Mietrecht: Klausel: Streichen der „Fenster und Außentüren von innen“ ist unwirksam

AG Schwerin, Urteil vom 18.07.2025 – 14 C 19/25

Manchmal steckt die Tücke im Detail – und zwar nicht in den großen Fragen eines Mietvertrages, sondern in einzelnen Formulierungen, die man beim ersten Lesen fast überliest. Wer hätte gedacht, dass ein kleiner Zusatz wie „von innen“ im Zusammenhang mit dem Streichen von Fenstern am Ende über die Wirksamkeit einer Klausel entscheidet? Genau darum ging es in einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Schwerin (Urteil vom 18.07.2025, Az. 14 C 19/25). Und dieses Urteil zeigt einmal mehr: Mietrecht ist nicht nur trockenes Paragraphengerüst, sondern betrifft sehr konkret das alltägliche Leben von Millionen Menschen.

Worum ging es eigentlich?

Die Ausgangslage war typisch: Eine Mieterin hatte über viele Jahre in einer Wohnung gelebt und bei Einzug eine Kaution hinterlegt. Als sie auszog, forderte sie die Rückzahlung dieser Kaution sowie ein Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung. Die Vermieter wiederum hielten dagegen: Ihrer Ansicht nach hatte die Mieterin Schönheitsreparaturen – also bestimmte Renovierungsarbeiten – unterlassen. Diese Kosten wollten sie mit der Kaution verrechnen.

Dazu kam noch eine Streitfrage über die Verzinsung der Kaution. Die Mieterin war überzeugt, dass die Anlage der Kaution nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und ihr dadurch ein Schaden entstanden sei.

Das Ergebnis: Ein ganzes Bündel an Fragen, die viele Mieter und Vermieter kennen. Darf der Vermieter Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen? Wie genau muss eine Klausel formuliert sein, damit sie wirksam ist? Welche Pflichten hat der Vermieter bei der Anlage der Kaution? Und was passiert, wenn die Betriebskostenabrechnung Fehler enthält?

Das Urteil in Kürze

Das Amtsgericht Schwerin entschied:

  1. Die Schönheitsreparaturenklausel war unwirksam.
    Grund: Die Formulierung „Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen“ war nicht eindeutig. Es blieb unklar, ob sich „von innen“ auch auf die Fenster bezieht oder nur auf die Außentüren. Und genau diese Unklarheit führte zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel.

  2. Die Kaution musste zurückgezahlt werden.
    Der Vermieter durfte nicht mit angeblichen Renovierungskosten aufrechnen, weil es gar keine wirksame Grundlage dafür gab.

  3. Betriebskostenguthaben waren korrekt herauszugeben – sogar in korrigierter Höhe.
    Hier hatte die Mieterin Einwendungen erhoben, die das Gericht zum großen Teil für berechtigt hielt.

  4. Zur Verzinsung der Kaution stellte das Gericht klar:
    Der Vermieter ist verpflichtet, die Kaution sicher und zu den üblichen Konditionen für Spareinlagen anzulegen – aber er muss nicht das Institut mit den allerhöchsten Zinsen wählen.

Warum das wichtig ist

Vielleicht fragt man sich: Warum so viel Aufhebens um ein paar Sätze im Mietvertrag? Die Antwort ist einfach: Es geht um Fairness und Rechtssicherheit. Wenn Mieter eine Wohnung zurückgeben, stehen nicht selten mehrere tausend Euro im Raum – Kaution, Nebenkosten, manchmal auch Streit über den Zustand der Wohnung. Eine unklare oder unwirksame Klausel kann für den Vermieter bedeuten, dass er auf seinen Forderungen sitzen bleibt. Für den Mieter bedeutet sie hingegen oft die Rettung vor hohen Kosten.

Das Urteil aus Schwerin reiht sich ein in eine ganze Serie von Entscheidungen, die zeigen: Mietverträge müssen eindeutig formuliert sein. Jede Unklarheit geht zulasten des Vermieters, wenn er die Bedingungen gestellt hat.

