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Ausländerrecht: Keine Niederlassungserlaubnis bei mangelhafter Kenntnisse der deutschen Sprache und Rechtsordnung.

Bundesverwaltungsgericht, 28.04.2015, Az.: BVerwG 1 C 21.14

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein drittstaatsangehöriger Ausländer in Deutschland eine Niederlassungserlaubnis (also einen unbefristeten Aufenthaltstitel) erlangen.

Voraussetzung dafür ist allerdings unter Anderem, dass der Ausländer gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 7 und 8 AufenthG über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt.

Von diesen Voraussetzungen kann nur in bestimmten Härtefällen eine Ausnahme gemacht werden.

In dem hier dargestellten Fall des Bundesverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob einer türkischen Staatsangehörigen eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden musste, obwohl sie weder über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache noch über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügte.

Hintergrund der Klägerin

Die 1984 geborene Klägerin, eine türkische Staatsangehörige, reiste im Jahr 2005 im Rahmen des Ehegattennachzugs zu ihrem ebenfalls türkischen Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland ein. Im selben Jahr erhielt sie erstmals eine Aufenthaltserlaubnis und wurde gleichzeitig zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet. Dieser Kurs sollte ihre Integration in die deutsche Gesellschaft fördern, insbesondere durch den Erwerb von Sprachkenntnissen und einem Verständnis der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung.

Unterbrechung des Integrationskurses

Wegen einer Schwangerschaft brach die Klägerin den Integrationskurs vorzeitig ab. Auch nach der Geburt ihres Kindes nahm sie den Kurs nicht wieder auf. Ihre Begründung lautete, dass sie ihr Kind betreuen müsse und es zudem eine schlechte Verkehrsanbindung zum Kursort gebe. In der Folgezeit gab sie an, aufgrund einer erneuten Schwangerschaft und den damit verbundenen Beschwerden nicht am Kurs teilnehmen zu können.

Aufenthaltserlaubnis und Antrag auf Niederlassungserlaubnis

Im Februar 2010 erhielt die Klägerin eine weitere Aufenthaltserlaubnis, die bis Februar 2012 befristet war und die Zusatzbestimmung „Erwerbstätigkeit gestattet“ enthielt. Im Jahr 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Diese Erlaubnis würde ihr einen unbefristeten Aufenthalt in Deutschland ermöglichen. Die Ausländerbehörde lehnte diesen Antrag jedoch mit Bescheid vom 12. November 2012 ab, da die Klägerin weder ausreichende Deutschkenntnisse noch Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung vorweisen konnte.

Gerichtliche Auseinandersetzungen

Die Klägerin erhob Klage gegen die Ablehnung der Niederlassungserlaubnis. Das Verwaltungsgericht wies ihre Klage ab. Auch die Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos. Die Klägerin legte daraufhin Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein, das sich mit der Frage auseinandersetzte, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erfüllt seien und ob die Klägerin möglicherweise aufgrund eines Härtefalls von diesen Voraussetzungen befreit werden könne.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs und wies die Revision der Klägerin zurück. Es entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 9 Abs. 2 und § 28 Abs. 2 AufenthG) habe, da sie die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung nicht nachgewiesen habe. Eine Befreiung von der Teilnahme am Integrationskurs aufgrund eines Härtefalls komme ebenfalls nicht in Betracht, da die von der Klägerin vorgebrachten Gründe keinen Härtefall darstellten.

Assoziationsrechtliche Argumente

Die Klägerin versuchte außerdem, sich auf das assoziationsrechtliche Verschlechterungsverbot (Art. 13 ARB 1/80) zu berufen, das neue Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt verbietet. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Klägerin bereits aufgrund ihrer Rechtsstellung als Familienangehörige eines türkischen Arbeitnehmers ein assoziationsrechtliches Daueraufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 habe. Dieses Recht gewährleiste ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG, die ihr einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt ermögliche. Die strengeren Anforderungen an die Niederlassungserlaubnis hätten daher keine Auswirkungen auf ihren Arbeitsmarktzugang. Die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 greife in diesem Fall nicht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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Eine Antwort

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich sehe, dass dieser Artikel von 2015 ist
    deutschen Sprache und Rechtsordnung.
    Submitted by helmer on Mittwoch, 20/05/2015 – 12:55
    0
    Bundesverwaltungsgericht, 28.04.2015, Az.: BVerwG 1 C 21.14

    Hat er weiterhin Gueltigkeit?

    Vielen Dank.

    Mit freundlichem Gruss,

    Elke Glavan

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