Ehegattennachzug: Für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis muss der Ehegatte mit dem richtigen Visum eingereist sein.

Verwaltungsgericht München, 02.08.2018, Az.: M 12 K 18.3

Für Personen, die nicht aus der EU kommen und die nicht Staatsangehörige eines Visumsbefreiten Landes sind, ist der Aufenthalt in Deutschland visumpflichtig. Die Botschaften und Generalkonsulate (Auslandsvertretung) der Bundesrepublik Deutschland sind für die Visumerteilung verantwortlich, § 71 Absatz 2 AufenthG. Örtlich zuständig ist die Auslandsvertretung, in deren Amtsbezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seinen Wohnsitz hat. Sachlich zuständig ist die Auslandsvertretung desjenigen Schengen-Staates, in dessen Hoheitsgebiet das alleinige oder hauptsächliche Reiseziel liegt. Der Antrag auf das Visum ist außerdem grundsätzlich persönlich bei der Auslandsvertretung an seinem Wohnsitz mit allen erforderlichen Unterlagen einzureichen.

Seit dem 5. April 2010 bildet die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) die in allen Schengen-Staaten unmittelbar geltende europarechtliche Grundlage für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Schengen-Gebiet oder für kurzfristige Aufenthalte im Schengen-Gebiet von höchstens 90 Tagen je 180 Tagen. Ein genereller Anspruch auf Erteilung eines Schengen-Visums besteht nicht. Die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Reisezwecks in Deutschland, Finanzierung der Lebenshaltungs- und Reisekosten aus eigenem Vermögen bzw. Einkommen, Bereitschaft des Visumsinhabers vor Gültigkeitsablauf des Visums wieder aus dem Schengen-Raum auszureisen sowie die Vorlage einer für den gesamten Schengen-Raum und für die gesamte Aufenthaltsdauer gültigen Reisekrankenversicherung mit einer Mindestdeckungssumme von 30.000€ müssen von der Auslandsvertretung bei jedem einzelnen Visumsantragsteller positiv festgestellt werden. Das Visum für einen geplanten längerfristigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland muss grundsätzlich bereits vor der Einreise bei der zuständigen Auslandsvertretung beantragt werden.

Wenn der Drittstaatangehörige bereits in der Absicht einreist, sich dauerhaft und somit nicht maximal für 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen in Deutschland aufzuhalten, ist die Einreise sowie der Aufenthalt ohne ein nationales Visum gem. Art. 21 Absatz 1 SDÜ nicht rechtmäßig. Ausnahmen von der Pflicht des Visums sind prinzipiell eng auszulegen. Dies bedeutet für die Auslegung des Ausnahmetatbestands des Vorliegens eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung der angestrebten Aufenthaltserlaubnis, dass sich ein solcher aus der typisierten gesetzlichen Regelung ergeben muss und Ausnahmetatbestände insoweit unberücksichtigt bleiben müssen.

Einleitung und Sachverhalt

Der Kläger, vietnamesischer Staatsbürger, reiste im Oktober 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und heiratete im selben Monat eine ebenfalls vietnamesische Staatsangehörige. Nach der Eheschließung verließ er das Bundesgebiet und kehrte im November 2017 zurück. Im Anschluss wurde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt, wobei die Hochzeit als Hauptgrund angeführt wurde. Trotz der Erfüllung aller Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 30 Absatz 1 Nr. 3 lit. d AufenthG, § 39 Nr. 6 AufenthV, wurde der Antrag abgelehnt.

Klage und Streitpunkte

Daraufhin erhob der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München. Streitig war insbesondere, ob vor der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ein Visumverfahren erforderlich sei. Der Kläger argumentierte, dass § 5 Absatz 2 Nr. 1 AufenthG aufgrund spezieller Vorschriften wie § 39 Nr. 6 AufenthV nicht anwendbar sei. Die Beklagte, die zuständige Ausländerbehörde, verwies jedoch darauf, dass kein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe, da Zweifel hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts und des ausreichenden Wohnraums bestanden. Zudem wurde ein Ausweisungsinteresse wegen der unerlaubten Einreise ohne das erforderliche nationale Visum geltend gemacht.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts München

Das Verwaltungsgericht München entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Absatz 1 Satz 1 AufenthG hat. Der Anspruch scheitere an § 5 Absatz 2 Satz 1 AufenthG, der die Einreise mit dem erforderlichen Visum voraussetzt. Ein Ausweisungsinteresse gemäß § 5 Absatz 1 Nr. 2 AufenthG liege vor, da der Kläger ohne das erforderliche nationale Visum eingereist sei.

Visumerfordernis und rechtliche Beurteilung

Nach § 4 Absatz 1 AufenthG benötigt der Kläger für die Einreise grundsätzlich einen Aufenthaltstitel. Für längerfristige Aufenthalte ist gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1 AufenthG ein nationales Visum erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Da der Kläger ohne nationales Visum eingereist ist, wurde sein Aufenthalt als nicht rechtmäßig beurteilt. Die Regelungen im Schengener Grenzkodex (SGK) und dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) lassen erkennen, dass bei Einreise mit der Absicht eines Daueraufenthalts das nationale Visumverfahren notwendig ist.

Ausnahmen vom Visumerfordernis

Zwar kann gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG von der Visumpflicht abgesehen werden, wenn ein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis besteht. Ein solcher Rechtsanspruch ist jedoch nur gegeben, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Da im vorliegenden Fall ein Ausweisungsinteresse besteht und nicht alle Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind, ist das Visumerfordernis nicht entfallen.

Schlussfolgerung

Das Gericht stellte klar, dass der Kläger ohne nationales Visum unerlaubt eingereist ist und somit kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis besteht. Die engen Anforderungen an Ausnahmen vom Visumerfordernis sind nicht erfüllt, da das Ausweisungsinteresse überwiegt und der Zweck des nationalen Visumverfahrens, die Zuwanderung effektiv zu steuern, nicht unterlaufen werden darf. Die Klage wurde daher abgewiesen.

Quelle: Verwaltungsgericht München

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