Mietrecht: Der Mieter hat auch bei bereits bestehenden Rauchmeldern den vermieterseitigen Einbau von Rauchmeldern zu dulden.
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

Landgericht Halle, 30.06.2014, Az.: 3 S 11/14

Bis vor nicht allzu langer Zeit war die Anbringung von Rauchmeldern in Mietwohnungen reine Privatsache. Dies hat sich mittlerweile geändert. In vielen Bundesländern ist der Einbau von Rauchwarnmeldern mittlerweile Pflicht.

Die dahingehende Verpflichtung ergibt sich aus den jeweiligen Landesbauordnungen. Dort ist nicht nur geregelt, für welche Gebäude die Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern besteht, sondern auch, in welchen Räumen der Wohnung oder des Hauses diese installiert werden müssen.

Mit der Frage, ob eine Mieterin zur Duldung der Anbringung von Rauchwarnmeldern verpflichtet werden konnte, obwohl sie bereits selbstständig welche angebracht hatte, musste sich das Landgericht Halle in der oben genannten Entscheidung befassen.

Sachverhalt: Die beklagte Mieterin wandte sich gegen eine Verpflichtung zur Duldung des Anbringens von Rauchwarnmeldern in ihrer 3-Raum-Wohnung durch die klägerische Wohnungsgenossenschaft als Vermieterin und Wohnungseigentümerin.

Grund für die Weigerung war nach ihren Angaben, dass sie im Jahre 2009 in der Wohnung bereits auf eigene Kosten Rauchwarnmelder angebracht hatte.

Wegen dieser Weigerung reichte die Klägerin beim Amtsgericht Halle Klage auf Duldung der Anbringung von Rauchwarnmeldern durch die Beklagte ein.

Im Rahmen dieses Rechtsstreits war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Einbau der Rauchwarnmelder unter Einsatz von leichter Klebe- und Bohrtechnik und damit ohne größere Lärm- und Staubentwicklung innerhalb von ca. einer Viertelstunde erfolgen könnte.

Ebenso war unstreitig, dass die Rauchmelder über eine Funkwartung verfügen würden, durch welche auch das automatische Melden von Defekten zwischen den Wartungszyklen erfolgen und kein Betreten der Wohnung mehr erforderlich werden würde und zudem keine Mieterhöhung verlangt werde würde, sondern eine Umlegung der Kosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung erfolgen sollte.

Die Klägerin hatte zunächst (nur) beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Anbringen eines Rauchwarnmelders im Wohnzimmer (Raum 1) der betroffenen Wohnung der Beklagten zu dulden, erweiterte dann aber vor der mündlichen Verhandlung die Klage auf den vom Amtsgericht zuerkannten Umfang, dem die Beklagte allerdings nicht zugestimmte.

Das Amtsgericht Halle (Saale) verurteilte die Beklagte schließlich dazu, das Anbringen von Rauchwarnmeldern im Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer und Flur der Wohnung durch die Klägerin oder eine von ihr beauftragte Fachfirma zu dulden.

Hiergegen legte die Beklagte Berufung zum Landgericht Halle mit der Begründung ein, die Klägerin habe einen gegenüber dem Klagantrag völlig anderen Streitgegenstand durch ihre „Klagerweiterung” eingebracht. Dies sei unzulässig.

47 Abs. 4 Landesbauordnung Sachsen-Anhalt (LBO-LSA) würde keinerlei Duldungspflichten begründen, zumal dort jedenfalls (gerade) nicht das Wohnzimmer benannt werde, sondern lediglich Schlafräume, Kinderzimmer und Flure als Installationsorte.

Die Klägerin habe sich zudem nicht über die tatsächliche Nutzung der einzelnen Räumlichkeiten vorab abschließend informiert, so dass der Sinn der Nachrüstungspflicht des § 47 Abs. 4 (LBO-LSA) für bestimmte gefährdete Räumlichkeiten ersichtlich sei. Diese Norm nenne auch nicht den Eigentümer als Normadressaten, so dass die Mieterin als Dritte ebenso Nachrüstungspflichten erfüllen könne und hier auch ausreichend erfüllt habe.

Die Abwägung der Interessen zwischen der Beklagten als Mieterin und der Klägerin als Vermieterin sei damit zugunsten der Mieterin vorzunehmen, zumal auch kurze Arbeiten sich jedenfalls als „lästig” durch das Betreten von Dritten und den damit verbundenen Einwirkungen darstellen würden.

Auch die zu erwartende Umlegung der Aufwendungen als Betriebskosten sei insoweit zu berücksichtigen genauso wie die bereits getätigten nutzlosen Aufwendungen für die mieterseits selbständig und eigenverantwortlich installierten Rauchwarnmelder. Eine Verwaltungsvereinfachung für die Klägerin könne dies nicht aufwiegen.

