Bundesverwaltungsgericht, 01.09.2011, Az.: 5 C 27.10
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der oben genannten Entscheidung darüber zu urteilen, ob es eine Voraussetzung für die Einbürgerung ist, dass die Identität des Antragstellers nachgewiesen werden kann.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens
Die Klägerin gehörte einer in der Türkei verfolgten Volksgruppe an.
Die 1988 geborene und seit 1995 in Deutschland lebende Klägerin war Angehörige der Glaubensgruppe der Jesiden. Das Jesidentum ist eine religiöse Minderheit unter den mehrheitlich muslimischen Kurden, deren Mitglieder in der Türkei ethnisch, politisch und religiös verfolgt werden.
Wegen dieser Gruppenverfolgung wurde die Klägerin im Mai 1999 in Deutschland als Asylberechtigte anerkannt.
Seit Juli 2004 besaß die Klägerin einen Reiseausweis für Flüchtlinge, in dem der Vermerk eingetragen war: „Identität nicht nachgewiesen“.
Im letzten, im Jahr 2008 ausgestellten Reiseausweis, war vermerkt, dass die eingetragenen Personalien auf den eigenen Angaben der Klägerin beruhten.
Die Klägerin war seit Juni 1999 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis und beantragte die Einbürgerung.
Trotz wiederholter Aufforderungen der Einbürgerungsbehörden, ihre Identität durch einen Auszug aus dem Geburtseintrag der türkischen Standesamtsbehörde oder durch andere Identitätsnachweise zu belegen, erklärte die Klägerin, dass sie diese Nachweise nicht erbringen könne.
Aus diesem Grund lehnte der Oberbürgermeister als Beklagter den Antrag der Klägerin per Bescheid ab.
Mit der Klage machte die Klägerin unter anderem geltend, dass es ihr als Asylberechtigte nicht zuzumuten sei, wegen amtlicher Unterlagen Kontakt mit dem türkischen Staat aufzunehmen.
Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht lehnten die Einbürgerung ab
Das Verwaltungsgericht Arnsberg wies die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht Münster hingegen gab der Berufung der Klägerin statt und verpflichtete den Beklagten, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem oben genannten Urteil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht sah die Klärung der Identität ebenfalls als notwendig an
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Klärung der Identität des Einbürgerungsbewerbers in der gesetzlichen Regelung (insbesondere des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 StAG sowie der Ausschlussgründe nach § 11 StAG 2005) vorausgesetzt.
Eine verlässliche Prüfung wesentlicher Einbürgerungsvoraussetzungen sei sonst nicht möglich.
Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts sei die Einbürgerungsbehörde nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Identität zu prüfen.
Darüber hinaus wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die vorliegenden Reiseausweise der Klägerin weder abschließende noch andere Behörden bindende Identitätsfeststellungen enthielten.
Das Oberverwaltungsgericht wird daher die Zumutbarkeit der von der Klägerin geforderten Mitwirkungshandlungen überprüfen und gegebenenfalls selbst weitere Ermittlungen anstellen müssen.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht
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