OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19.08.2021, Az.: 2 B 164/21
Hintergrund und Ausgangssituation
Die Antragsteller sind iranische Staatsangehörige, die sich seit mehreren Jahren in Deutschland aufhalten. Der Antragsteller zu 1) kam 2016 mit einem Visum zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma D. GmbH nach Deutschland. Die ihm erteilte Aufenthaltserlaubnis wurde bis zum 3. November 2018 verlängert. Die Antragsteller zu 2) und 3), seine Ehefrau und Tochter, folgten 2017 im Rahmen des Familiennachzugs und erhielten ebenfalls Aufenthaltstitel.
Im Dezember 2020 lehnte die zuständige Behörde die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse ab und drohte den Antragstellern die Abschiebung in den Iran an. Zudem wurde ein dreijähriges Einreiseverbot ausgesprochen. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Widerspruch ein und beantragten die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes wies jedoch den Antrag der Antragsteller zurück, woraufhin sie Beschwerde gegen diese Entscheidung einlegten.
Gründe für die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis
Das Verwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1) gemäß § 21 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt seien. Gemäß dieser Vorschrift kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht und die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt. Zusätzlich muss die Finanzierung der Geschäftsidee durch Eigenkapital oder Kreditzusagen gesichert sein.
Im vorliegenden Fall konnte die D. GmbH, die der Antragsteller zu 1) führt, diese Kriterien nicht erfüllen. In den Jahren 2016 bis 2018 arbeitete die Firma ohne Gewinn, und selbst in den Jahren 2019 und 2020 waren die erzielten Gewinne nicht ausreichend, um eine langfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit des Unternehmens zu begründen. Die erzielten Überschüsse waren zu gering, um nach Jahren des wirtschaftlichen Misserfolgs eine positive Prognose für die Zukunft des Unternehmens zu rechtfertigen.
Familiennachzug und rechtliche Folgen
Die Antragsteller zu 2) und 3) hatten ihre Aufenthaltstitel im Rahmen des Familiennachzugs erhalten, gestützt auf die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1). Da jedoch die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1) nicht verlängert wurde, entfällt auch die Grundlage für die Aufenthaltserlaubnisse der Familienangehörigen. Gemäß § 30 Abs. 1 AufenthG setzt der Familiennachzug voraus, dass der Ehegatte im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis ist, was hier nicht mehr der Fall ist.
Die Ablehnung der Aufenthaltstitel für die Ehefrau und die Tochter der Antragstellers folgte somit zwangsläufig aus der Ablehnung der Verlängerung des Aufenthaltstitels des Antragstellers zu 1). Auch die gesetzliche Grundlage für den Nachzug der Tochter gemäß § 32 Abs. 1 AufenthG war nicht mehr gegeben, da keiner der Elternteile über eine gültige Aufenthaltserlaubnis verfügte.
Bedeutung des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens
Die Antragsteller beriefen sich in ihrem Antrag auf das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen (NAK) von 1929, das iranischen Staatsangehörigen bestimmte Rechte in Bezug auf den Aufenthalt in Deutschland zusichert. Das Abkommen enthält eine Klausel, die den Angehörigen beider Vertragsstaaten erlaubt, das jeweilige Gebiet des anderen Staates zu betreten, zu reisen, sich aufzuhalten und sich dort niederzulassen.
Allerdings enthält das Abkommen auch eine Einwanderungsvorbehaltklausel, wonach die Vertragsstaaten das Recht haben, die Einwanderung in ihr Gebiet zu regeln oder zu verbieten. Nach Ansicht des Gerichts geht dieser Einwanderungsvorbehalt den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Abkommens vor. Das Aufenthaltsgesetz, welches die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern regelt, hat Vorrang vor den Regelungen des Niederlassungsabkommens. Das bedeutet, dass das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen die in § 21 Abs. 1 AufenthG festgelegten Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht außer Kraft setzt.
Beschwerdebegründung und abschließende Entscheidung
In ihrer Beschwerde argumentierten die Antragsteller, dass die wirtschaftliche Situation des Unternehmens im Jahr 2020 verbessert habe und der Lebensunterhalt des Antragstellers zu 1) gesichert sei. Das Verwaltungsgericht hatte jedoch bereits festgestellt, dass die erzielten Gewinne aus dem Jahr 2020 nicht ausreichen, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Unternehmens in der Zukunft sicherzustellen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller im Iran weitere Einkünfte erzielt, änderte nichts an der Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die Kriterien des § 21 Abs. 1 AufenthG.
Zudem führten die Antragsteller an, dass die Antragstellerin zu 2) einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe und sowohl sie als auch die Tochter krankenversichert seien. Diese Umstände konnten jedoch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis begründen, da die Grundlage für den Familiennachzug, die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1), weggefallen war.
Letztlich entschied das Gericht, dass die Beschwerde unbegründet ist und wies sie zurück. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 AufenthG und die rechtlichen Grundlagen für den Familiennachzug nach §§ 30, 32 AufenthG waren nicht erfüllt, und das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen konnte daran nichts ändern. Die Abschiebungsandrohung und das Einreiseverbot blieben somit bestehen.
Quelle: OVG des Saarlandes
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