Ausländerrecht: Auch die Zeit der Duldung eines Asylbewerbers ist bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis anzurechnen.
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Ausländerrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesverwaltungsgericht, 13.09.2011, Az.: 1 C 17.10

Gem. § 26 Abs.4 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 AufenthG geregelten allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorliegen.

Auf die siebenjährige Frist ist die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens anzurechnen (§ 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG).

Gem. 26.4.7 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift des AufenthG kann die Ausländerbehörde in solchen Fällen bei der Ausübung des Ermessens folgende Kriterien heranziehen:

– Dauer des Aufenthaltes in Deutschland
– Integration in die Lebensverhältnisse der BRD.
– Fortdauer des Aufenthaltszweckes bzw. der Schutzgründe, die die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen.
Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun in dem oben genannten Fall darüber zu entscheiden, ob bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen die Dauer eines vorangegangenen Asylverfahrens auch dann zu berücksichtigen ist, wenn der Aufenthalt zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der ersten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einen längeren Zeitraum nur geduldet war.

Sachverhalt: Der Kläger stammte aus Äthiopien und war 1996 im Alter von 16 Jahren ohne seine Eltern nach Deutschland eingereist. Nach einem erfolglosen Asylverfahren wurde sein Aufenthalt ab Mai 2005 geduldet.

Im März 2007 erhielt der Kläger eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen und beantragte daraufhin die Erteilung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis unter Anrechnung der Dauer seines Asylverfahrens gem. § 26 Abs. 4 AufenthG.

Der Antrag wurde durch die zuständige Ausländerbehörde abgelehnt, worauf der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht einlegte. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Behörde zur Neubescheidung, der Hessische Verwaltungsgerichtshof hingegen wies die Klage im Rahmen des Berufungsverfahrens ab.

Begründet wurde die Abweisung damit, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) voraussetze, dass der Ausländer seit sieben Jahren ununterbrochen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes sei die Dauer des vom Kläger betriebenen Asylverfahrens auf diese Frist nicht anzurechnen, da zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis eine Unterbrechung von über einem Jahr liege, in der der Aufenthalt des Klägers nur geduldet gewesen sei und er keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gehabt habe.

Bundesverwaltungsgericht: Das Bundesverwaltungsgericht folgte dieser Ansicht nicht. Nach § 26 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer im Ermessenswege eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn er – neben der Erfüllung anderer Integrationsvoraussetzungen – seit sieben Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei (§ 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG).

Auf diese Frist sei auch die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens anzurechnen (§ 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG).

Das gelte – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch dann, wenn dem Ausländer nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst eine Duldung erteilt wurde, denn die Anrechnungsregelung verlange keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Senats zur Vorgängerregelung in § 35 Ausländergesetz 1990. Eine andere Auslegung würde die Vorschrift in weiten Teilen leerlaufen lassen.

Der Gesetzgeber habe die humanitären Bleiberechte zwar inzwischen neu geregelt, ein nahtloser Übergang von einem erfolglosen Asylverfahren in einen humanitären Aufenthaltstitel sei auch weiterhin vielfach aber nicht möglich.

Die gesetzlich angeordnete Anrechnung der Dauer des Asylverfahrens auf die Siebenjahresfrist hindere die Ausländerbehörde aber nicht, bei der Ausübung ihres Ermessens grundsätzlich zu verlangen, dass der Ausländer zumindest eine gewisse Zeit im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ist, bevor ihm eine Niederlassungserlaubnis erteilt werde.

Denn ein lediglich zur Durchführung eines Asylverfahrens gestatteter Aufenthalt stelle nicht in jedem Fall eine vollwertige Grundlage für eine Integration in die hiesigen Verhältnisse dar.

Außerdem sei bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, aus welchen Gründen der Aufenthalt nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst nur geduldet wurde und ob sich hieraus Rückschlüsse auf die Integration des Ausländers ergeben.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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Ein Kommentar

  • Sehr geehrte Damen und Herren,

    meine Eltern sind libanesischer Herrkunft und leben seit 1990 in der BRD.
    Von 1990-1995 hatte die eine Aufenthaltsgestattung gehabt.
    von 1995-2007 waren die im Besitz einer Duldung.
    Sie bekamen im Jahr 2007 eine Aufenthaltserlaubnis nach 104a was dehnen Leider im März 2012 aus mangelnder
    lebensunterhaltssicherung. Sie waren im Bezug von Harz 4.
    Darauf hin haben wir der Härtefallkomission angeschrieben und unser Fall geschildert. Diese gaben dann die Empfehlung
    eine Aufenthaltserlaubnis nach 23a der Familie zu erteilen.
    Die Stadt Bocholt hat dies befolgt und erteilte der Familie im Okt. 2012 eine Aufenthaltser.
    Mein Vater ist seit März 2012 in einer Vollzeitbeschäftigung.

    Mein Anliegen.:

    Vor ca. 1 Mon. war ich bei der Ausländerbehörde und nach den Voraussetzungen für mein Eltern für eine
    Niederlassungserlaubnis zu erkundigen.
    Der Sachbearbeiter teilte mir mit, dass die Zeitliche voraussetzung von 7 Jahren bei mein Vater nicht gegeben wäre.

    Als ich Ihn darauf aufmerksam gemacht hab, dass man die Zeiten der Aufenthaltsgestattung mit gezählt werden,
    meinte er dann zu mir, dass dadurch das die Familie Ihr aufenthaltsstatus unterbrochen wurde, also März 2012 – Okt 2012, erloschen sei.

    Haben wir aus der Rechtslage eine Chance auf einer Niederlassungserlaubnis, wenn alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind.7
    Sprich Arbeit, Sprache etc.?

    Mit freundlichen Grüßen

    Familie Merhi

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