Verwaltungsgericht München, 11.12.2019, Az. M 25 K 17.2264
Es kann vorkommen, dass die Staatsangehörigkeit einer Person nicht zweifelsfrei feststeht oder aus sonstigen Gründen bestritten wird (bspw. nach Verlust der Geburtsurkunde). Um unter anderem solche Fälle lösen zu können, wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) erlassen. Hiernach besteht auch die Möglichkeit, sich einen Staatsangehörigkeitsausweis ausstellen zu lassen, der als amtliche Urkunde solche Zweifel beseitigt. Doch können auch Deutsche, an deren deutscher Staatsangehörigkeit keine Zweifel bestehen, eine solche Urkunde beantragen?
Das Bayrische Verwaltungsgericht München (VG München) hat im nachstehenden Urteil klargestellt, dass in unzweifelhaften Fällen kein Sachbescheidungsinteresse besteht und die Behörde daher keinen Staatsangehörigenausweis ausstellen muss.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:
Vater will für sich und seine zwei Kinder einen Staatsangehörigkeitsausweis
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über den Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Kläger sind ein Vater und seine zwei Kinder, Beklagte ist eine Ausländerbehörde.
Der Vater beantragte am 21.11.2016 die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises für sich und seine Kinder. Die Behörde lehnte die Anträge mit der Begründung ab, dass kein Bedarf an der Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bestehe, da sie an der deutschen Staatsangehörigkeit der Kläger nicht zweifle. Die Familie besitze zudem deutsche Ausweispapiere.
Behörde lehnt Erteilung des Ausweises ab – Vater klagt vor dem Verwaltungsgericht
Gegen diese Entscheidung erhob der Vater Klage, da er die Ausweispapiere nicht als sicheren Nachweis für die Staatsangehörigkeit ansieht. Zudem führte er an, den Staatsangehörigkeitsausweis für Immobiliengeschäfte im Ausland zu benötigen. Aus diesen Gründen bestehe für ihn ein Interesse an der Ausstellung eines Ausweises. Er beantragte daher, die Behörde zur Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises zu verpflichten.
Die Ausländerbehörde beantragte die Abweisung der Klage, da sie ein begründetes Interesse an der Ausstellung verneine.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts München:
Verwaltungsgericht weist Klage als unzulässig und unbegründet ab
Das Verwaltungsgericht München wies die Klage ab. Es hielt sie bereits für unzulässig. Die Klage sei für die minderjährigen Kinder des Vaters unzulässig, da sie vor Gericht nicht ordnungsgemäß vertreten wurden und somit gemäß § 62 VwGO nicht prozessfähig waren.
Auch für den Vater sei die Klage unzulässig, da kein Sachbescheidungsinteresse bestehe. Die Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 Alternative 2 VwGO setze voraus, dass die Behörde ohne zureichenden Grund innerhalb einer angemessenen Frist sachlich nicht entschieden habe. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, da die Behörde nicht grundlos untätig geblieben sei.
Behörde sei zulässigerweise untätig geblieben, da kein Sachbescheidungsinteresse vorliege
Die Behörde sei vielmehr untätig geblieben, da offensichtlich kein Anspruch auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG bestehe. Dem Wortlaut der Norm sei zwar kein besonderes Antragserfordernis zu entnehmen, wie etwa, dass ein besonderes Interesse an der Feststellung bestehen müsse. Dies ergebe sich jedoch aus dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Verwaltungstätigkeit in der Regel unterbleiben müsse, wenn sie ohne erkennbaren Sinn ist. Dies gelte auch für einen Antrag nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG.
Staatsangehörigkeit sei niemals in Frage gestellt oder bestritten worden
Ein Sinn bestehe deshalb nicht, da keine Zweifel an der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers bestünden und die Staatsangehörigkeit auch nie von einer Behörde bestritten wurde. Ebenso wenig sei die Vorlage des Staatsangehörigkeitsausweises bei Immobiliengeschäften bislang notwendig gewesen, noch sei eine solche Notwendigkeit ersichtlich. Daher müsse die Behörde nicht tätig werden; ein Sachbescheidungsinteresse liege nicht vor.
Quelle: VG München
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.
Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de
Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht