Mit dem im März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der im November 2023 erfolgten Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2021/1883 (Blue-Card-Richtlinie) hat der Gesetzgeber zahlreiche Neuregelungen in Bezug auf die Erwerbsmigration geschaffen. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte nach § 18c AufenthG, die es qualifizierten ausländischen Arbeitskräften ermöglicht, unter erleichterten Bedingungen einen unbefristeten Aufenthaltstitel (Daueraufenthalt) in Deutschland zu erhalten. Im Folgenden wird dargestellt, wer als Fachkraft gilt und welche aktuellen Voraussetzungen (Rechtsstand November 2025) für die Erteilung dieser Niederlassungserlaubnis erfüllt sein müssen.
Wer gilt als „Fachkraft“?
Als Fachkraft im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gelten laut Gesetz insbesondere folgende Personen mit qualifizierter Ausbildung oder Tätigkeit:
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Fachkräfte mit Berufsausbildung – Personen mit einem in Deutschland anerkannten Berufsabschluss oder einem als gleichwertig anerkannten ausländischen Berufsabschluss (Rechtsgrundlage: § 18a AufenthG).
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Fachkräfte mit akademischer Ausbildung – Personen mit einem deutschen Hochschulabschluss, einem anerkannten ausländischen Hochschulabschluss oder einem diesem gleichwertigen Abschluss (Rechtsgrundlage: § 18b AufenthG).
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Forscher – Ausländer, die zu Forschungszwecken in Deutschland tätig sind und einen entsprechenden Aufenthaltstitel besitzen (Rechtsgrundlage: § 18d AufenthG).
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Inhaber der Blauen Karte EU – Hochqualifizierte mit Hochschulabschluss (oder vergleichbarer Qualifikation) und höherem Einkommen, die im Besitz einer EU Blue Card sind (Rechtsgrundlage: § 18g AufenthG).
Diese vier Kategorien von Aufenthaltsgenehmigungen begründen den Fachkraftstatus. Auf ihrer Basis wurden verschiedene erleichterte Zuwanderungsmöglichkeiten geschaffen – unter anderem die Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte gemäß § 18c AufenthG.
Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte (§ 18c Abs. 1 AufenthG)
Fachkräfte, die im Besitz eines der oben genannten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit (§§ 18a, 18b, 18d oder 18g AufenthG) sind, können gemäß § 18c Abs. 1 AufenthG unter bestimmten privilegierten Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis (dauerhafte Aufenthaltserlaubnis) beantragen. Diese privilegierten Bedingungen weichen von den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 AufenthG (welche z.B. i.d.R. 5 Jahre Voraufenthalt und 60 Monate Rentenbeiträge verlangen) bewusst ab, um qualifizierten Arbeitskräften einen schnelleren Statuswechsel zu ermöglichen. Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel und berechtigt zur uneingeschränkten Erwerbstätigkeit in Deutschland.
Voraussetzungen: Eine Fachkraft kann die Niederlassungserlaubnis nach § 18c Abs. 1 AufenthG erhalten, wenn sie alle der folgenden Voraussetzungen erfüllt:
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Dauer des Voraufenthalts: Die Fachkraft ist seit mindestens drei Jahren im Besitz eines qualifizierten Aufenthaltstitels nach § 18a, § 18b, § 18d oder § 18g AufenthG. (Diese Frist wurde durch die Gesetzesreformen im Jahr 2023/24 von vormals 4 Jahren auf 3 Jahre verkürzt.)
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Qualifikationsadäquate Beschäftigung: Sie übt eine Beschäftigung (Arbeitsplatz) aus, die ihrer Qualifikation entspricht und die nach den Voraussetzungen der §§ 18a, 18b, 18d oder 18g AufenthG von ihr besetzt werden darf. Das heißt, der aktuelle Job muss fachlich zu dem erworbenen Fachkräfte-Status passen und alle evtl. erforderlichen Berufszulassungen wurden eingeholt.
