Verwaltungsgericht Hannover, 03.02.2016, Az.: 2 A 250/14
Gemäß § 26 Abs.2 AufenthG ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73 Absatz 2a des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen, sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist, er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
Die Behörde trifft gemäß § 82 Abs. 3 S.1 AufenthG eine Beratungspflicht. Danach soll der Ausländer auf seine Pflichten nach Absatz 1 des § 82 AufenthG sowie seine wesentlichen Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz, insbesondere die Verpflichtungen aus den §§ 44a, 48, 49 und 81 und die Möglichkeit der Antragstellung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 hingewiesen werden.
Im untenstehenden Urteil macht das Verwaltungsgericht Hannover klar, dass die Behörde eine solche Beratungspflicht auch nachholen kann und dies nicht angreifbar ist, solange dem Antragssteller keine Nachteile in Bezug auf seine Rechtsstellung entstehen.
Einleitung
Der Fall betrifft einen syrischen Staatsangehörigen, der die rückwirkende Erteilung einer Niederlassungserlaubnis auf den Zeitpunkt seiner Antragstellung im Jahr 2009 begehrte. Der Kläger reiste 1996 nach Deutschland ein und erhielt nach erfolgreichem Asylverfahren eine Aufenthaltsbefugnis, die später in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt wurde. 2009 beantragte er eine Niederlassungserlaubnis, die ihm gewährt wurde, jedoch ohne rückwirkende Wirkung. Der Kläger forderte nun eine rückwirkende Erteilung der Niederlassungserlaubnis, was das Verwaltungsgericht Hannover ablehnte.
Sachverhalt
Der Kläger reiste im März 1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Nach einem erfolgreichen Asylverfahren erhielt er 1999 eine Aufenthaltsbefugnis, die mehrfach verlängert wurde. Im Jahr 2005 wurde diese Aufenthaltsbefugnis in eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG umgewandelt. Im Mai 2008 erhielt der Kläger die Mitteilung, dass kein Widerruf seiner Asylberechtigung erfolgen würde. Erst im Juni 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, die ihm im Oktober 2009 ohne Rückwirkung gewährt wurde. Im Jahr 2013 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf rückwirkende Erteilung der Niederlassungserlaubnis, der abgelehnt wurde.
Argumentation des Klägers
Der Kläger argumentierte, dass die Beklagte ihrer Beratungs- und Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Er hätte bereits 2008 Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis gehabt, wurde jedoch nicht rechtzeitig über die Möglichkeit der Antragstellung informiert. Die lange Bearbeitungszeit seines Antrags dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Er forderte, dass die Niederlassungserlaubnis rückwirkend zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Jahr 2009 erteilt werde.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Das Verwaltungsgericht Hannover wies die Klage als unzulässig und unbegründet ab. Es stellte fest, dass dem Kläger das notwendige Rechtsschutzbedürfnis für die rückwirkende Erteilung der Niederlassungserlaubnis fehle. Ein Ausländer könne nur dann eine rückwirkende Erteilung eines Aufenthaltstitels verlangen, wenn er ein schutzwürdiges Interesse nachweisen könne. Ein solches Interesse liege nicht vor, da der Kläger bereits über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfüge und die rückwirkende Erteilung keine weiteren aufenthaltsrechtlichen Vorteile brächte.
Rechtliche Erwägungen
Das Gericht stellte klar, dass eine rückwirkende Erteilung eines Aufenthaltstitels nur in Ausnahmefällen zulässig sei, etwa wenn die aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers davon abhänge. Da der Kläger jedoch bereits eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten habe, sei eine weitergehende Verfestigung seiner Aufenthaltssituation nicht erforderlich. Auch etwaige Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit seines Sohnes begründeten kein schutzwürdiges Interesse.
Verfahrensrechtliche Überlegungen
Das Gericht lehnte auch den Anspruch auf eine rückwirkende Erteilung der Niederlassungserlaubnis aufgrund vermeintlicher Verfahrensverzögerungen ab. Es führte aus, dass die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht zwar verspätet, aber letztlich nachgekommen sei und dem Kläger dadurch keine nachteiligen Folgen entstanden seien. Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sei ebenfalls nicht gegeben, da keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorlägen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
Fazit
Das Verwaltungsgericht Hannover entschied, dass dem Kläger keine rückwirkende Niederlassungserlaubnis zustehe, da weder ein schutzwürdiges Interesse noch rechtliche oder verfahrensrechtliche Gründe dafür vorlägen. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Quelle: Verwaltungsgericht Hannover
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