Ausländerrecht: Erfolgreiche Klage gegen Ablehnung eines Visums zur Durchführung eines Sprachkurses.

Aufenthaltserlaubnis zum Sprachkurs nach § 16f AufenthG 

Deutsch lernen in Deutschland – ohne direkt ein Studium oder eine Berufsausbildung aufzunehmen – ist rechtlich weiterhin möglich. Der passende Aufenthaltstitel dafür ist die Aufenthaltserlaubnis nach § 16f AufenthG für Sprachkurse, die nicht der Studienvorbereitung dienen. Die Vorschrift ist die Nachfolgerin des früheren § 16 Abs. 5 AufenthG, auf den viele ältere Beiträge und Urteile – auch das unten dargestellte Verfahren der kubanischen Klägerin – noch Bezug nehmen.

Seit 2020 wurde das Aufenthaltsrecht mehrfach reformiert. Für Sprachkurse wichtig sind vor allem die Einführung des § 19f AufenthG mit besonderen Ablehnungsgründen bei Verdacht des Visummissbrauchs sowie die Abschaffung des Remonstrationsverfahrens gegen Visumsablehnungen zum 1. Juli 2025.

Der folgende Beitrag stellt die heutige Rechtslage dar, ordnet eine ältere Entscheidung des VG Berlin aus dem Jahr 2011 ein und zeigt anhand aktueller Rechtsprechung, worauf es in der Praxis ankommt.

1. Rechtsgrundlage: § 16f AufenthG

1.1 Inhalt der Norm

§ 16f AufenthG trägt heute die Überschrift „Sprachkurse und Schulbesuch“. Nach Absatz 1 kann einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden

  • zur Teilnahme an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, oder

  • zur Teilnahme an einem Schüleraustausch.

Die Aufenthaltserlaubnis zum Sprachkurs berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche, darüber hinaus ist Erwerbstätigkeit nicht erlaubt. Für den Schulbesuch gelten teilweise strengere Regeln (kein Arbeitsmarktzugang, Zweckwechsel nur ausnahmsweise).

Wesentlich ist: § 16f ist eine Ermessensvorschrift („kann erteilt werden“). Es gibt keinen automatischen Rechtsanspruch auf Einreise und Aufenthalt zum Sprachkurs, selbst wenn alle formellen Voraussetzungen erfüllt sind.

1.2 Allgemeine Voraussetzungen

Wie bei jedem Aufenthaltstitel greifen zusätzlich die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG, insbesondere: gesicherter Lebensunterhalt, geklärte Identität und Staatsangehörigkeit, Passpflicht, Visumerfordernis und kein Ausweisungsinteresse.

Gerade beim Visum zum Sprachkurs spielen zwei Punkte in der Praxis eine große Rolle:

  1. Gesicherter Lebensunterhalt – meist durch Sperrkonto oder förmliche Verpflichtungserklärung einer in Deutschland lebenden Person.

  2. Rückkehrbereitschaft – die Auslandsvertretungen prüfen sehr genau, ob der Antragsteller plausibel darlegen kann, nach Kursende in sein Herkunftsland zurückzukehren.

2. Was gilt als „Sprachkurs“ im Sinne des § 16f?

Die Verwaltungspraxis und die Anwendungshinweise des BMI verlangen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16f regelmäßig einen Intensivsprachkurs:

  • täglicher Unterricht,

  • mindestens 18 Unterrichtsstunden pro Woche,

  • zeitlich begrenzter Kurs,

  • Ausrichtung auf den Erwerb umfassender Deutschkenntnisse (meist bis B2/C1).

Abend‑ oder Wochenendkurse mit wenigen Stunden wöchentlich erreichen diese Schwelle nicht. Auch sporadischer Kursbesuch reicht nicht aus. Das hat das VG Aachen in einem Beschluss vom 11. November 2024 noch einmal deutlich gemacht: Dort scheiterte der Antragsteller u.a. daran, dass er lediglich einen Kurs mit zwei Tagen Unterricht pro Woche nachweisen konnte; ein Intensivsprachkurs im Sinne der Verwaltungsvorschriften lag damit nicht vor.

Wichtig ist außerdem die Abgrenzung zu studienvorbereitenden Sprachkursen. Solche Kurse fallen nicht unter § 16f, sondern unter § 16b AufenthG (Aufenthalt zum Studium). Für sie gelten teilweise andere Voraussetzungen (z.B. Zulassung zu einem Studienkolleg oder Nachweis der Hochschulzugangsberechtigung).

3. Ermessen der Behörden und Ablehnungsgründe nach § 19f AufenthG

3.1 Verdacht des Missbrauchs als typischer Ablehnungsgrund

Auch wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Visum nach § 16f abgelehnt werden. Zentrale Vorschrift ist heute § 19f AufenthG. Danach darf ein Aufenthaltstitel u.a. dann verweigert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer den Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen wird als beantragt (z.B. zum Arbeiten oder für eine dauerhafte Niederlassung).