Landgericht Halle: Entgegen dieser Argumentation durch die Beklagte bestätigte das Landgericht Halle in seinem Urteil die Rechtsansicht des Amtsgerichts mit der folgenden Begründung:

Soweit die Beklagte zunächst rügen würde, dass die Klägerin mit ihrem Antrag aus dem Schriftsatz vom 29.10.2013 vor der mündlichen Verhandlung „einen völlig anderen Klaggegenstand eingebracht habe”, greife dieser Einwand nicht durch, da es sich bei dem neuen Antrag lediglich um eine quantitative Erweiterung der bereits konkretisierten und begehrten Duldungspflichten in Bezug auf die Ausstattung der Wohnung von Rauchwarnmeldern i. S. des § 264 ZPO auf weitere Räumlichkeiten der streitgegenständlichen Wohnung handeln würde.

Selbst wenn man den neuen Antrag aber als Klageänderung i. S. des § 263 ZPO betrachten würde, wäre er aus den eben genannten Gründen jedenfalls als sachdienlich zu betrachten.

Soweit die Beklagte das Urteil inhaltlich damit angreife, dass sich aus § 47 der LBO-LSA Sachsen-Anhalt nicht die Klägerin als Normadressatin ergebe, sei dem bereits deshalb nicht zu folgen, da – wie die Beklagte selbst darlegen würde – für die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften grundsätzlich der Bauherr zuständig sei, was auch laufende Instandhaltungen und Veränderungen aufgrund von (gesetzlichen) Auflagen beträfe.

Jedenfalls sei der Mieter umgekehrt keinesfalls der Normadressat der Vorschrift, da er lediglich die Nutzungsberechtigung an einer der Vorschriften entsprechenden Wohnung habe, zumal die Brandmelder nicht mitvermietet waren und nicht ursprünglich bereits zur Mietsache gehörten.

Wenn ein Mieter eigenmächtig bereits (nach Behauptung der Beklagten) 2009 (hier unstreitig nicht näher nach Art, Standard, Anbringung, Wirksamkeit sowie Wartung definierte) Rauchmelder einbauen würde, würde er damit nicht die Pflichten des eigentlichen Bauherrn erfüllen.

Vielmehr hätte der Mieter umgekehrt einen Anspruch auf Einbau gegen den Vermieter. Soweit er diesen nicht geltend machen würde, könnten „eigenmächtig” eingebaute Rauchmelder (die nicht vorher vom Vermieter geprüft und genehmigt wurden) nicht dazu führen, die grundsätzlich weiten (Dispositions-) Rechte über die Wohnungsausstattung des Vermieters zu schmälern.

Bei der (zukünftig erfolgenden) Anbringung von Rauchwarnmeldern handele es sich nämlich um duldungspflichtige Maßnahmen nach §§ 555 b Nr. 5 und 6 BGB als maßgeblichem Sicherheitszuwachs, welche noch aufgrund des unstreitig geringfügigen Eingriffes unter Bagatellmaßnahmen nach § 555 c Abs. 4 BGB fallen würden und deshalb keiner Modernisierungsankündigung bedürften.

Entgegen der Ansicht der Beklagten handele es sich bei Modernisierungsmaßnahmen in diesem Sinn auch um Installationen ohne erheblichen Eingriff in die Bausubstanz (so z. B. auch Lampen u. ä.), die einerseits i. S. des § 555 b Nr. 5 BGB die Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern würden, da sie den aktuellen und dauerhaften Sicherheitsstandard nachhaltig für alle Bewohner gleichermaßen erhöhen würden und zu denen anderseits i. S. des § 555 b Nr. 6 BGB der Vermieter jedenfalls i. S. eines Mindestmaßes nach § 47 LBO-LSA sonst verpflichtet sei, ohne dass er dies beeinflussen könnte.

Da es sich hier um zukünftige Maßnahmen handele, die erst nach dem 01.02 2013 begonnen würden, gelte gem. EGBGB 229 § 29 das neue Recht. Aber selbst bei Anwendung des alten Rechts des § 554 BGB a. F. würde diese Abwägung jedenfalls über den Rechtsgedanken des § 242 BGB erfolgen.

Da die (unstreitig) nicht neuwertigen und nicht näher beschriebenen Rauchmelder bislang nur der willkürlichen Wartung und Auswahl der Mieter ohne Prüfung durch den Vermieter unterliegen würden, könne die Beklagte nicht einwenden, dass ein Sicherheitszuwachs durch sie bereits hinreichend wirksam erfolgt sei und sie die Dispositionsbefugnis des Vermieters insoweit einschränken durfte. Die beklagte Mieterin könne sich nämlich weder auf wirtschaftliche noch personale Härtegründe i. S. des § 555 d Abs. 2 BGB berufen, die die Interessen des Vermieters an einem eigenem einheitlichen und von ihr kontrollierbaren und zu wartenden Rauchwarnsystem übersteigen:

Schon allein dadurch, dass keine Mieterhöhung erfolgen werde, entfalle der wirtschaftliche Härtegrund, da lediglich eine Umlage auf die Betriebskosten erfolgen solle, die ausweislich der vorläufigen – unwidersprochenen – Angaben der Klägerin nur mit 1,18 Euro netto als Wartungskosten und 3,66 netto als Gerätemiete pro Jahr und Gerät veranschlagt werden wird.

