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Landesarbeitsgericht Hamm, 25.05.2012, Az.: 7 Sa 2/12
Oftmals finden sich in Arbeitsverträgen Wettbewerbsklauseln, die es dem jeweiligen Arbeitnehmer untersagen, dem Arbeitgeber während des bestehenden Arbeitsverhältnis (und auch darüber hinaus) Konkurrenz zu machen.
Bei richtiger Formulierung sind solche Klauseln natürlich zulässig. Zu beachten ist nur, dass bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zugleich eine Karenzentschädigung vorgesehen werden muss.
Allerdings ist dem Arbeitnehmer auch ohne ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung jegliche Konkurrenztätigkeit zu seinem Arbeitgeber untersagt, da der Arbeitnehmer diesem in einem gewissen Maße zu „Treue“ und „Loyalität“ verpflichtet ist. Rechtsgrundlage für dieses Wettbewerbsverbot ist § 60 HGB bzw. der Rechtsgrundsatz des Treu und Glaubens, § 242 BGB.
§ 60 HGB regelt insofern speziell für kaufmännische Angestellte:
(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.
(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.“
Für die Beurteilung, ob ein wettbewerbsrechtliches Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, bedarf es zunächst der Einschätzung, ob eine sog. Wettbewerbssituation vorliegt. Dabei ist auf berechtigte Interessen des Arbeitgebers abzustellen.
Ein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot kann regelmäßig eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses und schließlich sogar eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.
Darüber hinaus ist oftmals ein Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer möglich.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte in dem oben genannten Urteil darüber zu entscheiden, ob der beklagte Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aufgrund wettbewerbsrechtlicher Gründe fristlos kündigen konnte, weil der Arbeitnehmer einem Kunden des Arbeitgebers angeboten hatte, diesen zukünftig selbst zu betreuen.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens
Kläger war als Leiter der beruflichen Rehabilitation angestellt
Der Kläger war seit dem 01.01.2006 als fachärztlicher Leiter für die berufliche Rehabilitation bei dem beklagten Gesundheitszentrum tätig.
Beklagte war ein Unternehmen für sportmedizinische Dienstleistungen und arbeitete für einen Fußballverein
Die Beklagte bot ihre medizinischen Leistungen unter anderem im Bereich des Sports an. Sie war aufgrund eines Dienstvertrags für die medizinische Betreuung des Profikaders eines westdeutschen Fußballvereins zuständig. Im Rahmen dieser Betreuung wurde der Kläger zusammen mit zwei weiteren Ärzten eingesetzt.
Verhandlungen über Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag
Die Parteien verhandelten über eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag des Klägers, in der die Betreuung des Lizenzspielerkaders und insbesondere die Vergütung geregelt werden sollte.
Auflösung des Dienstleistungsvertrags zwischen der Beklagten und dem Fußballverein
Im Dezember 2010 kündigte der Fußballverein den Dienstleistungsvertrag zum Ende des Jahres. Später teilte der Verein jedoch mit, die Dienstleistungen bis zum 28.02.2011 weiter in Anspruch nehmen zu wollen.
Gespräch zur weiteren Zusammenarbeit
Am 19.01.2011 fand ein vom Fußballverein initiiertes Gespräch in der Geschäftsstelle des Vereins statt. Ziel war es, Möglichkeiten einer weiteren Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und dem Bundesligaverein über das Vertragsende hinaus zu erörtern.
Fristlose Kündigung des Klägers durch die Beklagte
Nachdem das Gespräch ergebnislos verlief, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger noch am selben Tag fristlos. Die Kündigung wurde wegen Arbeitsverweigerung und Wettbewerbsverstoßes ausgesprochen. Die Beklagte berief sich auf ein Schreiben des Klägers vom 10.01.2011, in dem dieser ankündigte, die Betreuung des Profikaders im eigenen Namen fortzusetzen. Außerdem habe der Kläger im Gespräch am 19.01.2011 durch seinen Bevollmächtigten bestätigt, die Betreuung des Lizenzspielerkaders bis zum 28.02.2011 und darüber hinaus in eigenem Namen sicherzustellen.
Erstinstanzliches Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen
Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hielt mit Urteil vom 14.12.2011 (Az.: 3 Ca 141/11) die fristlose Kündigung für wirksam. Der Kläger legte daraufhin Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm) ein.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und erklärte die Kündigung für unwirksam
Das LAG Hamm kam zu dem Schluss, dass die fristlose Kündigung unwirksam war.
Eine vorherige Abmahnung wäre erforderlich gewesen
Nach Ansicht des LAG Hamm hätte die Beklagte den Kläger vor der Kündigung abmahnen müssen. Der Kläger hätte die Gelegenheit haben müssen, sein Verhalten zu korrigieren, bevor eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre.
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm
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