Der Gerichtsbescheid des VG Berlin vom 29. Januar 2021 (Az. 12 K 416.19 V) macht deutlich, wie weit der Beurteilungsspielraum der Auslandsvertretungen insoweit geht:

Die Klägerin hatte sich zu einem intensiven Deutschkurs mit 20 Wochenstunden angemeldet und eine Anzahlung geleistet – die formellen Anforderungen an einen Sprachkurs im Sinne des § 16f waren erfüllt. Die Botschaft lehnte dennoch ab, weil sie davon ausging, dass der eigentliche Zweck des Aufenthalts nicht der Sprachkurs, sondern eine längerfristige Lebensverlagerung nach Deutschland sei. Das Gericht bestätigte die Ablehnung: Der Verdacht einer Zweckentfremdung des Aufenthalts sei ein zulässiger Ablehnungsgrund, und die gerichtliche Kontrolle beschränke sich darauf, Verfahrensfehler, falsche Rechtsanwendung oder Willkür auszuschließen.

Für die Praxis bedeutet das: Wer einen Sprachkurs nur als „Türöffner“ für ganz andere Pläne nutzt, hat schlechte Karten – und es genügt bereits, wenn sich dieser Eindruck aus den Gesamtumständen aufdrängt.

3.2 Kein strikter Anspruch und Bedeutung des Visumerfordernisses

Dass § 16f keinen echten Rechtsanspruch vermittelt, bestätigt ein Beschluss des VG Köln vom 6. Februar 2025 (Az. 11 L 2510/24). In dem Verfahren ging es um eine Antragstellerin, die ohne das erforderliche nationale Visum einreiste und sich später auf verschiedene Aufenthaltstitel nach §§ 16a, 16b und 16f berief. Das Gericht stellte klar, dass weder Berufsausbildung noch Sprachkurs noch Studium in dieser Konstellation einen „strikten Rechtsanspruch“ begründen; deshalb könne die Behörde vom Visumerfordernis nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG absehen.

Die Entscheidung unterstreicht: Wer mit einem Sprachkurs in Deutschland beginnen möchte, sollte in aller Regel zwingend den Weg über das nationale Visum gehen und nicht auf einen späteren Zweckwechsel aus dem Inland hoffen.

4. Die ältere Entscheidung des VG Berlin 2011 – was gilt davon noch?

Die von Ihnen zitierte Entscheidung des VG Berlin vom 15. Juli 2011 (Az. 35 K 253.10 V) beruhte noch auf der damaligen Fassung des § 16 Abs. 5 AufenthG. Inhaltlich entspricht diese Vorschrift weitgehend dem heutigen § 16f Abs. 1: Es ging um einen „isolierten“ Sprachkurs, der nicht unmittelbar der Studienvorbereitung diente.

Der Fall: Eine kubanische Staatsangehörige hatte bereits früher erfolgreich einen Sprachkurs in Deutschland absolviert und war jeweils fristgerecht nach Kuba zurückgekehrt. Sie beantragte ein weiteres Visum zum Sprachkurs. Die Botschaft lehnte ab, weil sie den Kurs für nicht erforderlich hielt und eine vorgeschobene Motivation vermutete.

Das Gericht gab der Klägerin im Ergebnis Recht und betonte u.a.:

  • Der deutsche Staat habe ein eigenes Interesse an der Verbreitung der deutschen Sprache.

  • Liegen ein ernsthaft geplanter Intensivsprachkurs und eine gesicherte Finanzierung vor, kann sich das Ermessen der Behörde im Einzelfall auf „Null“ reduzieren.

  • Die bloße Vermutung, der Sprachkurs sei nur Vorwand, reiche ohne konkrete Anhaltspunkte nicht aus.

Diese Grundgedanken sind auch 2025 noch nutzbar, insbesondere der Hinweis auf das öffentliche Interesse an Sprachkursen. Allerdings hat sich der Rechtsrahmen geändert:

  1. Heute gibt es mit § 19f AufenthG einen ausdrücklichen Katalog von Ablehnungsgründen, insbesondere den Verdacht des Missbrauchs.

  2. Die neuere Rechtsprechung – etwa der Gerichtsbescheid des VG Berlin aus dem Jahr 2021 – legt diesen Verdachtsablehnungsgrund eher behördenfreundlich aus.

In der Beratungspraxis lässt sich die Entscheidung von 2011 deshalb eher als Argumentationshilfe verstehen, um im Einzelfall auf eine Ermessensreduzierung zugunsten des Antragstellers hinzuweisen, nicht aber als Garantie für die Visumserteilung.

5. Verfahrensrecht: Von der Remonstration zur unmittelbaren Klage

Der ursprüngliche Artikel wies zu Recht darauf hin, dass sich Antragsteller gegen eine Visumsablehnung mit einer Remonstration an die Botschaft wenden konnten. Dieses Instrument gehört seit 2025 im Regelfall der Vergangenheit an:

  • Das Auswärtige Amt hat das Remonstrationsverfahren zum 1. Juli 2025 weltweit abgeschafft.

