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Ausländerrecht: Die Teilnahme an verfassungsfeindlichen Veranstaltungen schließt Einbürgerung aus

Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 21.11.2017, Az.: 5 A 2126/16

Nach § 11 Abs. 1 StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 des AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt. Hierbei ist zu beachten, dass das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung ist. Zum Zeitpunkt der Einbürgerung muss erkennbar sein, dass der Ausländer die grundrechtlichen Werte respektiert. Sollte der Ausländer vor der Einbürgerung verfassungsfeindliche Gesinnungen offen gelegt haben, ist es notwendig, dass der Ausländer sich hiervon abwendet, demnach darlegt, dass er seine innere Einstellung geändert hat.

In dem nachfolgenden Urteil geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen von Unterstützungshandlungen auszugehen ist und wann tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG anzunehmen sind.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Der Beklagte, die Behörde, legte Berufung beim Hessischen VGH gegen das Urteil des VG Gießen ein, das die Ablehnung der Einbürgerung des Klägers aufgehoben und die Behörde verpflichtet hatte, den Kläger einzubürgern.

Der Kläger, ein staatenloser Palästinenser, reiste 1994 nach Deutschland ein und erhielt später eine Aufenthaltserlaubnis. 2011 beantragte er seine Einbürgerung. Die Behörde lehnte dies ab, da Zweifel an seiner Verfassungstreue bestanden. Der Kläger hatte angegeben, Mitglied im Rat der Imame und Gelehrten (RIG) gewesen zu sein und war Vorsitzender der islamischen Gemeinde X-Stadt e. V. Zudem wurde ihm eine Verbindung zur Muslimbruderschaft (MB) nachgesagt.

Das Verwaltungsgericht hob die Ablehnung auf und verpflichtete die Behörde zur Einbürgerung. Es argumentierte, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Verfassungsfeindlichkeit des Klägers vorlägen.

Erste Instanz sah den Kläger als verfassungstreu an

Das VG Gießen sah keine Verfassungsfeindlichkeit des Klägers. Der Kläger habe die deutsche Grundordnung anerkannt und seine Aktivitäten als rein religiös bezeichnet. Er führte ein unauffälliges Leben, war strafrechtlich unbescholten und mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet.

Auf Antrag der Behörde wurde die Berufung zugelassen

Der Hessische VGH ließ auf Antrag der Behörde die Berufung zu. Die Behörde argumentierte, das VG habe fehlerhaft entschieden und die Verbindungen des Klägers zu verfassungsfeindlichen Organisationen unterschätzt.

Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes

Die Berufung war zulässig und begründet. Der VGH hob das Urteil des VG Gießen auf und lehnte die Einbürgerung des Klägers ab, da der Ausschlussgrund des § 11 S. 1 Nr. 1 StAG vorliege. Diese Vorschrift schließt eine Einbürgerung aus, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Ausländer verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat.

Kläger habe islamistische verfassungsfeindliche Organisation unterstützt

Der Kläger habe nachweislich Kontakte zu verfassungsfeindlichen Organisationen wie der IGD, dem RIG und der MB. Diese Organisationen streben eine islamische Herrschaftsordnung an, die mit den demokratischen Grundprinzipien unvereinbar ist. Die Aktivitäten des Klägers, wie das Übersetzen von Inhalten und die Teilnahme an Veranstaltungen, wurden als Unterstützung dieser Bestrebungen gewertet.

Eine Differenzierung zwischen der inneren Einstellung und der nach außen kundgetanen Distanzierung der RIG sei nicht möglich

Der VGH stellte fest, dass der Kläger keine glaubhafte Distanzierung von den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Organisationen vorgenommen habe. Seine Aussagen wurden als bloße Schutzbehauptungen gewertet. Da der Kläger seine Unterstützung nicht glaubhaft abgewendet habe, sei die Einbürgerung zu verweigern.

Aufgrund dieser Erwägungen wurde der Berufung stattgegeben und die Einbürgerung des Klägers abgelehnt.

 

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Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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