Arbeitsrecht: Eine Klageverzichtsformel im Aufhebungsvertrag ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesarbeitsgericht, 12.03.2015, Az.: 6 AZR 82/14

Das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann durch einen Vertrag nicht nur begründet, sondern auch wieder beendet werden. Ein solcher Aufhebungsvertrag muss gemäß § 623 BGB schriftlich geschlossen werden.

Für den Arbeitgeber kann ein Aufhebungsvertrag ein guter Weg sein, um eine rechtlich unsichere Kündigung und deren oftmals teure Folgen zu umgehen. Für einen Arbeitnehmer wiederum gibt es bei der Abfassung eines solchen Aufhebungsvertrages viele Fallstricke zu beachten, um teure Fehler zu umgehen.

Zunächst einmal sollten Arbeitnehmer darauf achten, dass in dem Aufhebungsvertrag eine ordentliche Abfindungsregelung enthalten ist. In der Rechtsprechung gilt dafür die Faustformel, dass die Abfindung bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes grundsätzlich ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr betragen sollte. Ist der Arbeitnehmer aber vorher gemobbt oder sonst irgendwie benachteiligt worden, muss sich dies ebenfalls in der Höhe der Abfindung widerspiegeln.

Des Weiteren müssen Arbeitnehmer beachten, dass mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Sperrfrist hinsichtlich des Arbeitslosengeldes drohen kann. Eine solche Sperrfrist kann nur vermieden werden, wenn in dem Aufhebungsvertrag die folgenden Regelungen enthalten sind:

– Die Kündigung wurde durch den Arbeitgeber „mit Bestimmtheit“ in Aussicht gestellt.

– Die in Aussicht gestellte Kündigung wird auf betriebliche Gründe gestützt.

– Die in Aussicht gestellte Kündigung würde zu demselben Zeitpunkt wirksam wie der Beendigungszeitpunkt im Aufhebungsvertrag.

– Die Arbeitgeberkündigung hält die nach dem Gesetz zu beachtende Kündigungsfrist ein.

– Der Arbeitnehmer erhält aufgrund des Aufhebungsvertrages eine Abfindung von mindestens 0,25 und höchstens 0,50 Gehältern pro Beschäftigungsjahr. Liegt die Abfindung darüber oder darunter, erkennt die Arbeitsagentur nur dann einen wichtigen Grund (für die Kündigung) an, wenn die Kündigung wirksam gewesen wäre.

Oftmals findet sich in dem Aufhebungsvertrag auch ein Klageverzicht, welcher den Arbeitnehmer verpflichtet, keine gerichtlichen Maßnahmen gegen den Arbeitgeber durchzuführen. In dem hier besprochenen Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein Klageverzicht in einem vorformulierten Aufhebungsvertrag wirksam war.

Hintergrund des Falls

Der Kläger war seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Am 28.12.2012 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Aufhebungsvertrag, der das Arbeitsverhältnis ohne Abfindung zum gleichen Tag beendete. Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger mit einer außerordentlichen Kündigung und Strafanzeige gedroht, da er ohne Bezahlung zwei Fertigsuppen aus dem Lagerbestand entnommen hatte. Der Vertrag enthielt eine Klausel, die einen Widerruf und Klageverzicht beinhaltete.

Tarifvertrag und Widerrufsrecht

Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Manteltarifvertrag für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen vom 25.07.2008 sieht in § 11 Abs. 10 ein Widerrufsrecht für Aufhebungsverträge vor, welches innerhalb von drei Werktagen ausgeübt werden kann. Dieses Recht kann jedoch schriftlich verzichtet werden. Der Kläger focht noch am selben Tag den Aufhebungsvertrag an und beantragte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, da die Androhung einer außerordentlichen Kündigung in Anbetracht seines langjährigen und bisher störungsfreien Arbeitsverhältnisses unzulässig gewesen sei.

Gerichtsentscheidungen im Detail

Das Arbeitsgericht wies die Klage des Klägers ab. Auf Berufung des Klägers gab das Landesarbeitsgericht der Klage statt und erklärte den Aufhebungsvertrag für unwirksam. Die Beklagte ging jedoch in Revision zum Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hob das Berufungsurteil auf und verwies den Fall zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurück. Es stellte fest, dass die Wirksamkeit des Widerrufsrechts nach dem Tarifvertrag nicht geprüft werden müsse, da der Kläger innerhalb der Widerrufsfrist keinen Widerruf im Sinne des § 11 Abs. 10 MTV erklärt hatte.

Klageverzicht und weitere Aufklärung

Das Bundesarbeitsgericht stellte jedoch fest, dass der im Aufhebungsvertrag enthaltene Klageverzicht dem Kläger grundsätzlich die Möglichkeit nahm, den Vertrag rechtlich anzufechten. Dies sei nur dann zulässig, wenn die Drohung mit der außerordentlichen Kündigung nicht widerrechtlich war. Da das Landesarbeitsgericht diese Frage noch nicht ausreichend geklärt hatte, musste es nun entscheiden, ob eine widerrechtliche Drohung vorlag.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass das Bundesarbeitsgericht die Sache zurückverwies, um zu klären, ob die Drohung mit der außerordentlichen Kündigung rechtswidrig war und inwieweit dies die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags beeinflusst.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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