  • Remonstrationen waren ohnehin gesetzlich nicht geregelt, sondern ein freiwillig eingeräumter innerbehördlicher Rechtsbehelf.

  • Nach einer Ablehnung bleibt heute regelmäßig nur noch die Möglichkeit, erneut einen Antrag zu stellen oder direkt Klage beim Verwaltungsgericht Berlin zu erheben.

Für Sprachkursvisa bedeutet das: Eine gute Vorbereitung des Erst­antrags ist wichtiger denn je. Wer klagen möchte, muss die einmonatige Klagefrist aus der Rechtsbehelfsbelehrung beachten und sollte die Erfolgsaussichten realistisch prüfen (Kostenrisiko).

6. Praktische Hinweise für zukünftige Antragsteller

Aus der aktuellen Rechtslage und Rechtsprechung ergeben sich für Visa‑ und Aufenthaltserlaubnisanträge nach § 16f AufenthG einige klare Leitlinien:

  1. Intensivkurs sorgfältig auswählen

    • täglicher Unterricht, mindestens 18 Unterrichtsstunden pro Woche,

    • Kursdauer klar begrenzt (typischerweise 6–12 Monate),

    • idealerweise bereits (teilweise) bezahlt und mit schriftlicher Anmeldebestätigung.

  2. Lebensunterhalt und Unterkunft nachweisen

    • Sperrkonto oder Verpflichtungserklärung,

    • ggf. Mietvertrag oder verbindliche Unterkunftszusage.

  3. Rückkehrperspektive plausibel machen

    • berufliche Bindungen im Heimatland,

    • familiäre Bindungen,

    • eventuell Nachweise über geplante Verwendung der Sprachkenntnisse (z.B. berufliche Qualifizierung, geplantes Studium im Heimatland).

  4. Konsistente Geschichte erzählen
    Widersprüche zwischen Visumantrag, Unterlagen und späteren Aussagen (z.B. in E‑Mails an die Botschaft oder im Interview) werden von den Behörden häufig als Hinweis auf eine verdeckte Bleibeabsicht gewertet – wie mehrere aktuelle Entscheidungen zeigen.

  5. Alternativen prüfen
    Je nach Lebensplanung kann es sinnvoll sein, zu prüfen, ob ein Aufenthaltstitel zu Ausbildungs‑ oder Studienzwecken (§§ 16a, 16b AufenthG) oder als Fachkraft (§§ 18 ff. AufenthG) realistischer ist. Diese Titel sind teilweise stärker auf eine längerfristige Perspektive angelegt und fachlich besser begründbar.

7. Fazit

Die Aufenthaltserlaubnis zum Sprachkurs nach § 16f AufenthG ist auch im Jahr 2025 ein wichtiges Instrument, um Deutschkenntnisse in Deutschland aufzubauen, bleibt aber eine klassische Ermessensentscheidung.

Die ältere Rechtsprechung – insbesondere das Verfahren der kubanischen Klägerin aus dem Jahr 2011 – zeigt, dass Gerichte die Botschaften schon damals an das öffentliche Interesse an der deutschen Sprache erinnert haben. Die neueren Entscheidungen, etwa des VG Berlin von 2021 und der Beschluss des VG Aachen von 2024, verdeutlichen zugleich, dass die Hürden gestiegen sind: Intensivkurs, gesicherter Lebensunterhalt, glaubhafte Rückkehrbereitschaft und ein stimmiges Gesamtbild sind unverzichtbar.

Mit der Abschaffung des Remonstrationsverfahrens hat zudem die Bedeutung einer durchdachten Erstbeantragung und einer sorgfältigen prozessualen Strategie deutlich zugenommen. Wer einen Sprachkurs in Deutschland plant, sollte die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen – und im Zweifel frühzeitig fachkundigen Rat einholen.

Wichtiger Hinweis:
Der Inhalt dieses Beitrages wurde nach bestem Wissen und auf Grundlage der im November 2025 geltenden Rechtslage erstellt. Die Materie ist komplex und unterliegt einem ständigen Wandel; insbesondere Gesetzesänderungen und neue Rechtsprechung können die hier dargestellte Lage verändern. Eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher ausgeschlossen; der Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken Sie uns eine E‑Mail an info@mth-partner.de.

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Helmer Tieben

Ich bin Helmer Tieben, LL.M. (International Tax), Rechtsanwalt und seit 2005 bei der Rechtsanwaltskammer Köln zugelassen. Ich bin auf Mietrecht, Arbeitsrecht, Migrationsrecht und Digitalrecht spezialisiert und betreue sowohl lokale als auch internationale Mandanten. Mit einem Masterabschluss der University of Melbourne und langjähriger Erfahrung in führenden Kanzleien biete ich klare und effektive Rechtslösungen. Sie können mich auch über
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