Im Verhältnis zu der Tatsache, dass durch den Einbau neuer und funkgewarteter Geräte nicht nur ein optimierten Sicherheitszuwachs erfolgen soll, sondern die Mieterin zugleich von jeder Kontroll- und Wartungs- und ggfls. Erneuerungs- oder Reparaturpflicht befreit werde, könne eine geringfügige Umlage über die Betriebskosten oder ein möglicher Streit um die Umlagefähigkeit diese Erleichterungen nicht überwiegen.

Die Beklagte könne deshalb auch nicht die von ihr bereits investierten (nicht konkret vorgetragenen) Kosten ihrer Rauchmelder einwenden, da sie diese eigenmächtig und ohne Überwachungsmöglichkeit durch den Vermieter eingebaut habe.

Auch andere Argumente würden eine entsprechende weit zu fassende Duldungspflicht nicht entfallen lassen:

So sei zu berücksichtigen, dass bei fehlendem Nachweis einer ordnungsgemäßer Wartung nach DIN-Vorschriften (hier DIN EN 14604 und DIN 14676) der uneingeschränkte Versicherungsschutz des Gebäudes insgesamt gefährdet sei, den der Vermieter gegenüber den entsprechenden Versicherungen im Brandfall nachzuweisen habe.

Darüber hinaus bestünden zugleich Schutzpflichten auch gegenüber den anderen Mietern, welche durch den kontrollierten und gewährleisteten ordnungsgemäßen Einbau durch Fachfirmen von geprüften einheitlichen Rauchmeldegeräten zu schützen seien.

Dagegen sei das Argument, dass sich die Beklagte auf den nur geringfügig und kurz störenden Besuch von Installateuren einrichten müsse, nicht maßgeblich, wenn die Wartung in der Folge – wie angekündigt – über eine nicht störende Funksteuerung erfolgen könne, so dass keine weiteren störenden Besuche mehr erfolgen werden. Im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Vermieters sei damit zugleich zu berücksichtigten, dass er als Großvermieter ohne Erhöhung der Betriebskosten bei individuellen Einbau der einzelnen Mieter auch nicht seine regelmäßigen Wartungspflichten ohne erheblichen personellen Aufwand erfüllen könne, da weiter jede Wohnung gesondert zu prüfen wäre.

Die Klägerin habe zudem auch hinreichend auf die Verhältnismäßigkeit ihrer Forderung im übrigen geachtet, indem sie ausdrücklich individuelle Einbautermine ermöglicht habe und selbst die Beklagte in der Berufungsbegründung ausdrücklich einräume, dass es sich lediglich um „lästige Auswirkungen” handele, welche aber in keinem Verhältnis zu der gewonnenen zusätzlichen regelmäßig überprüften Sicherheit der Wohnung stehen würden, so dass es auch im organisatorischen Ermessen des Vermieters als großer Wohnungsgesellschaft bleiben müsse, wann sie die entsprechenden Firmen zum Einbau innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitpunktes bis Ende 2015 einsetze, zumal dann umso früher ein umfassender Schutz für alle Mieter eintreten würde.

Insoweit könne auch das Argument, dass die Vermieter nach § 47 LBO-LSA noch Zeit bis Ende 2015 habe, um Rauchwarnmelder einzubauen, in der Abwägung nicht durchgreifen, da sofort eine Verbesserung – unabhängig von der gesetzlichen Auflage des § 47 LBO-LSA – entstünde. Die gesetzlichen Auflagen im Rahmen des § 47 LBO-LSA würden sich damit lediglich als ein Argument in der Abwägung der Interessen zur Prüfung der Duldungspflicht der Mieterin darstellen, die auch ansonsten im Rahmen der obigen Argumente den Einbau der beabsichtigten Rauchwarnmelder zu dulden hätte.

Zugleich folge daraus auch, dass der Vermieter bestimmen könne, dass über die in § 47 LBO-LSA benannten (Mindest-)Räumlichkeiten alle Zimmer in dem Umfang und mit dem technischen Standard ausgestattet werden könnten, die er darüber hinausgehend für sinnvoll halte.

Gerade auch eine Ausstattung des Wohnzimmers, das gerade nicht in § 47 Abs. 4 LBO-LSA genannt sei, erscheine aufgrund der Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich darin zwar eher keine schlafenden Personen aufhalten, aber dort aufgrund der typischen Nutzung (z. B. durch Kerzen oder die Vielzahl von elektrischen Geräten) Brände gehäuft auftreten und sich Rauch zuerst bemerkbar mache, offenkundig i. S. aller Wohnungsnutzer sinnvoll und sicherheitserhöhend.

Quelle: Landgericht Halle

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