragsanpassungen sind erforderlich, z. B. neue Pachtverträge (weil die Anlagen höher und oft rentabler sind, werden Pachten neu verhandelt) oder Anpassungen von Wartungsverträgen und Versicherungen. Auch der Rückbau der Altanlagen will geregelt sein (Entsorgung/Recycling, ggf. Weiterverkauf gebrauchter Anlagen ins Ausland). Schließlich ist zu beachten, dass während der Repowering-Phase Ertragsausfälle durch Stillstand entstehen können – ein kluger Zeitplan (ggf. mit Übergangslösungen, etwa dem Weiterbetrieb einzelner Altanlagen bis zur Inbetriebnahme der neuen) minimiert solche Effekte.
Fazit: Repowering-Projekte sind komplex, bieten aber große Chancen. Sie verbinden die Erfahrung und Infrastruktur bestehender Windstandorte mit der Effizienz moderner Anlagentechnik. Rechtlich hat sich in jüngster Zeit viel getan, um diese Vorhaben zu erleichtern – von der Planungs- und Genehmigungsebene (Stichwort § 16b BImSchG und § 245e BauGB) bis hin zur Förderung durch verbesserte Rahmenbedingungen. Mit sorgfältiger Planung, Abstimmung mit den Behörden und ggf. professioneller Unterstützung (Planungsbüros, Rechtsberatung) lassen sich Repowering-Vorhaben heute deutlich schneller und rechtssicherer realisieren als noch vor einigen Jahren. Dies kommt dem Ausbau der Windenergie und allen Beteiligten zugute.
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