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Rentenversicherungsbeiträge: Sie hat mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung gezahlt oder kann Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versorgungs- oder Versicherungseinrichtung nachweisen. (Auch diese Anforderung wurde gegenüber früher – 48 Monate – abgesenkt. Zum Vergleich verlangt eine reguläre Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG meist 60 Beitragsmonate.)
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Deutschkenntnisse: Die Fachkraft verfügt über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, was in der Praxis dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens entspricht. Ein B1-Sprachzertifikat (z.B. vom Goethe-Institut oder TELC) dient hier regelmäßig als Nachweis.
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Weitere Integrationskriterien: Die allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 4–6, 8 und 9 AufenthG müssen vorliegen. Dahinter verbergen sich insbesondere folgende Punkte, die für alle Daueraufenthalte gelten: Die Antragstellerin oder der Antragsteller muss einen gesicherten Lebensunterhalt haben (d.h. den Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen bestreiten können), es darf keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung von ihm ausgehen (keine schweren Straftaten oder extremistischen Aktivitäten), er/sie muss Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung besitzen (in der Regel nachgewiesen durch den Einbürgerungstest oder Orientierungskurs-Zertifikat) und über ausreichenden Wohnraum für sich und ggf. die Familie verfügen. (Hinweis: Bestimmte dieser Erfordernisse – etwa die Erlaubnis zur Ausübung der Erwerbstätigkeit – sind bei Fachkräften mit gültigem Arbeitsvisum in der Regel bereits erfüllt.)*
Wenn alle obigen Kriterien gegeben sind, besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte nach § 18c Abs. 1 AufenthG (die Ausländerbehörde muss sie also erteilen). Wichtig: Für Fachkräfte, die ihren Abschluss in Deutschland erworben haben, gelten nochmals erleichterte Bedingungen. Hat die Fachkraft ein inländisches Studium oder eine inländische Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen, verkürzt sich die erforderliche Voraufenthaltszeit auf zwei Jahre und die erforderliche Rentenbeitragszeit auf 24 Monate. Damit sollen in Deutschland ausgebildete Talente schneller an den Arbeitsmarkt und dauerhaft gebunden werden.
Niederlassungserlaubnis für Inhaber der Blauen Karte EU (§ 18c Abs. 2 AufenthG)
Für Inhaber einer Blauen Karte EU gelten noch einmal besondere Privilegien bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis. Die Blaue Karte EU richtet sich an hochqualifizierte Fachkräfte mit akademischem Abschluss und überdurchschnittlichem Gehalt, und sie eröffnet einen schnelleren Zugang zu einem Daueraufenthalt.
Gemäß § 18c Abs. 2 AufenthG ist einem Ausländer, der Inhaber einer Blauen Karte EU ist, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er folgende Voraussetzungen erfüllt:
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Er hat seit mindestens 27 Monaten eine Beschäftigung gemäß § 18g AufenthG (Blaue Karte EU) ausgeübt und in diesem Zeitraum Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet. (Auch diese Frist wurde im Jahr 2023 gesenkt – zuvor waren 33 Monate erforderlich.)
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Er verfügt über einfache Deutschkenntnisse, entsprechend Niveau A1.
Verkürzung bei besseren Sprachkenntnissen: Verfügt der Blue-Card-Inhaber über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse (Niveau B1), verkürzt sich die erforderliche Beschäftigungsdauer von 27 Monaten auf 21 Monate. Dies bedeutet, dass gut integrierte Blue-Card-Inhaber bereits nach anderthalb Jahren unbefristeten Aufenthalt erhalten können.*
Zusätzlich muss der Ausländer – wie auch bei der Fachkraft-Niederlassungserlaubnis – die allgemeinen Voraussetzungen erfüllen, insbesondere muss der Lebensunterhalt gesichert sein, es dürfen keine Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorliegen, er muss Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung nachweisen und ausreichenden Wohnraum für sich und gegebenenfalls seine Familienangehörigen haben. Diese Kriterien decken sich mit den oben erwähnten Anforderungen aus § 9 AufenthG und werden im Blue-Card-Fall ebenfalls vorausgesetzt. In der Praxis sind Blue-Card-Inhaber durch ihr Beschäftigungsverhältnis und Einkommen meist bereits in der Lage, diese Punkte zu erfüllen (hohes Gehalt → gesicherter Lebensunterhalt; oft akademische Integration → Grundkenntnisse der Gesellschaft).
