Landgericht Frankfurt am Main, 12.05.2015, Az.: 2-13 S 127/12
Gemäß § 23 WEG können die Wohnungseigentümer über alle Angelegenheiten, über die nach dem Gesetz oder nach einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer durch Beschluß entschieden werden kann, in einer Eigentümerversammlung Beschlüsse treffen.
Ein solcher Beschluss bindet gemäß § 10 Abs. 4 WEG alle Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob und wie sie abgestimmt haben.
Dennoch kann ein solcher Beschluss ungültig sein und später durch einzelne Wohnungseigentümer angefochten werden.
Ein Beschluss ist z. B. dann ungültig, wenn er
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- gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB)
- einen sittenwidrigen Inhalt hat (§ 138 BGB)
- gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung zwingend
nicht verzichtet werden kann (§ 23 Abs. 4 Satz 2WEG)
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In dem hier besprochenen Fall des Landgerichts Frankfurt am Main wurde ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen Eigentümer angefochten, nach welchem die Haustür des Hauses nachts abgeschlossen werden sollte
Sachverhalt und Klagegegenstand
Die Parteien waren Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In einer Eigentümerversammlung im Mai 2011 beschlossen die Eigentümer, § 4.7 der Hausordnung zu ändern. Demnach sollte die Haustür zwischen 22:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens verschlossen bleiben. Diesen Beschluss fochten die Kläger an. Das Amtsgericht wies die Klage zunächst ab, woraufhin die Kläger Berufung beim Landgericht Frankfurt am Main einlegten.
Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main
Das Landgericht entschied, dass die Berufung zulässig und begründet sei. Es erklärte den Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig, da die Änderung der Hausordnung nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) entspräche. Zwar könne offenbleiben, ob der Beschluss aufgrund der Hessischen Bauordnung nichtig sei, jedoch würden die Interessen der Eigentümer bei einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht ausreichend berücksichtigt.
Abwägung der Interessen und Sicherheitsaspekte
Nach Auffassung des Landgerichts sei die Interessenabwägung wesentlich. Auf der einen Seite stehe das Sicherungsbedürfnis der Wohnungseigentümer, auf der anderen Seite jedoch die Gefahr für die Bewohner und Besucher im Falle einer Notsituation, wenn die Haustür verschlossen bleibt. Eine verschlossene Haustür würde die Flucht im Brandfall oder bei anderen Notfällen erheblich erschweren. Das Gericht hob hervor, dass es in Paniksituationen unwahrscheinlich sei, dass jeder Bewohner oder Besucher stets einen Schlüssel griffbereit habe.
Alternativen zur verschlossenen Haustür
Das Gericht wies darauf hin, dass es technische Alternativen gibt, die beiden Interessen gerecht werden könnten. Moderne Haustürschließsysteme erlauben es, die Tür verschlossen zu halten, während sie im Notfall ohne Schlüssel von innen geöffnet werden kann. Da solche Lösungen existieren, überschreite der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft das Ermessensspielraum erheblich. Das Landgericht kam daher zu dem Schluss, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und für ungültig erklärt werden muss.
Fazit
Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt stellt klar, dass Sicherheitsbedenken der Wohnungseigentümer nicht durch pauschales Verschließen der Haustür zu Lasten der Fluchtmöglichkeiten gelöst werden dürfen. Technische Alternativen bieten bessere Lösungen, die die Interessen aller Parteien wahren. Der angefochtene Beschluss wurde daher als unwirksam erklärt.
Quelle: Landgericht Frankfurt am Main
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