Landgericht Berlin, 24.07.2014, Az.: 67 S 94/14
Vom Hartz IV bzw. ALG II Anspruch sind nicht lediglich die Leistung des Arbeitslosengeldes, also die Regelleistung umfasst, sondern ebenso die Kosten der Unterkunft, also der Mietzins und die Heizkosten.
In einigen Fällen zahlt das Jobcenter den Mietzins direkt an den Leistungsbezieher und dieser leitet den Mietzins dann an den Vermieter weiter. In anderen Fällen leistet das Jobcenter den Mietzins direkt an den Vermieter.
Wenn das Jobcenter direkt an den Vermieter leistet und aufgrund eines Fehlers die Mietzahlungen durch das Jobcenter unterbleiben, kann es dazu kommen, dass der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzuges fristlos kündigt.
Die Auswirkungen des Ausbleibens einer vom Job-Center für den Mieter an den Vermieter zu erbringende Transferleistung auf den Zahlungsverzug des Mieters sind bislang höchstrichterlich (also vom Bundesgerichtshof) nicht geklärt worden.
In dem oben genannten Urteilte hatte sich das Landgericht Berlin mit der Frage zu befassen, ob die fristlose Kündigung eines Hartz IV Beziehers wegen Zahlungsverzuges wirksam war, obwohl dieser überhaupt keine Kenntnis davon hatte, dass das Jobcenter monatelang keine Miete an den Vermieter gezahlt hatte.
Streit um die Räumung einer Mietwohnung
In dem vorliegenden Fall ging es um die Forderung der Klägerin, die Räumung und Herausgabe einer an den Beklagten vermieteten 1-Zimmer-Wohnung. Der Mietvertrag bestand seit 2009, und es kam zu mehreren Mietrückständen, die schließlich zur Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin führten. Die vereinbarte Miete lag bei 378,00 Euro bis Januar 2013 und stieg anschließend auf 460,00 Euro. Im März 2010 zahlte der Beklagte einen Teilbetrag von 143,38 Euro nicht, und auch die Mieten für November und Dezember 2012 wurden nicht vom zuständigen Jobcenter überwiesen.
Kündigung des Mietverhältnisses
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis erstmals am 05.12.2012 aufgrund von Mietrückständen, die insgesamt 899,38 Euro betrugen. Daraufhin reichte sie Räumungsklage ein und kündigte das Mietverhältnis erneut in der Klageschrift vom 23.12.2012. Eine dritte Kündigung erfolgte am 18.04.2013 wegen weiterer Mietrückstände von 528,77 Euro. Das Amtsgericht gab der Klage statt und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung.
Berufung vor dem Landgericht Berlin
Der Beklagte legte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ein. Das Landgericht Berlin entschied zugunsten des Beklagten und wies die Räumungsklage ab. Das Gericht stellte fest, dass keine der Kündigungen rechtswirksam war und das Mietverhältnis nicht beendet wurde. Weder die außerordentliche noch die ordentliche Kündigung vom 05.12.2012 erfüllte die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 BGB. Der Beklagte war zu keinem Zeitpunkt in Zahlungsverzug in einer Höhe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde. Lediglich der Betrag von 143,38 Euro aus dem März 2010 war offen, was jedoch nicht ausreichend für eine Kündigung war.
Kein Zahlungsverzug aufgrund von Irrtum
Das Landgericht entschied zudem, dass der Beklagte keinen Zahlungsverzug hinsichtlich der Mieten für November und Dezember 2012 zu vertreten hatte. Gemäß § 286 Abs. 4 BGB kommt ein Schuldner nicht in Verzug, wenn die Leistung aufgrund eines nicht von ihm verschuldeten Umstands ausbleibt. In diesem Fall hatte das Jobcenter die Mieten nicht überwiesen, und der Beklagte befand sich in einem unvermeidbaren Tatsachenirrtum über seine Zahlungspflicht. Das Gericht entschied, dass die Kündigungen unwirksam waren und das Mietverhältnis fortbesteht.
Quelle: Landgericht Berlin
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