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Mietrecht: Trotz fehlender Baugenehmigung kein Kündigungsrecht des Vermieters.

Landgericht Berlin, 31.05.2016, Az.: 29 O 382/15

Mietrechtliche Streitigkeiten, die daraus resultieren, dass die gemieteten Räume für die vertraglich vereinbarte Nutzung nicht genehmigt sind, sind häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. In solchen Fällen geht es meist darum, ob der Mieter die Miete aufgrund der fehlenden baurechtlichen Nutzungsgenehmigung mindern kann und/oder ob er zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages berechtigt ist.

In diesem Fall war die Sachlage jedoch umgekehrt. Die Vorsorge zur ordnungsbehördlichen Genehmigung war auf den Mieter abgewälzt worden. Da dieser die Genehmigung nicht schnell genug vorgelegt hatte, hatte der Vermieter bereits eine außerordentliche und eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen.

Der Fall der gerichtlichen Entscheidung:

Kläger war der Vermieter, Beklagte war die Mieterin.

Der Kläger hatte der Beklagten mit Vertrag vom 08.11.2011 sein in einer WEG-Anlage gelegenes Teileigentum Nr. 2 in einem Mehrfamilienhaus vermietet.

Gemäß § 3 Ziffer 1 des Mietvertrages war die Beklagte berechtigt, den Mietgegenstand als Bäckerei/Restaurant zu nutzen, sofern die ordnungsbehördlichen Genehmigungen hierfür vorlägen.

Die Beklagte betrieb eine erfolgreiche Bäckerei in den Mieträumen

Zunächst erfolgte die Backtätigkeit der Beklagten entsprechend der beantragten und ordnungsbehördlich erteilten Genehmigung in der Zeit von 3 Uhr bis 15 Uhr. Nachdem die Beklagte mit der Bäckerei wirtschaftlich großen Erfolg hatte, weitete sie ihren Backbetrieb zu einem nicht genau bekannten späteren Zeitpunkt auf 24 Stunden täglich aus und belieferte unter anderem auch Bio-Supermärkte in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang.

Nach daraus resultierenden Problemen mit der Eigentümergemeinschaft erhielt die Beklagte auf Anfrage vom Bezirksamt Mitte unter dem 18.11.2014 die Mitteilung, dass gegen die Erweiterung der Backzeiten aus planungsrechtlicher Sicht keine Bedenken bestünden und eine diesbezügliche Genehmigungspflicht nicht gegeben sei.

Das Bezirksamt leitete für die Betriebserweiterung ein Genehmigungsverfahren ein

Auf Betreiben anderer Miteigentümer revidierte das Bezirksamt nach einer bauaufsichtlichen Ortsbegehung die Auffassung von der Genehmigungsfreiheit und leitete ein Genehmigungsverfahren ein. Am 19.01.2015 stellte die Beklagte den entsprechenden Bauantrag. Dennoch forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 28.01.2015 zur Reduzierung des Backbetriebes entsprechend der alten Genehmigung sowie zur Vorlage einer neuen Genehmigung bis zum 28.02.2015 auf. Am 25.02.2015 erbat die Beklagte unter Hinweis auf das noch laufende Genehmigungsverfahren und die Übersendung eines Schreibens des Bezirksamtes, dass während des Genehmigungsverfahrens keine Nutzungsuntersagung erfolgen werde, eine Fristverlängerung.

Während des laufenden Genehmigungsverfahrens reduzierte die Mieterin den Backbetrieb nicht – Vermieter kündigt fristlos, hilfsweise fristgerecht

Gleichwohl erklärte der Kläger am 02.03.2015 die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Am 07.03.2015 erteilte das Bezirksamt der Beklagten die beantragte Baugenehmigung entsprechend der Betriebsbeschreibung, die nur durch die geänderten Backzeiten bestehen blieb. Hiergegen erhoben Mitglieder der WEG erfolglos Widerspruch und nach dessen Zurückweisung Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht. In der Folgezeit erklärte der Kläger außergerichtlich und prozessual mehrfach erneut die fristlose Kündigung, zuletzt mit Schriftsatz vom 04.02.2016.

Schließlich reichte er Räumungsklage ein.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin:

Mit dem oben genannten Urteil wies das Landgericht Berlin die Räumungsklage ab.

Den Hinweis des klagenden Vermieters, dass er bei Mietvertragsabschluss von einer „Kiezbäckerei“ ausgegangen sei und die Ausweitung der Backzeiten sowie die Außerhaus-Lieferungen vertragswidrig seien, wies das Landgericht mit dem Hinweis zurück, dass sich im Mietvertrag keinerlei entsprechende Einschränkungen finden ließen.

Das Landgericht sieht keine Beschränkung des Backbetriebs auf eine „Kiezbäckerei“

Weder gäbe es irgendwelche Einschränkungen der Backzeiten oder des Produktionsumfangs noch ein Verbot der Drittlieferungen. Daher sei der beklagten Bäckerei im Rahmen des Backbetriebs jede öffentlich-rechtlich zulässige Nutzung erlaubt.

Darüber hinaus war das Landgericht Berlin auch der Ansicht, dass die nicht rechtzeitige Beibringung der geänderten Genehmigung in diesem Fall keinen wichtigen Kündigungsgrund darstellen würde.

Denn zum einen komme es darauf an, ob und inwieweit die Nutzung in öffentlich-rechtlicher Hinsicht materiell-rechtlich zulässig sei, während es sich bei der Genehmigungserteilung selbst um einen Formalakt handle, der dies nach Prüfung nur bestätigen würde.

Fehlende behördliche Genehmigung berechtigt den Vermieter nicht zur Kündigung

Eine fehlende Genehmigung mache die Nutzung zwar (formell) rechtswidrig, jedoch obliege es dem Vermieter nicht, gegenüber seinem Mieter die Wahrung der Rechtsordnung sicherzustellen, jedenfalls solange nicht, wie seine eigene Rechtsstellung bzw. Interessenlage nicht davon betroffen werde.

Da sich der Mieter hier ersichtlich rechtstreu verhalten wollte, die erforderliche Genehmigung eingeholt hatte und die Behörde zudem signalisiert hatte, dass sie keine Nutzungsuntersagung aussprechen würde, waren auch für den Vermieter keine behördlichen Maßnahmen zu erwarten. Es sei ihm somit zumutbar gewesen, den Ausgang des Genehmigungsverfahrens abzuwarten.

Im Ergebnis wurde die Räumungsklage des klagenden Vermieters somit abgewiesen.

Quelle: Landgericht Berlin

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