Landgericht Berlin, 25.10.2011, Az.: 65 S 38/11
Hinsichtlich der Frage, ob ein Mieter berechtigt ist, an der Fassade, dem Balkon oder auf dem Dach des Miethauses eine Parabolantenne anzubringen, ist zwischen dem grundrechtlich geschützten Informationsrecht des Mieters (Art. 5 GG) und dem Eigentumsrecht des Vermieters (Art. 14 GG) abzuwägen.
Zu diesem Thema gibt es mittlerweile eine Reihe von höchstgerichtlichen Urteilen (BGH-Urteil vom 02.03.2005 – Az.: VIII ZR 118/04 und vom 16.02.2007 – Az.: VIII ZR 207/04) aus denen eine mehr oder weniger klare Linie erkennbar wird.
Insbesondere wenn sich für den Mieter schon aus anderen Quellen die Möglichkeit ergibt die von Ihm gewünschten Programme zu sehen, ist dieser nicht berechtigt, eine zusätzliche Parabolantenne an dem Haus anzubringen. Diese zusätzliche Quelle kann zum Beispiel ein digitaler Breitbandanschluss oder eine Gemeinschaftsparabolantenne sein.
Wenn der Mieter dennoch zusätzliche Empfangsmöglichkeiten durch die Anbringung einer Antenne erreichen möchte, ist er auf die Zustimmung des Vermieters angewiesen. Dieser darf die Zustimmung allerdings nicht ohne triftigen Grund verweigern (siehe BVerfG, NJW 1994, 1147).
Selbst wenn der Mieter berechtigt ist, die Parabolantenne anzubringen oder die Zustimmung des Vermieters bekommen hat, muß diese baurechtlich zulässig, möglichst unauffällig und an einer geeigneten stelle durch einen Fachmann angebracht werden.
Da mittlerweile viele Haushalte auch die Möglichkeit haben, frei zu empfangende Fernsehprogramme auch im Internet zu bekommen, stellt sich die Frage, ob der Vermieter die Mieter auf diese Möglichkeit verweisen kann. Mit diesem Sachverhalt hatte sich das oben genannte Urteil des Landgerichts Berlin zu beschäftigen.
Sachverhalt und Ausgangslage
Die Klägerin, eine Vermieterin, hatte eine Wohnung mit Balkon an eine ägyptische Familie vermietet. Der Hauptmieter brachte eine Parabolantenne an, um ägyptische Fernsehprogramme zu empfangen, da diese über den in der Wohnung vorhandenen Kabelanschluss nicht verfügbar waren. Das Gericht beauftragte ein Sachverständigengutachten, das bestätigte, dass arabischsprachige Sender nicht über den Kabelanschluss empfangbar waren. Zwar konnten einige ägyptische Sender über das Internet empfangen werden, jedoch war die Qualität dieser Übertragungen erheblich schlechter.
Entscheidung des Landgerichts Berlin
Das Landgericht Berlin entschied zugunsten des Beklagten und stellte fest, dass die Vermieterin die Anbringung der Parabolantenne dulden müsse. Nach Auffassung des Gerichts sei es dem Mieter ohne die Antenne nicht möglich, sein Recht auf Informationsfreiheit sowie die Ausübung seines Glaubens durch den Empfang ägyptischer Fernsehsender in einwandfreier Qualität zu gewährleisten. Der Gerichtsbeschluss basiert auf der Erkenntnis, dass der Empfang dieser Sender über das Internet derzeit keinen vollwertigen Ersatz für den herkömmlichen Fernsehempfang über Satellit darstellt.
Recht auf Informationsfreiheit und Glaubensausübung
Das Gericht betonte in seiner Entscheidung das Grundrecht des Beklagten auf Informationsfreiheit und die Religionsausübung. Da die Familie durch den Kabelanschluss nicht in der Lage war, arabischsprachige Programme zu empfangen, stellte die Parabolantenne eine notwendige Maßnahme dar, um diesen Zugang zu gewährleisten. Dies war insbesondere wichtig, um Nachrichten, religiöse Programme und andere kulturell relevante Inhalte in der eigenen Muttersprache zu empfangen.
Einschränkungen des Internets als Ersatz
Ein zentraler Punkt des Urteils war die Feststellung, dass der Internetempfang von Fernsehsendern nicht den Qualitätsstandard erreicht, der für einen adäquaten Fernsehempfang erforderlich ist. Das Gutachten zeigte auf, dass die Bild- und Tonqualität über das Internet deutlich schlechter war als über Satellitenempfang, weshalb das Gericht den Internetzugang nicht als gleichwertigen Ersatz ansah. Somit wurde entschieden, dass die Nutzung einer Parabolantenne notwendig sei, um dem Beklagten den Zugang zu ägyptischen Sendern in angemessener Qualität zu ermöglichen.
Fazit
Das Landgericht Berlin urteilte, dass die Anbringung der Parabolantenne durch den Mieter gerechtfertigt ist, da weder der Kabelanschluss noch das Internet einen ausreichenden Ersatz für den Empfang ägyptischer Programme bieten konnten. Dieses Urteil stärkt die Rechte von Mietern, die auf den Empfang ausländischer Sender angewiesen sind, um ihre kulturellen und religiösen Bedürfnisse zu erfüllen.
Quelle: Landgericht Berlin
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