Hinweis: Die genannten Fristen (27 bzw. 21 Monate) gelten nur für Inhaber der deutschen Blauen Karte EU. Zeiten, die mit einer Blue Card in anderen EU-Staaten verbracht wurden, können nicht auf diese 27/21 Monate angerechnet werden, wohl aber für den Erwerb des EU-Daueraufenthaltsrechts von Nutzen sein (Thema Daueraufenthalt-EU).
Besonderheiten für Absolventen und hochqualifizierte Fachkräfte (§ 18c Abs. 1 und Abs. 3)
Verkürzte Zeiten für Absolventen: Wie oben bereits erwähnt, profitieren ausländische Absolventen deutscher Hochschulen oder Berufsausbildungen von verkürzten Wartezeiten. Wenn eine Fachkraft ihr Studium oder ihre Ausbildung in Deutschland abgeschlossen hat, genügen zwei Jahre Besitz einer Fachkraft-Aufenthaltserlaubnis (statt 3 Jahren) und 24 Monate Rentenbeiträge (statt 36 Monaten) für die Niederlassungserlaubnis. Diese Vergünstigung soll in Deutschland ausgebildeten Talenten den Verbleib erleichtern und tritt zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen (Sprachkenntnisse, Lebensunterhalt etc.) hinzu.
Hochqualifizierte Fachkräfte (§ 18c Abs. 3): Für besonders hochqualifizierte Fachkräfte mit akademischer Ausbildung hält das Gesetz eine weitere Ausnahme bereit. Nach § 18c Abs. 3 AufenthG soll einer hochqualifizierten Fachkraft in besonderen Fällen sogar dann eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn nicht alle der oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Diese “Fast-Track”-Regelung kommt aber nur unter strengen Bedingungen zum Tragen: Insbesondere muss die Integration in die deutschen Lebensverhältnisse voraussichtlich ohne Probleme gelingen und der Lebensunterhalt nachhaltig gesichert sein, sodass keine staatlichen Hilfen nötig werden. Zudem darf selbstverständlich keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von der Person ausgehen – die Prognose muss positiv sein, dass die Person sich in Deutschland wirtschaftlich und sozial zurechtfinden wird.
In solchen Ausnahmefällen wird die Niederlassungserlaubnis ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt (§ 18c Abs. 3 S. 1 AufenthG), was sonst bei Arbeitsaufenthalten oft erforderlich ist. Allerdings kann die jeweilige Landesregierung vorschreiben, dass vor Erteilung die Zustimmung der obersten Landesbehörde einzuholen ist (§ 18c Abs. 3 S. 2 AufenthG). Die Hürden für diese Ausnahmeregelung sind hoch, sie bietet aber z.B. Spitzenforschern theoretisch die Möglichkeit, auch ohne vollständige Erfüllung aller Standardkriterien eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten.
Als hochqualifizierte Fachkräfte im Sinne des § 18c Abs. 3 gelten laut Gesetz beispielsweise Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen sowie Lehrpersonen oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobenen Funktionen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, macht aber deutlich, dass es sich um Personen mit außergewöhnlicher Qualifikation und mehrjähriger Berufserfahrung handeln muss. In der Praxis dürften solche Fälle selten sein und erfordern eine gründliche Überzeugungsarbeit gegenüber der Ausländerbehörde, dass eine Integration praktisch gewährleistet ist.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags wurde nach bestem Wissen und aktuellem Kenntnisstand erstellt (Rechtsstand: November 2025). Dennoch kann aufgrund der Komplexität und des ständigen Wandels des Ausländerrechts keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen werden. Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern allgemeine Informationen. Wenn Sie eine individuelle rechtliche Beratung benötigen, kontaktieren Sie uns gern unverbindlich unter Tel. 0221 – 80187670 oder per E-Mail an info@mth-partner.de. Wir stehen Ihnen als Experten im Aufenthaltsrecht zur Verfügung.
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