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Bundesarbeitsgericht, 16.11.2010, Az.: 9 AZR 573/09
Es ist üblich, dass Arbeitgeber für jeden Mitarbeiter eine Personalakte mit Bewerbungsunterlagen, Arbeitsvertrag, Zeugnissen, Zwischenbeurteilungen, Abmahnungen, etc. anlegen.
Diese Personalakte ist insbesondere dann Ziel von Auseinandersetzungen und Klagen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, wenn die Entfernung etwaiger Abmahnungen zur Diskussion steht. Aber auch darüber hinaus hat der Arbeitnehmer zahlreiche Rechte im Hinblick auf die Personalakte, welche aus der individualrechtlichen Schutzpflicht des Arbeitgebers zur Achtung der Arbeitnehmerpersönlichkeit resultieren. Zum Beispiel dürfen nur bestimmte Personen Einsicht in die Personalakte nehmen, der Arbeitnehmer darf grundsätzlich Einsicht in die Akte nehmen, der Arbeitnehmer kann Gegendarstellungen in die Akte aufnehmen lassen, etc. Werden diese Vorgaben durch den Arbeitgeber nicht berücksichtigt, kann dies Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers begründen. Diese Regelungen gelten auch für elektronische oder digitale Personalakten, die mittlerweile zur Regel werden. Ein vielbeachtetes Urteil des BAG vom 16.11.2010 hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob ein Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Einsichtsrecht besitzt.
Sachverhalt: Der Kläger (Arbeitnehmer) war bei der Beklagten in leitender Position beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger von der Beklagten (Arbeitgeberin) ein Arbeitszeugnis, welches seiner Ansicht nach nicht der durch ihn tatsächlich geleisteten Arbeit entsprach. Es kam daraufhin zum Zeugnisrechtsstreit, der durch Vergleich beendet wurde. Im Rahmen dieses Rechtsstreits äußerte eine Personalbearbeiterin, dass Gründe vorlagen, die auf mangelnde Loyalität des Klägers hingewiesen haben. Daraufhin verlangte der Kläger die Einsicht in die Personalakte. Die Beklagte verweigerte dies und begründete ihre Ansicht damit, dass für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da der Zeugnisrechtsstreit beendet sei. Der Kläger klagte daraufhin auf Einsicht in die Personalakte vor dem Arbeitsgericht und anschließend vor dem Landesarbeitsgericht. Beide Gerichte wiesen die Klage ab. Daraufhin legte der Kläger Revision bei dem Bundesarbeitsgericht ein.
Bundesarbeitsgericht: Das BAG in Erfurt gab dem Arbeitnehmer in dem oben genannten Urteil nun Recht. Ein Anspruch folge allerdings nicht aus § 34 Bundesdatenschutzgesetz, wie vom Kläger geltend gemacht, sondern aus der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese habe die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Inhalt, auf das Wohl und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Hierzu zähle auch das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches auch über das Arbeitsverhältnis hinaus Wirkung habe.
Quelle: Bundesarbeitsgericht
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