Amtsgericht Steinfurt, 10.04.2014, 21 C 987/13
Oftmals fragen sich Mieter, ob sie verpflichtet sind, das Betreten oder das Fotografieren Ihrer Wohnung durch den Vermieter zu dulden.
Grundsätzlich gilt, dass durch Abschluss des Mietvertrages und Übergabe der Wohnung an den Mieter, beide Mietvertragsparteien einig sind, dass ab Vertragsschluss der Mieter das Hausrecht in seiner Wohnung ausübt.
Dieses Hausrecht gilt selbstverständlich auch gegenüber dem Vermieter, was oftmals zu Konflikten zwischen dem Vermieter und dem Mieter führen kann.
Denn dem Vermieter steht nur aus besonderem Anlass ein Betretungs- und Besichtigungsrecht an seiner Wohnung zu.
Typische Gründe für ein Besichtigungs- und Betretungsrecht sind zum Beispiel:
– Ablesen von Messvorrichtungen in der Wohnung.
– Vorbereitung von Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen
– Die Vorführung der Wohnung an Miet- oder Kaufinteressenten.
In dem oben genannten Urteil des Amtsgerichts Steinfurt hatte dieses darüber zu entscheiden, ob der Mieter verpflichtet war, auch das Fotografieren seiner Wohnung zur Erstellung einer Internetanzeige zu dulden.
Sachverhalt des Falls
Die Klägerin war Eigentümerin einer Wohnung, die an den beklagten Mieter vermietet war. Die Wohnung befand sich in einem Gebäude, das einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehörte, der auch ein weiterer Miteigentümer angehörte. Die Klägerin plante, ihre Wohnung zu verkaufen, jedoch stellte sich der Miteigentümer gegen diese Absicht und verweigerte die Zustimmung gegenüber potenziellen Käufern. Der beklagte Mieter verweigerte zudem sowohl das Fotografieren der Innenräume der Wohnung als auch die Besichtigung durch Kaufinteressenten. Daraufhin mahnte der Anwalt der Klägerin den Mieter ab, mit der Begründung, dieser müsse das Fotografieren der Innenräume für ein Exposé und für eine Anzeige im Internet dulden.
Entscheidung des Amtsgerichts Steinfurt
Das Amtsgericht Steinfurt entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Anfertigung von Fotos der vermieteten Wohnung habe. Es wurde betont, dass es keine gesetzliche Norm gibt, die den Mieter dazu verpflichtet, solche Maßnahmen zu dulden. Stattdessen müssen bei der Abwägung die Interessen beider Vertragsparteien angemessen berücksichtigt werden. Dabei spielen auch die grundrechtlichen Wertungen eine Rolle, die bei der Auslegung des materiellen Rechts herangezogen werden müssen.
Abwägung der Grundrechte
Aufseiten der Klägerin stand das Eigentumsrecht aus Art. 14 Grundgesetz (GG), das ihr das Recht zur freien Veräußerung ihrer Wohnung gibt. Aufseiten des Mieters schützte jedoch ebenfalls Art. 14 GG seinen berechtigten Besitz an der Wohnung. Zudem griff die Fertigung und Veröffentlichung von Fotos der Innenräume in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters ein, das durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG geschützt ist. Darüber hinaus fiel dies auch unter den Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG.
Urteil: Vorrang der Interessen des Mieters
Das Gericht stellte klar, dass die Klägerin durch die Vermietung der Wohnung freiwillig auf den unmittelbaren Besitz verzichtet habe und der Mieter ein Anrecht auf die ungestörte Nutzung habe. Die Veröffentlichung der Fotos im Internet würde einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Mieters bedeuten, da diese einer unbestimmten Anzahl von Betrachtern zugänglich gemacht würden. Das Verwertungsrecht der Klägerin wog im Vergleich dazu weniger schwer. Es wurde darauf hingewiesen, dass Wohnungen auch ohne Innenaufnahmen verkauft werden könnten, wie durch Außenansichten oder Grundrisse. Insgesamt entschied das Gericht zugunsten des Mieters, dessen Persönlichkeitsrechte schwerer wogen als das Interesse der Klägerin an einer besseren Vermarktung.
Quelle: Amtsgericht Steinfurt
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.
Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de
Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Mietrecht.