Ausländerrecht: Familiennachzug ohne Sprachkenntnisse – Wann ist ein Härtefall gegeben?

VG Berlin, 05.06.2025, Aktenzeichen: 37 L 106/25 V

Einleitung:

Familiennachzug nach Deutschland ist grundsätzlich an bestimmte Voraussetzungen gebunden – unter anderem an einfache Deutschkenntnisse. Doch was passiert, wenn diese nicht vorhanden sind und besondere gesundheitliche Umstände vorliegen? Ein aktueller Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin (VG Berlin, Beschluss vom 05.06.2025 – Az.: 37 L 106/25 V) zeigt deutlich, wann Härtefallregelungen greifen und welche Nachweise zwingend erforderlich sind.

Der Fall:

Die serbische Antragstellerin wollte ein Visum für den Familiennachzug zu ihrem deutschen Ehemann erhalten. Ihr Problem: Sie konnte die notwendigen Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 nicht nachweisen. Darüber hinaus argumentierte sie mit gesundheitlichen Gründen, insbesondere der Notwendigkeit regelmäßiger Nachsorgeuntersuchungen nach einer Krebsbehandlung, die angeblich nur in Deutschland durchführbar seien.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht Berlin lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Es hielt die geltend gemachten gesundheitlichen und finanziellen Gründe nicht für ausreichend belegt, um von der gesetzlich vorgeschriebenen Nachweispflicht der Deutschkenntnisse abzusehen. Auch ein Ausnahmefall wurde nicht anerkannt.

Warum entschied das Gericht so?

Laut VG Berlin fehlte der Antragstellerin vor allem der Nachweis, dass notwendige medizinische Untersuchungen nicht auch in Serbien möglich wären. Die Argumentation der Antragstellerin, dass sie sich diese Untersuchungen finanziell nicht leisten könne, wurde als nicht überzeugend bewertet. Zudem wurden die angegebenen psychischen Probleme (Prüfungsangst) und die daraus resultierende Unfähigkeit, die Sprachprüfung zu bestehen, als nicht ausreichend fundiert angesehen.

Das Gericht betonte ausdrücklich, dass eine Ausnahme vom Spracherfordernis nur in sehr engen Grenzen möglich sei. Insbesondere müsse nachgewiesen werden, dass auch langfristige Bemühungen um Spracherwerb objektiv unzumutbar sind oder dauerhaft keinen Erfolg versprechen würden.

Was bedeutet das für Sie in der Praxis?

  1. Nachweis der Unzumutbarkeit: Wer eine Ausnahme von der Sprachpflicht erreichen möchte, muss konkrete und belegbare Gründe vorbringen. Gesundheitliche oder finanzielle Argumente reichen nur dann aus, wenn eindeutig nachgewiesen ist, dass Alternativen (wie Untersuchungen im Heimatland) nicht möglich sind.
  2. Sprachkenntnisse frühzeitig erwerben: Das Gericht weist deutlich darauf hin, dass regelmäßige und nachweisbare Bemühungen um den Erwerb der Sprache notwendig sind, auch wenn diese zunächst erfolglos bleiben. Dokumentieren Sie daher Ihre Lernbemühungen gründlich.
  3. Gutachten und Atteste: Psychische Erkrankungen oder andere gesundheitliche Einschränkungen müssen umfassend und durch nachvollziehbare medizinische Gutachten belegt werden. Ein einfaches Attest reicht nicht aus, um eine Prüfungsphobie überzeugend darzulegen.

Fazit:

Dieser Fall unterstreicht klar: Die gesetzlichen Anforderungen an Sprachkenntnisse beim Familiennachzug sind streng. Härtefallregelungen sind nur mit präziser und belastbarer Begründung durchsetzbar. Antragsteller sollten daher frühzeitig rechtlichen Rat einholen und sorgfältig dokumentieren, warum das Erlernen der Sprache im konkreten Fall nicht zumutbar ist.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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