Ein Gleichnis

Man könnte sagen: Ein Mietvertrag ist wie eine Landkarte. Sie soll beiden Seiten den Weg durch das Mietverhältnis zeigen. Wenn aber die Wege verschwommen gezeichnet sind und man nicht genau weiß, ob ein Pfad links oder rechts des Flusses verläuft, dann kann der Mieter nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn er die falsche Abzweigung nimmt. Genau diese „Unschärfe“ bei den Schönheitsreparaturen war hier der Knackpunkt.

Was Mieter aus dem Urteil lernen können

Das Urteil gibt Mietern wichtige Hinweise, wie sie ihre Rechte besser verstehen und durchsetzen können.

Wichtige Punkte für Mieter:

  • Prüfen Sie Ihren Mietvertrag genau: Sind die Klauseln zu Renovierungen eindeutig oder schwammig formuliert?

  • Lassen Sie sich nicht vorschnell auf Forderungen nach Schönheitsreparaturen ein. Viele solcher Klauseln sind in der Vergangenheit von Gerichten für unwirksam erklärt worden.

  • Denken Sie daran: Eine Kaution gehört Ihnen. Sie dient lediglich als Sicherheit für den Vermieter, nicht als zusätzliche Einnahmequelle.

Was Vermieter beachten sollten

Natürlich betrifft das Urteil auch Vermieter. Wer einen rechtssicheren Vertrag aufsetzen will, sollte sich nicht auf alte Formulare verlassen, sondern prüfen, ob diese den aktuellen rechtlichen Anforderungen genügen.

Tipps für Vermieter:

  1. Verwenden Sie nur aktuelle Vertragsmuster, die den neuesten Entscheidungen entsprechen.

  2. Achten Sie auf klare, eindeutige Formulierungen – insbesondere bei Schönheitsreparaturen.

  3. Legen Sie Kautionen ordnungsgemäß bei einer Bank an. Das erspart Diskussionen über Zinsen und mögliche Pflichtverletzungen.

Praktischer Nutzen für beide Seiten

Das Urteil aus Schwerin zeigt, dass Streitigkeiten vermeidbar wären, wenn beide Seiten von Anfang an transparent und fair miteinander umgehen würden. Für Mieter bedeutet das: keine Angst vor überzogenen Forderungen. Für Vermieter bedeutet es: mehr Sicherheit, wenn sie ihre Verträge klar und rechtssicher gestalten.

Und noch ein Gedanke: Solche Urteile wirken weit über den Einzelfall hinaus. Sie schaffen Orientierung – wie eine Art Kompass, der zeigt, was rechtlich zulässig ist und was nicht.

Fazit: Ein Hoffnungsschimmer für gerechtere Mietverhältnisse

Mietrecht wirkt oft kompliziert, doch im Kern geht es um etwas sehr Einfaches: Fairness. Das Urteil des AG Schwerin macht deutlich, dass Mieter nicht für unklare Vertragsformulierungen haftbar gemacht werden können. Gleichzeitig schützt es Vermieter davor, zu überhöhten Anforderungen verführt zu werden.

Man kann sagen: Jede Entscheidung dieser Art bringt ein Stück mehr Klarheit in das Verhältnis von Mieter und Vermieter. Und Klarheit ist die Grundlage für Vertrauen.

Denn am Ende wünschen sich doch beide Seiten dasselbe: ein geregeltes, faires und transparentes Mietverhältnis. Wenn Gerichte dazu beitragen, diesen Weg zu ebnen, ist das nicht nur ein Sieg für die betroffene Mieterin – sondern für alle, die wohnen oder vermieten.

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Helmer Tieben

Ich bin Helmer Tieben, LL.M. (International Tax), Rechtsanwalt und seit 2005 bei der Rechtsanwaltskammer Köln zugelassen. Ich bin auf Mietrecht, Arbeitsrecht, Migrationsrecht und Digitalrecht spezialisiert und betreue sowohl lokale als auch internationale Mandanten. Mit einem Masterabschluss der University of Melbourne und langjähriger Erfahrung in führenden Kanzleien biete ich klare und effektive Rechtslösungen. Sie können mich auch über
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